Der fünfte Elefant
Sie schminken sich und tragen Kleider und… abscheuliche Dinge!« Dee richtete den Zeigefinger auf Grinsi.
»Ha’ak!
Wie könnt ihr euch das nur
ansehen
! Ihr lasst zu, dass
sie
…« Mumm hatte nur selten ein Wort gehört, das mit so viel Gift und Gehässigkeit ausgesprochen wurde. »… sich
hier
zur Schau stellt! Und es geschieht überall, weil es an Entschlossenheit mangelt, weil niemand widerspricht, weil wir den alten Traditionen nicht genug Bedeutung beimessen. Überall gibt es Berichte. Sie zerstören alles Zwergische mit… ihren weichen Kleidern und Schminke und anderen Scheußlichkeiten. Wie kannst du König sein und so etwas zulassen? Es findet überall statt, und du unternimmst nichts dagegen. Warum sollte man
ihnen
das erlauben?« Dee schluchzte jetzt. »
Ich
kann es nicht!«
Mumm beobachtete verblüfft, wie sich Grinsis Augen mit Tränen füllten.
»Ich verstehe«, sagte der König. »Nun, ich schätze, das ist eine Erklärung.« Er nickte den Wächtern zu. »Bringt…
sie
fort. Gewisse Dinge müssen ein oder zwei Tage warten.«
Grinsi salutierte plötzlich. »Bitte um Erlaubnis, sie zu begleiten, Majestät!«
»Meine Güte, warum denn, junger… junger Zwerg?«
»Vielleicht möchte sie mit jemandem reden. Ich würde an ihrer Stelle diesen Wunsch verspüren.«
»Tatsächlich? Wie ich sehe, erhebt dein Vorgesetzter keine Einwände. Also geh nur.«
Der König lehnte sich zurück, als die Wächter das Zimmer mit der Gefangenen und ihrem psychologischen Beistand verlassen hatten.
»
Nun,
Euer Exzellenz?«
»Dies
ist
die echte Steinsemmel?«
»Du bist nicht sicher?«
»Dee war es!«
»Dee… befindet sich derzeit in einer schwierigen geistigen Verfassung.« Der König sah zur Decke hoch. »Euer Exzellenz, ich sage dir dies, weil ich nicht möchte, dass du den Rest der Zeit bei uns damit verbringst, dumme Fragen zu stellen. Ja, dies ist die echte Semmel.«
»Aber wie kann…«
»Warte! Das gilt auch für die Semmel, die in der Höhle vom verblendeten Dee zerbrochen und zerrieben worden ist«, fuhr der König fort. »Und auch die… lass mich überlegen… fünf anderen Semmeln davor waren echt. Von eintausendfünfhundert Jahren unbeeinflusst? Wie romantisch wir Zwerge noch sind! Selbst das beste Zwergenbrot zerbröckelt nach einigen Jahrhunderten.«
»Fälschungen?«, brachte Mumm hervor. »Es waren alles Fälschungen?«
Plötzlich hielt der König wieder seine Axt in der Hand. »Dies hier, Milord, ist meine Familienaxt. Sie gehört uns seit fast neunhundert Jahren. Natürlich musste manchmal ihre Klinge ersetzt werden. Und gelegentlich brauchte sie einen neuen Stiel, neue Muster im Metall, weitere Ausschmückungen… Trotzdem ist dies unsere neunhundert Jahre alte Familienaxt. Und
weil
sie sich im Lauf der Zeit nach und nach verändert hat, ist sie noch immer eine recht gute Axt. Sogar eine
ziemlich
gute. Du willst sie doch nicht als Fälschung bezeichnen, oder?« Er lehnte sich wieder zurück.
Mumm erinnerte sich an Albrechts Gesichtsausdruck. »Er wusste es.«
»Oh, natürlich. Einige der… älteren Zwerge kennen die Wahrheit. Das Wissen wird in den Familien weitergegeben. Die erste Semmel zerbröckelte nach dreihundert Jahren, als der damalige König sie berührte. Einer meiner Vorfahren war Wächter und beobachtete alles. Seine berufliche Laufbahn erfuhr eine jähe Beschleunigung – ich glaube, man könnte es so ausdrücken. Anschließend waren wir besser vorbereitet. In fünfzig Jahren oder so hätten wir uns ohnehin eine Neue zulegen müssen. Es
freut
mich, dass dieses Exemplar aus der großen Zwergenstadt Ankh-Morpork stammt, und ich wäre ganz und gar nicht überrascht, wenn sich ihre Qualität als hervorragend erweist. Sieh nur, selbst mit den Korinthen stimmt alles.«
»Aber Albrecht hätte alles verraten können!«
»Zu welchem Zweck? Er ist nicht König, aber früher oder später wird jemandem aus seiner Familie die Königswürde zufallen, und dann schließt sich der Kreis wieder.« Der König beugte sich vor.
»Ich glaube, du bist bei deinen Überlegungen von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Albrecht steht Ankh-Morpork ablehnend gegenüber und hält an… altmodischen Ideen fest. Deshalb hast du ihn für einen schlechten Zwerg gehalten. Aber ich kenne ihn seit zweihundert Jahren. Er ist ehrlich und ehrenhaft, sogar noch mehr als ich. Vor fünfhundert Jahren wäre er ein ausgezeichneter König gewesen. Heute sieht die Sache ein wenig anders aus. Vielleicht – ha
Weitere Kostenlose Bücher