Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fünfte Elefant

Der Fünfte Elefant

Titel: Der Fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
ZU SEIN.
    Das dumpfe Donnern klang jetzt weniger dumpf. Mumm streck-
    te sich im Boot aus und schloss die Hände um die Kanten.
    Ich spreche mit dem Tod, dachte er. Um mich abzulenken.
    »Habe ich dich nicht letzten Monat gesehen, als ich Größer-als-
    der-kleine-Dave Dave über die Pfirsichblütenstraße verfolgte und
    dabei vom Sims fiel?«
    DAS STIMMT.
    »Aber ich landete auf dem Karren. Ich kam nicht ums Leben.«
    DU HÄTTEST STERBEN KÖNNEN.
    »Aber ich dachte, für jeden von uns gibt es eine Sanduhr, die
    Auskunft über den genauen Zeitpunkt des Todes gibt.«
    Das Donnern gewann nun eine fast physische Qualität. Mumm
    schloss die Hände noch fester um die beiden Kanten.
    O JA, bestätigte der Tod. DU HAST VÖLLIG RECHT.
    »Dann müsstest du doch wissen, ob ich jetzt sterbe oder nicht.«
    OH, DU WIRST STERBEN. DARAN KANN ÜBERHAUPT
    KEIN ZWEIFEL BESTEHEN.
    »Aber eben hast du gesagt…«
    JA, ES IST EIN BISSCHEN SCHWER ZU VERSTEHEN.
    OFFENBAR GIBT ES DA ETWAS, DAS MAN HOSE DER
    ZEIT NENNT, WAS MIR SEHR SELTSAM ERSCHEINT,
    DENN DIE ZEIT BRAUCHT DOCH EIGENTLICH GAR
    KEINE…
    Das Boot kippte.
    Mumm spürte, wie Wasser mit einem ohrenbetäubenden Lärm
    auf ihn einschlug, und es folgte ein markerschütterndes Dröhnen,
    als das Boot unten auf den Teich pral te. Er kehrte zu dem zurück,
    was unter den gegebenen Umständen als Oberfläche galt, wurde
    von der Strömung erfasst und gegen einen Felsen geschleudert.
    Eine halbe Sekunde später rol te er herum und fühlte sich von
    weiß schäumendem Wasser mitgerissen.
    Er schlug wild mit den Armen um sich, bekam einen anderen
    Felsen zu fassen und zog sich in einen Bereich relativer Ruhe. Als
    er dort versuchte, wieder zu Atem zu kommen, sah er einen grau-
    en Schemen von Stein zu Stein springen. Und dann bekam Mumm
    eine weitere Dosis Entsetzen ab, als der Wolf knurrend neben ihm
    landete.
    Verzweifelt klammerte er sich fest, als das Geschöpf danach
    trachtete, ihn zu beißen. Eine Pfote rutschte auf dem glitschigen
    Stein aus, und die plötzlichen Schwierigkeiten bewirkten eine au-
    tomatische Reaktion: Der Werwolf schickte sich an, die Gestalt zu
    wechseln…
    Der Wolf schien zu schrumpfen, während an der gleichen Stelle
    ein Mensch größer zu werden versuchte. In einem kurzen schreck-
    lichen Augenblick durchdrangen sich die beiden Gestalten.
    Dann folgten ein oder zwei Sekunden jener Verwirrung, die
    Mumm schon einmal bemerkt hatte.
    Die Zeit genügte für ihn, den Kopf des Mannes mit der ganzen
    Kraft, die er aufbringen konnte, gegen den Stein zu schmettern.
    Mumm glaubte, ein Knacken zu hören.
    Dann glitt er in die Strömung zurück und ließ sich von ihr fort-
    tragen, beschränkte seine Bemühungen darauf, an der Oberfläche
    zu bleiben. Er bemerkte Blut im Wasser. Nie zuvor hatte er jemanden mit bloßen Händen getötet. Um ganz ehrlich zu sein: Nie
    zuvor hatte er absichtlich jemanden umgebracht. Gelegentlich war jemand gestorben, denn wenn Leute übers Dach rollen und versuchen, sich gegenseitig zu erdrosseln, entscheidet al ein der Zufal , wer beim Aufprall auf den Boden oben liegt. Doch das war etwas
    anderes – mit dieser festen Überzeugung ging er jeden Abend zu Bett.
    Ihm klapperten die Zähne, und das grelle Licht der Sonne
    schmerzte in seinen Augen. Trotzdem fühlte er sich… gut.
    Am liebsten hätte er auf seine eigene Brust getrommelt und ge-
    schrien.
    Sie hatten versucht, ihn zu töten !
    Sorg dafür, dass sie Wölfe bleiben, sagte eine innere Stimme. Je
    mehr Zeit sie auf vier Beinen verbringen, desto dümmer werden
    sie. Und eine andere Stimme, rot und rau und viel tiefer in seinem
    Innern, sagte: Bring sie alle um!
    Der Zorn brodelte und brannte heißer, kämpfte gegen die Kälte
    an.
    Mumms Füße berührten den Boden.
    Der Fluss wurde hier so breit, dass er eine Art See formte. Ein
    breiter Eiskeil ging vom Ufer aus, hier und dort von Schnee be-
    deckt. Nach Schwefel riechende Nebelschwaden zogen darüber
    hinweg.
    Klippen ragten auf der anderen Seite des Flusses empor. Ein ein-
    zelner Werwolf, zuvor Begleiter des Geschöpfes, das nun in der
    Strömung trieb, beobachtete Mumm vom nächsten Ufer aus. Wol-
    ken schoben sich vor die Sonne, und es schneite wieder. Große,
    faserige Flocken fielen.
    Mumm watete zum Eis und versuchte, sich dort aus dem Wasser
    zu ziehen. Doch die gefrorene Masse knackte bedrohlich, dünne
    Risse bildeten sich und formten ein Zickzackmuster.
    Der Wolf kam näher und bewegte sich mit großer

Weitere Kostenlose Bücher