Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der fünfte Elefant

Der fünfte Elefant

Titel: Der fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
bleibst hier, zusammen mit deiner Frau. Aber dein… Zwerg muss gehen. Die Wächter warten an der Tür. Dee?«
    Der Ideenschmecker hatte sich nicht von der Stelle gerührt.
    »Dee?«
    »Wa… Ja, Majestät?«
    »Du wirst tun, was ich dir gesagt habe!«
    »Majestät, ein Vorfahr dieses Mannes hat einst einen König getötet!«
    »Ich schätze, seine Familie hat es sich inzwischen abgewöhnt! Und jetzt führe meinen Befehl aus!«
    Der Zwerg eilte fort. Bevor er die Höhle verließ, drehte er noch einmal den Kopf und starrte Mumm an.
    Der König lehnte sich zurück. »Setz dich, Euer Exzellenz. Und du ebenfalls, Lady Sybil.« Den Ellenbogen auf der Armlehne, stützte er das Kinn auf die gewölbte Hand. »Und nun, Herr Mumm, sag mir die Wahrheit. Erzähl mir alles. Gib mir die Wahrheit, die mehr wert ist als eine kleine Menge Gold.«
    »Ich bin nicht mehr sicher, ob ich die Wahrheit kenne«, erwiderte Mumm.
    »Ah, ein guter Anfang«, kommentierte der König. »Dann sag mir, was du denkst.«
    »Majestät, ich schwöre, das Ding ist eine Fälschung.«
    »Ach, tatsächlich?«
    »Die
richtige
Steinsemmel wurde nicht gestohlen, sondern zerstört. Ich nehme an, jemand zerbrach und zermahlte sie, um sie anschließend mit dem Sand in der Höhle zu vermischen. Weißt du, Majestät, wenn die Leute merken, dass etwas fehlt, und wenn man ihnen dann ein ähnlich aussehendes Objekt zeigt, so sagen sie: He, das muss es sein, ja, das
muss
es sein, denn es befindet sich nicht dort, wo wir es vermuten. So sind die Leute. Etwas verschwindet, und ein ähnlicher Gegenstand erscheint woanders, und dann glauben sie, das verschwundene Ding sei irgendwo vom einen Ort zum anderen gelangt…« Mumm zwickte sich in die Nase. »Entschuldige. Ich habe in letzter Zeit nicht viel geschlafen…«
    »Für einen Schlafwandler sind deine Ausführungen gar nicht schlecht.«
    »Ich glaube, der… Dieb arbeitet mit den Werwölfen zusammen. Sie stecken hinter ›Agi Hammerklaus Söhnen‹. Man wollte dich zwingen, auf den Thron zu verzichten. Nun, das
weißt
du ja. Überwald sollte isoliert bleiben. Ohne deinen Verzicht auf die Königswürde wäre es zu einem Krieg gekommen, und dein Nachgeben hätte bedeutet, dass Albrecht die gefälschte Semmel bekommt.«
    »Was glaubst du sonst noch zu wissen?«
    »Nun, die falsche Semmel stammt aus Ankh-Morpork. Wir sind gut, wenn es um solche Dinge geht. Ich
glaube,
jemand hat den Mann umgebracht, der das Ding hergestellt hat, aber mehr kann ich erst herausfinden, wenn ich wieder zurück bin. Und ich
werde
mehr herausfinden.«
    »Die Fälscher in deiner Heimatstadt müssen sehr gute Arbeit leisten, denn immerhin gelang es ihnen sogar, Albrecht zu täuschen. Wie erklärst du dir das?«
    »Möchtest du die Wahrheit hören, Majestät?«
    »Unbedingt.«
    »Vielleicht ist auch Albrecht in die Sache verwickelt. Finde heraus, wo das Geld steckt, pflegte mein alter Feldwebel zu sagen.«
    »Ha. Stammt der Spruch ›Wo es Polizisten gibt, existiert auch das Verbrechen‹, ebenfalls von ihm?«
    »Nein, äh, das sind
meine
Worte, aber…«
    »Lass
uns
Gewissheit erlangen. Dee dürfte inzwischen genug Zeit gehabt haben, um nachzudenken. Ah…«
    Die Tür öffnete sich, und der Ideenschmecker kam mit einer Zwergenaxt herein. Die Axt war für den Einsatz in Bergwerken bestimmt: Die Spitze an der einen Seite diente dazu, Gestein zu untersuchen, und mit der Klinge auf der anderen Seite konnte man verhindern, dass einem jemand das gefundene Gold stahl.
    »Ruf die Wächter herein, Dee«, sagte der König. »Und den Zwerg Seiner Exzellenz. Bei dieser Angelegenheit soll es Zeugen geben.«
    Meine Güte, dachte Mumm und beobachtete Dee, als die anderen hereinkamen. Es muss eine Art Handbuch geben. Jeder Polizist weiß, wie man bei so etwas vorgehen sollte. Man gab den Leuten zu verstehen, dass sie irgendetwas verbrochen hatten, aber man teilte ihnen keine Einzelheiten mit, und natürlich ließ man nicht durchblicken,
wie viel
man wusste. Man verunsicherte die Verdächtigen, sprach immer ganz ruhig…
    »Leg die Hände auf die Semmel, Dee.«
    Dee drehte sich ruckartig um. »Majestät?«
    »Leg die Hände auf die Semmel. Komm meiner Aufforderung nach, jetzt sofort.«
    Man lässt die Drohung deutlich sichtbar werden, fuhr Mumm in Gedanken fort. Aber man fasst sie nicht in Worte und überlässt es der Phantasie der Verdächtigen, sie zu quälen – sie ist das beste Folterinstrument überhaupt. Und auf diese Weise macht man weiter, bis sie

Weitere Kostenlose Bücher