Der fünfte Mörder
bog, ohne zu blinken, mit einem halsbrecherischen Manöver durch den dichten Gegenverkehr hindurch links ab. Der Lexus musste bremsen, blinkte, folgte ihm. Ich selbst musste warten, um einen Lkw passieren zu lassen. Dann eine Lücke, ich trat aufs Gas. Während ich beschleunigte, drückte ich die Wahlwiederholung.
»Er fährt in Richtung Westen!«, rief ich. »Vermutlich will er auf die Autobahn.«
»Mist«, erwiderte Vangelis. »Ich bin kurz vor Weinheim. Die Kollegen vor mir sind schon von der Autobahn runter.«
»Wie weit sind die auf der B  3?«
»Etwa drei Kilometer hinter Ihnen.«
»Sie sollen aufschlieÃen, so schnell sie können.«
Geldorf wollte nicht auf die Autobahn. Das war überhaupt nicht möglich, denn hier gab es gar keine Auffahrt, stellte ich in den nächsten Sekunden fest. Die breite, gerade StraÃe führte über die A  5 hinweg und geradeaus weiter in Richtung Viernheim. Jetzt achtete er nicht mehr auf Verkehrsregeln, beschleunigte auf hundertzwanzig, hundertdreiÃig, hundertvierzig. Der Lexus folgte dicht auf, Dobrev immer noch hinter mir. Geldorfs abruptes Abbiegemanöver hatte nicht nur mir klargemacht: Mittlerweile wusste er, dass er verfolgt wurde. Hinter mir ein Dröhnen, Augenblicke später schoss das Motorrad an mir vorbei. Vangelis und die beiden Fahrzeuge vor ihr hatten inzwischen gewendet und waren auf dem Weg zurück. Die Kollegen hinter mir fuhren, was die Autos hergaben, um aufzuholen.
Ein Kreisverkehr, dahinter einige verstreute Häuser. Geldorf umrundete ihn, nahm die dritte Ausfahrt, diesmal mit quietschenden Reifen. Nun ging es wieder nach Süden, Richtung Ladenburg. Ein Dorf, Kurven, zum Glück niemand auf der StraÃe. Die Landschaft wurde offen, die StraÃe gerade und zum Glück wenig befahren. Geldorf wurde immer noch schneller. Inzwischen fuhren wir fast hundertsiebzig.
Was waren meine Optionen? Ich musste mehrere Ziele gleichzeitig erreichen: Geldorf beschützen und festnehmen, den beiden offenbar zu allem entschlossenen Bulgaren Handschellen anlegen, bevor sie einen Schuss abgeben konnten.
Eine StraÃensperrung würde mit tödlicher Sicherheit in einer SchieÃerei enden, weil die Bulgaren sich nicht widerstandslos ergeben würden. Die kleine Kolonne von hinten auflösen? Erst Schivkov unter irgendeinem Vorwand von einem Streifenwagen stoppen lassen, zwei Kilometer weiter Dobrev aus dem Verkehr ziehen? Die dazu nötigen Streifenwagen mussten erst einmal dort sein, wo ich sie brauchte. Und dieses Dort änderte sich von Sekunde zu Sekunde.
Vorne qualmten Reifen. Der rote BMW überholte einen Traktor mit Anhänger. Der Lexus musste scharf abbremsen, kam ins Schlingern. Dobrev quetschte sich in einem lebensgefährlichen Manöver zwischen dem Traktor und einem entgegenkommenden Sattelschlepper hindurch, der dröhnend hupte.
Augenblicke später war auch ich an dem landwirtschaftlichen Nutzfahrzeug vorbei. Die ersten Häuser von Heddesheim kamen in Sicht. Eine Ampel, rot, natürlich. Geldorf kümmerte sich nicht darum, fuhr links an den warteten Fahrzeugen vorbei, bog ab, jetzt ging es wieder in Richtung Westen. Die Bulgaren dürften inzwischen begriffen haben, dass es dieses Mal nicht so einfach werden würde mit der Kugel zwischen die Augen. Und sie mussten längst bemerkt haben, dass ihnen ein alter Peugeot Kombi hartnäckig an den Fersen klebte.
Die nächste Abbiegung, wieder wählte Geldorf rechts.
Was würde ich tun, säÃe ich da vorne in dem roten Auto? Die Verfolger abzuschütteln war unmöglich. Dobrevs Kawasaki würde problemlos bei jeder Geschwindigkeit mithalten können, die der BMW schaffte. Anzuhalten und sich auf eine SchieÃerei einzulassen war wenig aussichtsreich. Es stand zwei gegen einen. Die besten Chancen hatte Geldorf vermutlich mit Theresas Bierflasche-in-der-Kiste-Taktik: ein Ort, wo viele Menschen waren, zwischen denen er sich unsichtbar machen konnte.
Ich hatte das Handy immer noch am Ohr, hielt Vangelis auf dem Laufenden, die meine Position per Funk an die anderen Kräfte durchgab. Immer mehr Fahrzeuge waren auf dem Weg in meine Richtung. Unsere eigenen, die Kollegen aus Weinheim auf der A  659, Kollegen aus Mannheim auf der A  6. Der in Mannheim stationierte und für den Fall der Fälle alarmierte Rettungshubschrauber lieà soeben sein Triebwerk warm laufen. Sowohl ein hessisches
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