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Der Fünfte Elefant

Der Fünfte Elefant

Titel: Der Fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Wäldern konnte Mumm nicht viel anfangen. Bisher waren es
    für ihn nur Dinge gewesen, die man gelegentlich am Horizont sah.
    Wäre er jemals bereit gewesen, über sie nachzudenken, hätte er sie
    sich als eine Ansammlung von Bäumen vorgestellt, die wie Pfähle
    aufragten, unten braun, oben buschig und grün.
    Hier gab es Unebenheiten al er Art und dunkle Zweige, die sich
    unter dem Gewicht des Schnees nach unten neigten und knackten.
    Gelegentlich fielen Schneeklumpen herab und erzeugten einen
    weiteren Schauer aus kalten Kristallen, wenn der von seiner Last
    befreite Zweig nach oben schnellte.
    Nach einer Weile glaubte Mumm, eine Art Weg zu erkennen,
    oder zumindest eine etwas breitere, von Schnee bedeckte Fläche.
    Er folgte dem Verlauf des hypothetischen Pfades, wenn auch nur
    deshalb, weil sich keine Alternativen anboten. Der warme Schein
    der Freiheit hielt nicht lange vor.
    Mumm hatte Stadtaugen. Er wusste, wie Polizisten sie entwickel-
    ten. Wenn ein Neuling in der Stadtwache nur einen kurzen Blick
    auf die Straße warf, dann lernte er, und wenn er nicht schnell lern-
    te, so sammelte er schon bald große Erfahrung im Sterben. Wer
    eine Zeit lang in den Straßen von Ankh-Morpork unterwegs gewe-
    sen war, nahm aufmerksam al e Details zur Kenntnis, bemerkte
    Schatten, sah Vordergrund und Hintergrund und jene Leute, die
    versuchten, weder im einen noch im anderen sichtbar zu sein. An-
    gua nahm die Straßen auf diese Weise wahr. Sie arbeitete daran.
    Alte Hasen unter den Wächtern – sogar Nobby, wenn er einen
    guten Tag hatte – brauchten eine Straße nur einmal kurz zu sehen,
    um al es zu erkennen.
    Viel eicht gab es auch… Landaugen. Oder Waldaugen. Mumm
    sah Bäume, kleine Hügel, Schnee und sonst kaum etwas.
    Der Wind wurde stärker und begann zwischen den Bäumen zu
    heulen. Die Schneeflocken stachen nun.
    Bäume. Zweige. Schnee.
    Mumm trat nach einem Haufen neben dem Weg. Schnee rieselte
    von dunklen Kiefernnadeln. Er sank auf Hände und Knie, kroch
    nach vorn.
    Ah…
    Es war noch immer kalt, und ein wenig Schnee lag auf den he-
    runtergefal enen Nadeln, aber die unteren Zweige formten eine Art
    Zeltdach. Mumm gratulierte sich zu seinem Glück. Hier drin weh-
    te kein Wind, und entgegen al er Vernunft schien der Schnee dar-
    über alles wärmer zu machen. Es roch sogar warm… ein Geruch von… Tieren…
    Drei Wölfe lagen träge um den Baumstamm und beobachteten
    Mumm interessiert.
    Zuvor hatte die Kälte versucht, ihn erstarren zu lassen. Das Ent-
    setzen war erfolgreicher.
    Wölfe!
    Und das war es auch schon. Es ergab ebenso viel Sinn zu sagen:
    Schnee! Oder: Wind! Sowohl vom einen als auch vom anderen
    ging derzeit tödliche Gefahr aus.
    Irgendwo hatte er gehört, dass Wölfe nicht angriffen, wenn man
    sie anstarrte.
    Das Problem war: Er würde bald einschlafen. Er spürte, wie sich
    die Müdigkeit immer mehr in ihm ausdehnte. Er konnte nicht
    mehr richtig denken, und jeder Muskel schmerzte.
    Draußen ächzte der Wind. Und Seine Gnaden der Herzog von
    Ankh schlief ein.
    Er erwachte mit einem Schnaufen und, zu seiner großen Überra-
    schung, mit al en Armen und Beinen. Ein kalter Tropfen, durch
    seine Körperwärme vom Schneedach über ihm geschmolzen, rann
    ihm über den Hals. Seine Muskeln schmerzten nicht mehr. Die
    meisten von ihnen konnte er überhaupt nicht mehr fühlen.
    Und die Wölfe waren fort. Auf der gegenüberliegenden Seite des
    improvisierten Baus hatten Pfoten den Schnee zertreten. Licht
    strömte herein, so grell, dass Mumm stöhnte.
    Das Tageslicht kam von einem Himmel, der blauer war, als ihn
    Mumm jemals zuvor gesehen hatte, so blau, dass er im Zenit pur-
    pur zu werden schien. Er trat nach draußen in eine Welt, deren
    weißer Mantel knirschte und glänzte.
    Der Sonnenschein fühlte sich warm an, die Luft war kalt, und
    der Atem kondensierte.
    Eigentlich sollten Leute in der Nähe sein. Mumm wusste nicht
    genau über ländliche Dinge Bescheid, aber sollte es im Wald nicht
    Köhler, Holzfäl er und… er versuchte, sich zu erinnern… kleine
    Mädchen geben, die ihrer Großmutter irgendetwas brachten? Die
    Geschichten, die Mumm als Kind gehört hatte, berichteten von
    Wäldern, in denen reger Betrieb herrschte und wo gelegentlich
    Schreie erklangen. Doch hier war alles still.
    Mumm schlug eine Richtung ein, die nach unten führte – das er-
    schien ihm angemessen. Nahrung gewann jetzt immer mehr an
    Bedeutung. Er hatte noch zwei Streichhölzer und konnte ein Feuer
    anzünden,

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