Der fünfte Mörder
proben und üben und proben.«
»Meint ihr, erfolgreiche Bands müssen nicht üben?«
»Hat uns eben keinen Spaà mehr gemacht, manno!«
»Erst wollt ihr unbedingt reiten. Vier Wochen später macht es euch keinen Spaà mehr. Dann fangt ihr mit der Band an, und nach ein paar Monaten ist damit auch schon wieder Schluss. Mit dieser Einstellung werdet ihr in ein paar Jahren StraÃen fegen und Mülleimer leeren. Und das wird euch auch keinen Spaà machen, das kann ich euch versprechen.«
»Du bist doch total gegen das Reiten gewesen!« Sarah warf ihre Gabel auf den Teller, dass es schepperte. »Du bist froh gewesen, wie wir damit aufgehört haben!«
»Stimmt«, sekundierte Louise nicht weniger wütend. »Und gegen die Band bist du auch gewesen. Von Anfang an.«
»Habe ich jemals was Derartiges gesagt?«
»Hast du nicht. Aber wir haben genau gespürt, dass du dagegen warst. Und jetzt wollen wir aufhören, und jetzt ist das auch wieder nicht recht?«
»Heute bleibt ihr jedenfalls zu Hause und lernt«, verkündete ich. Louise machte eine Geste, als würde sie sich einen Finger in den Hals stecken. »Und am Abend will ich sehen, was ihr gemacht habt. Und auÃerdem werde ich euch in Französisch abhören.«
Als sie sich zeternd und kreischend und mit Tränen in den Augen davonmachten, fielen Worte wie Guantanamo, Sklavenhaltung und frühes Mittelalter.
AnschlieÃend telefonierte ich mit der Mutter ihrer Freundin Silke und erfuhr, dass auch dort die Wolken tief hingen. Immerhin schienen meine Töchter die Wahrheit gesagt zu haben, soweit es die demnächst anstehenden Klassenarbeiten und den aktuellen Stoff betraf.
Den Samstagnachmittag über geschah ein kleines Wunder: Meine Töchter lernten! Die Computermonitore blieben dunkel, es wurden weder Mails gecheckt noch SMS getippt â es wurde gearbeitet, dass mir ganz warm wurde ums wunde Vaterherz. Hin und wieder kamen sie, um mich etwas zu fragen, und öfter als befürchtet, konnte ich ihre Fragen sogar beantworten. Fast hätte man glauben können, sie seien dankbar für den Druck, unter den ich sie setzte. Pünktlich um sechs erschienen sie mit ihrem Französischbuch. Ich lieà sie Verben konjugieren und Substantive deklinieren und blamierte mich dadurch, dass ich jedes Mal kurz ins Buch blickte, bevor ich nickte.
»Du kannst überhaupt kein Französisch?«, wagte Louise endlich zu fragen.
»Doch. Im Prinzip schon. Ich habe bloà manches vergessen.«
Sarah griff sich an den Kopf, den heute eine neue, noch nie gesehene Frisur krönte. Sie hatte ihre gerstenblonden, glatten Haare am höchsten Punkt des Kopfs mit Hilfe einer pinkfarbenen Klemme zu einem lustig baumelnden Pferdeschwanz drapiert.
»Wozu hast du es dann überhaupt gelernt?«, fragte sie. »Es heiÃt doch immer, wir lernen fürs Leben â¦?«
»Manches braucht man später, manches nicht.«
»Was hast du denn gebraucht, zum Beispiel?«
Keine leicht zu beantwortende Frage.
»Deutsch«, sagte ich schlieÃlich. »Ich muss viel schreiben und reden in meinem Beruf. Da ist es ganz praktisch, wenn man sich ausdrücken kann.«
»Und Mathe? Physik? Bio?«
»Geschichte? Erdkunde?«
»Weniger.«
»Aber das ist doch total bescheuert!«, ereiferte sich Sarah. »Da wird man zwölf Jahre lang totgenervt mit dem ganzen ScheiÃ, und dann kann man alles einfach wieder vergessen?«
»Das Dumme ist«, gab ich zu bedenken, »man kann vorher nicht wissen, was man später brauchen wird. Wenn jemand Ingenieur werden will, zum Beispiel, dann wird es ohne Mathe und Physik wohl kaum gehen.«
Der erwartete Einwand: »Wir wollen aber nicht Ingenieur werden« blieb aus. Stattdessen nickten sie. Und dann nickten sie noch einmal.
»Paps, jetzt haben wir den ganzen Nachmittag superbrav geschuftet«, fing Louise an. »Wir sind echt fleiÃig gewesen, das musst du zugeben.«
»Ja«, erwiderte ich vorsichtig. Sie zu loben war es vielleicht noch ein bisschen früh. »Gebe ich zu.«
»Meinst du nicht, wir könnten zur Belohnung ein kleines bisschen �«
»Wir sind auch pünktlich um elf daheim«, ergänzte Sarah die zaghafte Anfrage. »SupermegagroÃes Töchterehrenwort!«
25
Machatscheck hatte Neuigkeiten.
»Dieses Ereignis, nach dem Schivkov sich nach Deutschland
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