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Der Fünfte Elefant

Der Fünfte Elefant

Titel: Der Fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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die
    Wände zu stoßen, aber das war auch al es.
    Ein Schuss, mit dem niemand rechnete.
    Damit schaffte er es vermutlich, die Zelle zu verlassen. Und
    dann befand er sich in einem Korridor. Tief im Boden. In einer
    Welt der Zwerge.
    Andererseits war es erstaunlich, wie sehr sich die Indizien gegen
    einen richten konnten, wenn Absicht dahinter steckte.
    Aber Mumm war Botschafter! Wo blieb die diplomatische Im-
    munität? Doch dieses Argument nützte einem kaum etwas, wenn
    man es mit unkomplizierten Leuten zu tun hatte, die über Waffen
    verfügten. Viel eicht kamen sie auf den Gedanken, ein kleines Ex-
    periment durchzuführen und herauszufinden, ob die diplomatische
    Immunität wirklich immun machte.
    Ein Schuss, den niemand erwartete…
    Etwas später rasselten Schlüssel, und die Tür wurde geöffnet.
    Mumm bemerkte die schemenhaften Gestalten von zwei Zwergen.
    Einer hielt eine Axt; der andere trug ein Tablett.
    Der Zwerg mit der Axt bedeutete Mumm zurückzutreten.
    Eine Axt war keine gute Idee, fand Mumm. Zwerge bevorzugten
    diese Waffe, aber in einem kleinen Raum ließ sich damit nur wenig
    anfangen.
    Er hob die Hände und tastete unauffällig nach seinem Nacken,
    als der andere Zwerg langsam an die Steinplatte trat.
    Diese Zwerge wirkten nervös. Viel eicht bekamen sie nur selten
    Menschen zu Gesicht. An diesen sol ten sie sich erinnern.
    »Möchtet ihr einen kleinen Trick sehen?«, fragte Mumm.
    »Grz’dak?«
    »Beobachtet dies «, sagte Mumm, brachte die Hände nach vorn
    und schloss die Augen, kurz bevor das Streichholz aufflammte.
    Er hörte, wie die Axt zu Boden fiel, als ihr Besitzer versuchte,
    sich die Augen abzuschirmen. Das war ein unerwarteter Bonus,
    aber er hielt sich nicht damit auf, dem Gott der Verzweifelten zu
    danken. Mumm sprang vor, trat mit al er Kraft zu und vernahm
    ein schnaufendes »Uff«. Dann warf er sich in die Dunkelheit, die
    den anderen Zwerg enthielt, fand dort einen Kopf, drehte ihn und
    schlug ihn gegen die Wand.
    Der erste Zwerg versuchte, wieder auf die Beine zu kommen.
    Mumm tastete in der Finsternis nach ihm, packte ihn an der Jacke
    und krächzte: »Jemand hat mir eine Waffe zugesteckt. Du sol test
    getötet werden. Denk daran. Ich hätte dich töten können.«
    Er rammte dem Zwerg die Faust in den Bauch. Er hatte nicht
    genug Zeit, nach den Regeln des Marquis von Fantailler* vorzuge-
    hen.
    Dann drehte er sich um, nahm den kleinen Käfig mit dem Licht-
    käfer und eilte zur Tür.
    Dahinter erstreckte sich ein Gang, der nach links und rechts
    führte. Mumm zögerte lange genug, um Zugluft zu spüren, und
    wandte sich dann in die entsprechende Richtung.
    Nach einigen Dutzend Metern fand er einen weiteren Käfig mit
    einem Glühkäfer. Er beleuchtete – wenn man diesen Ausdruck bei
    einem Licht verwenden durfte, das die Dunkelheit nur weniger
    schwarz werden ließ – eine große runde Öffnung, in der sich träge
    ein Ventilator drehte.
    Die Flügel waren so langsam, dass sich Mumm problemlos zwi-
    schen ihnen hindurchschieben und die gesamte Schwärze dahinter
    erreichen konnte.
    Jemand will mich tot, dachte er, als er sich an der nächsten un-
    sichtbaren Wand entlangtastete, das Gesicht der Zugluft zuge-
    wandt. Ein Schuss, mit dem niemand rechnet… Aber jemand rechnet damit…
    Wenn man einen Gefangenen aus dem Knast holen wol te, so
    gab man ihm einen Schlüssel oder eine Feile, aber keine Waffe. Ein
    Schlüssel öffnete ihm vielleicht die Tür zur Freiheit, doch eine

    * In seiner Jugend wurde der Marquis von Fantail er in viele Kämpfe verwickelt, meistens deswegen, weil man ihn als Marquis von Fantailler erkannte. Er verfasste einige Regeln für das, was er als »ehrenwerte Kunst des Faustkampfs« bezeichnete; dabei ging es vor allem um die Stel en, an denen ihn seine Gegner nicht treffen durften. Viele Leute ließen sich davon beeindrucken und traten ihren Widersachern tapfer mit hoch erhobenem Haupt, stolz geschwel ter Brust und geballten Fäusten entgegen. Oft erlebten sie unangenehme Überraschungen, da ihre Kontrahenten die
    Regeln des Marquis nicht kannten, aber sehr wohl wussten, wie man jemanden mit einem Stuhl niederschlug. Die letzten Worte erstaunlich vieler Leute lauteten: »Zur Höl e mit dem verdammten Marquis von Fantailler…«
    Waffe bedeutete, dass man ihn tötete.
    Mumm verharrte mit einem Fuß über Leere. Das Licht des
    Glühkäfers zeigte ihm ein Loch im Boden. Ein besonderes Saugen
    verriet Tiefe.
    Er hielt den Käfig zwischen den Zähnen,

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