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Der Fünfte Elefant

Der Fünfte Elefant

Titel: Der Fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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einer Woche oder so zurückkehren wird, Drumknott.
    Und Mumm wird nicht glücklich sein. Nein, ganz bestimmt nicht.
    Und wenn ein Kommandeur der Wache unglücklich ist, neigt er
    dazu, sein Unglück mit einer großen Schaufel überal zu verteilen.«
    Er lächelte erneut. »In einer solchen Zeit halten es vernünftige
    Leute für besser, ehrlich zu sein, Drumknott. Ich hoffe nur, dass
    Colon dumm genug ist, es dabei zu belassen.«
    Es schneite stärker.

    »Wie schön der Schnee ist, Schwestern…«
    Drei Frauen saßen am Fenster ihres einsamen Hauses und sahen
    in das Weiß des Überwald-Winters hinaus.
    »Und wie kalt der Wind ist«, sagte die zweite Schwester.
    Die dritte und jüngste Schwester seufzte. »Warum reden wir im-
    mer übers Wetter?«
    »Worüber sollten wir denn sonst reden?«
    »Nun, entweder es ist eiskalt oder brütend heiß. Ich meine, das
    wär’s auch schon.«
    »So sind die Dinge bei Mutter Überwald«, sagte die älteste
    Schwester langsam und streng. »Der Wind und der Schnee und die
    brütende Hitze im Sommer…«
    »Weißt du, wenn wir den Kirschgarten abschaffen, könnten wir
    eine Rol schuhbahn anlegen…«
    »Nein.«
    »Oder einen Wintergarten. Es wäre möglich, Ananas anzubau-
    en.«
    »Nein.«
    »Wenn wir dieses Haus verkaufen, könnten wir uns von dem Er-
    lös eine Wohnung in Bums zulegen…«
    »Dies ist unser Zuhause, Irina«, sagte die älteste Schwester. »Ein
    Heim verlorener Illusionen und enttäuschter Hoffnungen…«
    »Dann könnten wir tanzen gehen und so.«
    »Ich weiß noch, als wir in Bums gewohnt haben«, meinte die
    zweite Schwester verträumt. »Damals war das Leben besser.«
    »Damals war al es besser«, sagte die älteste Schwester.
    Die jüngste Schwester seufzte, sah aus dem Fenster – und
    schnappte nach Luft. »Dort läuft ein Mann durch den Kirschgar-
    ten!«
    »Ein Mann ? Was könnte er wol en?«
    Die jüngste Schwester sah genauer hin. »Es scheint, er möchte
    eine… Hose.«
    »Ah«, sagte die zweite Schwester verträumt. »Die Hosen waren
    damals besser.«

    Das Rudel verharrte in einem kalten blauen Tal, als das Heulen die
    Luft erfüllte. Angua eilte zum Schlitten, zog mit der Schnauze ih-
    ren Kleiderbeutel aus dem Gepäck, warf Karotte einen kurzen
    Blick zu und verschwand hinter den Schneewehen. Einige Augen-
    blicke später kehrte sie zurück und knöpfte sich die Bluse zu.
    »Wolfgang hat irgendeinen armen Teufel dazu gebracht, sich auf
    das Spiel einzulassen«, sagte sie. »Ich werde der Sache einen Riegel vorschieben. Es war schon schlimm genug, dass Vater diese Tradition fortgesetzt hat, aber wenigstens hielt er sich dabei an die Ge-
    bote der Fairness. Wolfgang mogelt. Er verliert nie .«
    »Handelt es sich um das Spiel, von dem du mir erzählt hast?«
    »Ja. Wie ich schon sagte: Vater respektierte die Regeln. Wenn ein
    Läufer schnel und flink genug war, so bekam er vierhundert Kro-
    nen, und Vater lud ihn zum Essen ins Schloss ein.«
    »Und wenn er verlor, fraß dein Vater ihn im Wald.«
    »Danke, dass du mich daran erinnerst.«
    »Ich habe versucht, nicht nett zu sein.«
    »Vielleicht verfügst du in dieser Hinsicht über ein bisher unent-
    decktes natürliches Talent«, sagte Angua. »Niemand musste laufen –
    darauf wollte ich hinaus. Rechtfertigungen liegen mir fern. Immer-
    hin bin ich Polizistin in Ankh-Morpork gewesen. Das inoffiziel e
    Motto der Stadt lautet: Vielleicht wirst du nicht getötet.«
    »Nun, eigentlich lautet es…«!
    »Ich weiß, Karotte. Und unser Familienmotto lautet: Homo Homini Lupus. ›Jeder Mensch ist dem anderen Menschen ein Wolf.‹ Wie dumm. Sol das etwa heißen, dass Menschen scheu, zurückhaltend und loyal sind und nur töten, um sich Nahrung zu beschaffen?
    Natürlich nicht! Es sol heißen, dass sich Menschen anderen Men-
    schen gegenüber wie Menschen verhalten, und je schlimmer sie
    sind, desto mehr gefällt ihnen die Vorstellung, ein Wolf zu sein!
    Menschen hassen Werwölfe, weil sie den Wolf in uns sehen, aber
    Wölfe hassen uns, weil sie den Menschen in uns erkennen – und
    ich kann es ihnen nicht verdenken!«

    Mumm wandte sich von dem Bauernhaus ab und sprintete zur
    nahen Scheune. Bestimmt gab es dort etwas. Selbst zwei Säcke
    würden genügen. Die kratzenden Eigenschaften von steif gefrore-
    ner Unterwäsche können sehr unterschätzt werden.
    Seit einer halben Stunde lief er, eigentlich seit fünfundzwanzig
    Minuten. Die anderen fünf Minuten hatte er damit verbracht, zu
    humpeln, zu

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