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Der Fünfte Elefant

Der Fünfte Elefant

Titel: Der Fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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in
    den Wäldern. Jahrhundertelang hatte sich niemand für Überwald
    interessiert. Völkern, die sich hinter zu vielen Bäumen versteckten, konnte man nichts verkaufen.
    Die vor einigen Jahren angelegte und bis nach Gennua reichende
    Kutschenstraße hatte vermutlich al es verändert. Eine Straße
    brachte Verkehr. Die Bewohner der Berge hatten sich immer von
    der Ebene angezogen gefühlt, und seit einiger Zeit gesellten sich
    ihnen die Leute aus Überwald hinzu. Nachrichten erreichten die
    Heimat: In Ankh-Morpork kann man Geld verdienen; bringt die
    Kinder mit. Knoblauch brauchen wir nicht, denn die Vampire
    arbeiten al e bei den koscheren Fleischern. Und wenn einem in
    Ankh-Morpork jemand auf die Füße tritt, darf man zurücktreten.
    Akute Lebensgefahr besteht nicht, da einem niemand genug Inte-
    resse entgegenbringt.
    Mumm konnte die Überwald-Zwerge von denen aus Kupferkopf

    * Zumindest nicht von richtigen Forschern. Dass sich die Bewohner dort gut auskennen, spielt keine Rolle.
    unterscheiden. Letztere waren kleiner, lauter und fühlten sich unter Menschen wohler. Die Zwerge aus Überwald hingegen übten
    mehr Zurückhaltung und neigten dazu, hinter irgendwelchen E-
    cken zu verschwinden. Die meisten von ihnen sprachen kein Mor-
    porkianisch – in einigen Gassen, die von der Sirupminenstraße
    abzweigten, konnte man den Eindruck gewinnen, dass man sich in
    einem ganz anderen Land aufhielt. Doch diese Zwerge waren ge-
    nau das, was sich ein Polizist von den Bürgern erhoffte: Sie erzeug-
    ten keine Unruhe. Sie gingen einer geregelten Arbeit nach, zahlten
    ihre Steuern bereitwilliger als Menschen und sorgten außerdem
    dafür, dass die Ratten in Ankh-Morpork nicht überhand nahmen.
    Probleme lösten sie unter sich. Wenn solche Leute die Aufmerk-
    samkeit der Polizei erregten, dann meistens in Form eines mit
    Kreide gezeichneten Umrisses.
    Doch hinter den schmutzigen Fassaden der Mietshäuser und
    Werkstätten der Ankertaugasse und des Fischbeinwegs gab es
    Vendetten und Fehden in der Zwergengemeinschaft. Oft gingen
    sie auf zwei angrenzende Bergwerkschächte zurück, fünfhundert
    Kilometer und tausend Jahre entfernt. In manchen Kneipen ver-
    kehrten nur Zwerge von einem ganz bestimmten Berg. Über man-
    che Straßen ging man nur dann, wenn der eigene Clan eine ganz
    bestimmte Erzader abbaute. Die Art und Weise, in der man den
    Helm trug oder den Bart teilte, gab anderen Zwergen wichtige
    Zeichen, die anderen Leuten verborgen blieben.
    »Außerdem gibt es noch Unterschiede dabei, wie man sein
    G’ardrhg richtig krazak «, sagte Korporal Kleinpo.
    »Ich wage nicht einmal zu fragen«, erwiderte Mumm.
    »Ich fürchte, ich könnte es ohnehin nicht erklären«, meinte Grin-
    si.
    »Habe ich einen Gaadrerghuh ?«, fragte Mumm.
    Grinsi schnitt eine Grimasse, als sie die falsche Aussprache hör-
    te. »Ja, Herr. Jeder hat einen. Aber nur ein Zwerg kann seinen rich-
    tig krazak. Beziehungsweise ihren«, fügte sie hinzu.
    Mumm seufzte und blickte auf seine Notizen unter der Über-
    schrift »Überwald«. Er war sich nur halb bewusst, dass er selbst die Geografie so behandelte, als ermittle er in einem Verbrechen.
    (»Hast du gesehen, wer das Tal aus dem Fels gemeißelt hat? Wür-
    dest du den Gletscher wieder erkennen?«)
    »Bestimmt unterlaufen mir viele Fehler, Grinsi«, sagte er.
    »Sei unbesorgt, Herr. Das ist bei Menschen immer der Fal . Die
    meisten Zwerge merken es, wenn du versuchst, Fehler zu vermei-
    den.«
    »Und es macht dir bestimmt nichts aus, mich zu begleiten?«
    »Früher oder später muss ich es hinter mich bringen, Herr.«
    Mumm schüttelte traurig den Kopf. »Ich begreife es nicht, Grin-
    si. Warum all die Aufregung über eine Zwergin, die versucht, sich
    wie…«
    »… eine Frau zu benehmen, Herr?«
    »Ja. Und niemand nimmt Anstoß daran, dass Karotte von sich
    behauptet, ein Zwerg zu sein, obwohl er ganz klar ein Mensch
    ist…«
    »Nein, Herr. Er hat Recht. Er ist ein Zwerg. Zwerge haben ihn
    adoptiert. Er hat das Y’grad vol zogen und beachtet das J’kargra, sofern es in einer Stadt möglich ist. All das definiert seine Identität als Zwerg.«
    »Er ist mehr als eins achtzig groß!«
    »Dann ist er eben ein sehr großer Zwerg, Herr. Wir finden nichts
    dabei, dass er auch ein Mensch sein will. Nicht einmal die Dru-
    dak’ak sähen hier ein Problem.«
    »Mir gehen al mählich die Hustenbonbons aus, Grinsi. Wie war
    das?«
    »Nun, Herr, die meisten Zwerge in Ankh-Morpork sind… Ich
    nehme an,

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