Der fünfte Elefant
deines Rudels?«, fragte Gaspode.
»Kein Rudel, Winzling!«
»Ah. Ein einsamer Wolf, wie?« Die schlimmste Art, dachte Gaspode.
»Ein Brathähnchen ist so etwas nicht wert«, murmelte er. Etwas lauter knurrte er: »Hast du andere Wölfe in der Nähe gesehen?«
»Ja!«
»Gut. Möchtest du diese Sache lebend überstehen?«
»Ich töte sie alle!«
»Ja, ja, aber es sind
Dutzende.
Sie werden dich regelrecht zerfetzen. Hunde können viel gemeiner sein als Wölfe.«
Der Wolf kniff die Augen zusammen.
»Warum sagst du mir das, Hund?«
»Weil ich dir helfen will, klar? Wenn du tust, was ich dir sage, könntest du in einer halben Stunde frei sein. Andernfalls dienst du morgen irgendwo als Fußabtreter. Die Wahl liegt bei dir. Vielleicht bleibt für einen Fußabtreter nicht einmal genug von dir übrig.«
Der Wolf lauschte dem Bellen der Hunde. An ihrer Absicht konnte nicht der geringste Zweifel bestehen.
»Was hast du vor?«, fragte er.
Einige Minuten später wich die Menge beiseite, als Karotte sein Pferd zu dem Pferch lenkte. Das laute Stimmengewirr verklang. Ein Schwert auf einem Ross gebietet immer Respekt, der Reiter ist dabei oft nur ein unwichtiges Detail.
Doch hier lag der Fall anders. Die Zeit bei der Wache hatte Karottes Muskeln besonders zur Geltung gebracht.
»Guten Tag«, sagte er. »Wer ist das Oberhaupt eurer Gemeinschaft?«
Nach mehreren Statusvergleichen hob schließlich ein Mann vorsichtig die Hand. »Ich bin der stellvertretende Bürgermeister, Euer Gnaden.«
»Was findet hier statt?«
»Wir wollen einen Wolf hetzen, Euer Gnaden.«
»Tatsächlich? Ich habe einen außergewöhnlich starken und tapferen Wolfshund. Erlaubt ihr ihm, seine Fähigkeiten an eurem Wolf zu beweisen?«
Die Leute murmelten, und es lief auf Folgendes hinaus: Warum nicht? Außerdem war da dieses sonderbare Lächeln…
»Nur zu, Euer Gnaden«, sagte der stellvertretende Bürgermeister.
Karotte steckte zwei Finger in den Mund und pfiff. Die Dorfbewohner beobachteten erstaunt, wie Gaspode zwischen ihren Beinen zum Vorschein kam und sich setzte. Gelächter erklang.
Schon nach kurzer Zeit wurde es wieder still, denn das Lächeln verschwand nicht.
»Gibt es irgendein Problem?«, fragte Karotte.
»Er wird ihn in Stücke reißen!«
»Habt ihr etwa Mitleid mit dem Wolf?«
Erneut lachten die Leute. Der stellvertretende Bürgermeister hatte das Gefühl, dass er auf den Arm genommen wurde.
»Es ist dein Hund«, sagte er und zuckte mit den Schultern.
Der kleine Hund bellte.
»Und um alles noch interessanter zu machen, wetten wir um ein Pfund Steak«, sagte Karotte.
Der Hund bellte erneut.
»Um zwei Pfund Steak«, verbesserte sich Karotte.
»Oh, ich schätze, es wird auch so interessant genug«, meinte der stellvertretende Bürgermeister. Das Lächeln ging ihm allmählich auf die Nerven. »Na schön, Jungs. Holt den Wolf!«
Das knurrende Tier wurde in den Absperrungskreis gezerrt.
»Nein, bindet den Wolf nicht an«, sagte Karotte, als ein Mann die Leine um einen Pfahl schlingen wollte.
»Er flieht, wenn wir ihn nicht festbinden.«
»Dazu bekommt er keine Gelegenheit, glaub mir.«
Die Leute sahen das Lächeln, zogen den Maulkorb fort und sprangen in Sicherheit.
»Falls du jetzt mit dem Gedanken spielen solltest, dich nicht an unsere Vereinbarung zu halten…«, sagte Gaspode zu dem Wolf. »Ich schlage vor, du siehst dir das Gesicht des Burschen auf dem Pferd an.«
Der Wolf blickte auf und bemerkte das Lächeln des Reiters.
Gaspode bellte. Der Wolf jaulte und rollte sich auf den Rücken.
Die Menge wartete. Und dann…
»Das ist
alles
?«
»Ja, so läuft es normalerweise«, bestätigte Karotte. »Wisst ihr, es ist ein besonderes Bellen. Das Opfer bekommt einen solchen Schreck, dass es tot umfällt.«
»Der kleine Hund hat nicht einmal versucht zuzubeißen!«
»Warum auch?«, erwiderte Karotte.
Er stieg ab, betrat den Kreis, hob den Wolf hoch und legte ihn über den Sattel.
»Er hat geknurrt!«, meinte jemand. »Ich hab’s gehört…«
»Wahrscheinlich nur Luft, die aus den Lungen des Kadavers gepresst wurde«, sagte Karotte. Das Lächeln war noch immer nicht von seinen Lippen verschwunden, und in diesem Moment wies es darauf hin, dass Karotte den letzten Atemhauch
Hunderter
von Geschöpfen gehört hatte.
»Ja, das stimmt«, erklang eine Stimme in der Menge. »Das ist allgemein bekannt. Und wie ist es nun mit dem Steak für den tapferen kleinen Hund?«
Die Leute sahen sich um und versuchten festzustellen,
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