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Der Fünfte Elefant

Der Fünfte Elefant

Titel: Der Fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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großes Interesse gezeigt, als
    Stromer über das Heulen sprach und erwähnte, damit ließen sich
    Nachrichten bis in die Berge übermitteln. Man könnte glatt Ver-
    dacht schöpfen und sich fragen, ob er wusste, dass Angua ihm helfen würde, wenn er in ernste Schwierigkeiten geriet. Hatte er sich
    wirklich ganz darauf verlassen?
    Gaspode blickte unter der Decke hervor. Schnee geriet ihm in
    die Augen. Neben dem Schlitten, nur einen knappen Meter ent-
    fernt, lief Gavin und schien im silbrigen Mondschein zu glühen.
    Hier bin ich, dachte Gaspode. Eingeklemmt zwischen Menschen
    auf der einen und Wölfen auf der anderen Seite. Es ist ein Hunde-
    leben.

    So lasse ich mir das Leben gefal en, dachte der amtierende Haupt-
    mann Colon. Es gab kaum mehr Papierkram zu erledigen, und mit
    viel Mühe war es ihm gelungen, den ganzen Rückstand aufzuarbei-
    ten. Außerdem ging es nicht mehr annähernd so laut zu wie früher.
    Als Mumm die Stadtwache geleitet hatte – Fred Colon dachte
    diesen Namen jetzt, ohne ihm ein »Herr« oder »Kommandeur«
    voranzustel en –, waren im Wachhaus immer so viele Stimmen
    erklungen, dass man kaum sein eigenes Wort verstand. Wie konnte
    man angesichts eines so ineffizienten Systems hoffen, irgendetwas
    zu erledigen?
    Erneut zählte er die Zuckerwürfel. Neunundzwanzig. Zwei hatte
    er für seinen Tee gebraucht, was bedeutete, dass al es in Ordnung
    war. Die Strenge zahlte sich aus.
    Colon ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt breit, so dass er
    nach unten ins Büro sehen konnte. Es war erstaunlich, wie gut
    man die Burschen auf diese Weise überraschen konnte.
    Stille und Ordnung herrschten. Es lagen keine Gegenstände auf
    den Schreibtischen – nichts erinnerte an das frühere Chaos.
    Colon kehrte zu seinem eigenen Schreibtisch zurück und zählte
    die Zuckerwürfel. Siebenundzwanzig.
    Ah-ha! Jemand versuchte, ihn um den Verstand zu bringen. Nun,
    den Spieß konnte er auch umdrehen.
    Erneut zählte er die Zuckerwürfel. Es waren sechsundzwanzig –
    und jemand klopfte an die Tür.
    Sie schwang nach innen auf, und Colon wirbelte um die eigene
    Achse. Boshafter Triumph glitzerte in seinen Augen.
    »Ah-ha! Einfach so hereinplatzen, wie? Oh…«
    Das »Oh« fügte Colon hinzu, als er sah, wer angeklopft hatte:
    Der Golem Obergefreiter Dorfl. Er war größer als die Tür und
    stark genug, um einen Troll in Stücke zu reißen. Von dieser Mög-
    lichkeit hatte er nie Gebrauch gemacht, weil er an bestimmten
    moralischen Grundsätzen festhielt. Wie dem auch sei: Selbst Colon
    schreckte davor zurück, mit jemandem zu streiten, der zwei rot
    glühende Löcher dort hatte, wo man die Augen vermutete. Ge-
    wöhnliche Golems taten Menschen nichts zu Leide, weil magische
    Worte in ihrem Kopf sie daran hinderten. Bei Dorfl fehlten diese
    Worte, doch er verzichtete trotzdem darauf, irgendjemandem ein
    Leid zuzufügen – er hielt so etwas einfach nicht für richtig. Diese
    Tatsache ließ genug Platz für den beunruhigenden Gedanken, dass
    er seine Meinung viel eicht änderte, wenn man ihn mit ausreichen-
    dem Nachdruck provozierte.
    Neben dem Golem stand Obergefreiter Schuh und salutierte za-
    ckig.
    »Wir sind gekommen, um die Soldzettel zu holen, Herr«, sagte
    er.
    »Die was?«
    »Die Soldzettel, Herr. Für den monatlichen Sold. Wir bringen sie
    zum Palast und kehren mit dem Sold zurück, Herr.«
    »Davon weiß ich überhaupt nichts!«
    »Ich habe sie gestern auf deinen Schreibtisch gelegt, Herr. Von
    Lord Vetinari unterschrieben, Herr.«
    Colon konnte das kurze Flackern in seinen Augen nicht verber-
    gen. Inzwischen hatte sich im Kamin ziemlich viel Asche ange-
    sammelt.
    Schuh folgte dem Blick des amtierenden Hauptmanns.
    »Ich habe nichts dergleichen gesehen«, sagte Colon. Die Farbe
    wich aus seinem Gesicht wie aus einem abgelutschten Eis am Stiel.
    »Ich habe dir die Zettel ganz bestimmt auf den Schreibtisch ge-
    legt«, fuhr Obergefreiter Schuh fort. »So etwas vergesse ich nicht,
    Herr. Ich erinnere mich deutlich daran, dass ich zum Obergefrei-
    ten Besuch sagte: ›Waschtopf, ich gehe jetzt und lege die…‹«
    »Hör mal, ich bin ein sehr beschäftigter Mann, wie du siehst!«,
    schnappte Colon. »Lass die Sache von einem Feldwebel in Ord-
    nung bringen!«
    »Es gibt nur noch einen Feldwebel, Herr, und der heißt Feuer-
    stein«, erwiderte Obergefreiter Schuh. »Er verbringt die ganze Zeit
    damit, umherzustapfen und die Leute zu fragen, was er tun sol .
    Wie dem auch sei, Herr: Es ist die

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