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Der Fünfte Elefant

Der Fünfte Elefant

Titel: Der Fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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nahm Igor als Kutscher und Fremdenführer mit, außer-
    dem den Wächter Tantony und den anderen Mann, der für ihn
    immer Colonesk sein würde. Schaumlöffel war noch nicht von
    seiner geheimen Mission zurückgekehrt, und Mumm wol te die
    Botschaft auf keinen Fall unbewacht zurücklassen.
    Ein anderes Wort für »Diplomat«, so dachte Mumm, lautete
    »Spion«. Der einzige Unterschied bestand darin, dass die Regierung
    des Gastlandes wusste, wer man war. Es kam vermutlich darauf
    an, sie irgendwie zu überlisten.
    Die Sonne schien warm, es wehte ein kalter Wind, und die Berg-
    luft war so klar, dass man den Eindruck gewann, nur die Hand
    ausstrecken zu müssen, um die nächsten Gipfel zu berühren. Au-
    ßerhalb der Stadt schmiegten sich schneebedeckte Weinberge und
    Bauernhäuser an Hänge, die man in Ankh-Morpork als Wände
    bezeichnet hätte. Doch nach einer Weile drängte sich der Kiefern-
    wald immer näher an die Straße. Hier und dort, in einer Kurve,
    konnte man weit unten den Fluss sehen.
    Auf dem Kutschbock stöhnte Igor vor sich hin.
    »Er hat mir gesagt, dass sich Igors schnell erholen«, meinte Lady
    Sybil.
    »Vermutlich bleibt ihnen gar keine Wahl.«
    »Herr Schaumlöffel bezeichnete sie als sehr geschickte Chirur-
    gen, Sam.«
    »Allerdings lässt ihr Talent im Fachbereich der kosmetischen
    Chirurgie zu wünschen übrig.«
    Die Kutsche wurde langsamer.
    »Kommst du oft hierher, Igor?«, fragte Mumm.
    »Herr Müde lief fich ein Mal pro Woche fum Turm fahren, um
    die neueften Nachrichten abfuholen, Herr.«
    »Es wäre doch al es viel einfacher, wenn es in Bums einen Nach-
    richtenturm gäbe.«
    »Der Ftadtrat ift ftrikt dagegen, Herr.«
    »Und du?«
    »Ich vertrete eine fehr moderne Einftel ung, Herr.«
    Der Turm ragte ganz in der Nähe empor. Die ersten sechs Meter
    bestanden aus Stein und hatten schmale, vergitterte Fenster. Eine
    große Plattform diente als Basis für den eigentlichen Turm. Eine
    solche Anordnung war durchaus vernünftig. Einem Feind würde
    es sehr schwer fal en, ins Innere des steinernen Sockels zu gelan-
    gen oder den Turm in Brand zu setzen. Es gab genug Platz für
    Vorräte, um einer Belagerung standzuhalten. Außerdem mussten
    Angreifer damit rechnen, dass die Männer im Turm schon dreißig
    Sekunden nach dem Angriff einen Hilferuf übermittelten. Der
    Turmgesellschaft mangelte es weder an finanziellen Mitteln noch
    an Entschlossenheit. Wenn ein Turm ausfiel, so traf schon bald
    jemand ein, der Fragen stellte und auf Antworten bestand. Hier
    gab es kein Gesetz. Die von der Gesel schaft gesandten Fragestel-
    ler übermittelten eine klare Botschaft an die Welt: Nachrichten-
    türme durften auf keinen Fal angerührt werden.
    Das sollte inzwischen allgemein bekannt sein. Umso erstaunli-
    cher war es, dass sich die Signalarme des Turms nicht bewegten.
    Mumm spürte, wie sich ihm die Nackenhaare aufrichteten. »Bleib
    in der Kutsche, Sybil«, sagte er.
    »Stimmt was nicht?«
    »Ich weiß es nicht genau«, erwiderte Mumm, obwohl er es genau
    wusste. Er stieg aus und nickte Igor zu.
    »Ich sehe mich im Turm um«, sagte er. »Wenn es irgendwel-
    che… Probleme gibt, bringst du Lady Sybil zur Botschaft zurück,
    klar?«
    Mumm beugte sich durch die Tür und mied Sybils Blick, als er
    einen der Sitze anhob und das darunter versteckte Schwert hervor-
    zog.
    »Sam!«, sagte Lady Sybil vorwurfsvoll.
    »Entschuldige, Schatz. Ich hielt es für besser, in solchen Situati-
    onen nicht mit leeren Händen dazustehen.«
    Neben der Tür des Turms hing ein Klingelzug. Mumm zog dar-
    an und hörte weiter oben ein Klappern.
    Als sonst nichts geschah, versuchte er, die Tür zu öffnen. Sie
    schwang auf.
    »Hallo?«
    Alles blieb still.
    »Hier spricht die Wa…« Mumm beendete den Satz nicht. Die
    Wache spielte hier keine Rol e. Niemand scherte sich um die
    Dienstmarke. Er war nichts weiter als ein neugieriger Eindringling.
    »Ist jemand da?«
    In dem Raum stapelten sich Säcke, Kisten und Fässer. Eine
    Holztreppe führte zur nächsten Etage. Mumm ging die Stufen
    empor und erreichte einen Raum, der eine Mischung aus Schlaf-
    zimmer und Speisesaal darstellte. Nur zwei schmale Betten standen
    dort, die Decken zurückgeschlagen.
    Ein Stuhl war umgekippt. Der Tisch war gedeckt; Messer und
    Gabel lagen ordentlich neben einem Tel er. Auf dem Herd hatte
    etwas so lange gekocht, bis im Topf nur noch eine trockene Masse
    übrig geblieben war. Mumm öffnete die Klappe des Feuerraums,
    und ein Zischen erklang,

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