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Der Fünfte Elefant

Der Fünfte Elefant

Titel: Der Fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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man könnte sie als liberal bezeichnen. Sie stammen
    größtenteils aus den Bergen hinter Kupferkopf und kommen mit
    Menschen gut aus. Manche von ihnen räumen sogar ein, dass sie
    Töchter haben, Herr. Aber einige der… altmodischen Überwald-
    Zwerge sind nicht sehr weit herumgekommen und verhalten sich
    so, als wäre B’hrian Blutaxt noch am Leben. Deshalb nennen wir
    sie Drudak’ak .«
    Mumm versuchte, das Wort auszusprechen, aber um die Zwer-
    gensprache zu beherrschen, musste man ein Leben lang üben und
    brauchte außerdem eine mittelschwere Halsentzündung.
    »›Über dem Boden‹… ›Sie-Verneinung‹…« Er gab es auf.
    »Sie kommen nicht oft genug an die frische Luft«, übersetzte
    Grinsi.
    »Oh. Na schön. Und al e dachten, der neue König sei einer von
    ihnen?«
    »Es heißt, Albrecht hätte nicht ein einziges Mal in seinem Leben
    Sonnenlicht gesehen. Am Tag geht sein Clan nie an die Oberflä-
    che. Alle waren sicher, er würde der neue Niedere König sein.«
    Doch dann kam es anders, dachte Mumm. Einige Überwald-
    Zwerge unterstützten ihn nicht, und daraufhin entwickelten sich
    die Dinge in eine andere Richtung. Inzwischen gab es viele Zwer-
    ge, die in Ankh-Morpork geboren waren. Die Kinder trugen ihre Helme mit der hinteren Seite nach vorn und sprachen Zwergisch
    nur noch zu Hause. Viele von ihnen würden eine Spitzhacke nicht
    einmal dann erkennen, wenn man sie damit schlug.* Sie wollten ihr
    Leben nicht von einem alten Zwerg bestimmen lassen, der in ei-
    nem fernen Berg auf einer uralten Semmel hockte.
    Nachdenklich klopfte Mumm mit dem Stift auf sein Notizbuch.
    Und deshalb prügeln sich die Zwerge in meinen Straßen, dachte er.
    »In letzter Zeit sieht man die Zwergensänften immer häufiger«,
    sagte er. »Trol e tragen sie, und sie sind mit Vorhängen aus dickem
    Leder ausgestattet…«
    »Drudak’ak«, meinte Grinsi. »Sehr… traditionel e Zwerge. Wenn sie am Tag über dem Boden unterwegs sein müssen, dann meiden
    sie das Sonnenlicht.«
    »Vor einem Jahr sind sie mir noch nicht aufgefallen.«

    * Jedenfalls, wenn man fest genug zuschlug.
    Grinsi zuckte mit den Schultern. »Es leben jetzt ziemlich viele
    Zwerge in der Stadt, Herr. Die Drudak’ak haben das Gefühl, unter Zwergen zu sein. Sie brauchen sich nicht mit Menschen ab-zugeben.«
    »Mögen sie uns nicht?«
    »Sie lehnen es sogar ab, mit Menschen zu reden. Doch in dieser
    Hinsicht sind sie auch Zwergen gegenüber recht wählerisch.«
    »Das ist doch blödsinnig!«, entfuhr es Mumm. »Woher bekom-
    men sie Lebensmittel? Von Pilzen al ein kann man nicht leben.
    Was tun sie, um Erz zu verkaufen, Bäche aufzustauen und sich
    Holz für die Stützbalken in den Stollen zu beschaffen?«
    »Entweder bezahlen sie andere Zwerge, um diese Arbeiten zu
    verrichten, oder sie nehmen Menschen in ihre Dienste«, sagte
    Grinsi. »Sie können es sich leisten. Es sind sehr gute Bergleute: Sie besitzen sehr gute Bergwerke.«
    »Für mich klingt es nach einem Haufen…« Mumm unterbrach
    sich. Ein kluger Mann, so wusste er, respektierte die traditionel e
    Lebensweise anderer Leute, um Karottes freundliche Worte zu
    zitieren. Doch Mumm fiel es oft schwer, dieses Prinzip zu achten.
    Es gab Leute, deren »traditionel e Lebensweise« darin bestand,
    anderen Leuten die Kehle durchzuschneiden, und Mumm konnte
    sich nicht dazu durchringen, solchem Verhalten mit Respekt zu
    begegnen.
    »Ich denke nicht besonders diplomatisch, oder?«, fragte er. Grin-
    si erwiderte seinen Blick und achtete darauf, dass ihre Miene aus-
    druckslos blieb.
    »Oh, ich weiß nicht, Herr«, erwiderte sie. »Du hast den Satz nicht
    beendet. Und… nun, viele Zwerge respektieren die Drudak’ak.
    Sie… fühlen sich besser, wenn sie einen der traditionel en Zwerge
    sehen, Herr.«
    Mumm runzelte verwirrt die Stirn. Dann dämmerte es ihm.
    »Oh, ich verstehe. Vermutlich sagen sie dann Dinge wie ›Dem
    Himmel sei Dank, dass jemand die Traditionen wahrt‹.«
    »Ja, Herr. Ich nehme an, in jedem Zwerg von Ankh-Morpork
    steckt ein winziger Drudak’ak, der weiß, dass Zwerge normalerweise in Höhlen und Stollen leben.«
    Mumm kritzelte in seinem Notizbuch. Daheim, dachte er. Karot-
    te hatte in al er Unschuld von den Zwergen »daheim« gesprochen.
    Alle Zwerge – ganz gleich, wo sie sich aufhielten – dachten von
    den Bergen als »daheim«. Eigentlich komisch, dass die Leute über-
    al Leute waren, wohin man auch ging, auch wenn die betreffenden
    Leute nicht zu den Leuten gehörten,

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