Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
Vom Netzwerk:
immer toller.
    Â»Wie oft?«
    Â»Ein wenig zu oft.«
    Â»Ich nehme an, meine Töchter sind nicht Ihre einzigen Schüler, die hin und wieder ein bisschen über die Stränge schlagen.«
    Weshalb verteidigte ich meine Früchtchen plötzlich?
    Â»Natürlich nicht«, erwiderte Oberstudienrätin Goetsch gnädig.
    Â»Und was soll ich nun tun, was raten Sie mir? Sie nicht mehr aus dem Haus lassen?«
    Â»Was Sie nun tun oder lassen, ist natürlich allein Ihre Sache. Ich möchte mir nur später nicht vorwerfen müssen, Ihnen etwas verschwiegen zu haben, was Sie vielleicht gerne gewusst hätten.«
    Alte Petze! Anscheinend war sie nun beleidigt, denn sie legte grußlos auf.
    Ich sank in meinen Sessel. Meine Töchter auf dem Weg zum Alkoholismus! Ich erinnerte mich, in einer der Nächte nach dem Bombenanschlag einschlägige Geräusche aus dem Bad gehört zu haben. Sollte damals eines meiner zarten Mädchen über der Kloschüssel gehangen haben? Andererseits, machten nicht viele Jugendliche in ihrem Alter ihre ersten und zum Glück meist unerfreulichen Erfahrungen mit Alkohol? Als Polizist wusste ich nur zu gut, wie jung die Schnapsleichen inzwischen waren, die meine Kollegen vom Streifendienst bei ihren nichtsahnenden Eltern abliefern mussten oder gleich in der nächsten Notaufnahme.
    Aber meine Töchter?
    Du lieber Himmel, was mochte als Nächstes kommen?

    Als Nächstes kam ein Anruf von Thorsten Falk, dem Leiter der ausgeraubten Bankfiliale.
    Â»Ich habe eben eine merkwürdige E -Mail erhalten, Herr Gerlach. Jemand bietet mir anonym Informationen darüber an, wo die Beute aus dem Bankraub versteckt ist.«
    Â»Was verlangt er dafür?«
    Â»Dazu hat er sich noch nicht geäußert. Falls ich interessiert bin, soll ich bei eBay ein bestimmtes Produkt zu einem vorgegebenen Preis anbieten.«
    Â»Was ist das für ein Produkt?«
    Â»Eine Bohrmaschine von Black und Decker. Ich habe mich schlau gemacht. Der Typ wird nur in den USA verkauft. Als Mindestpreis soll ich sechzig Euro nennen. In den Staaten kostet eine neue Maschine neununddreißig Dollar. Die Mail kam übrigens von einer Hotmail-Adresse und war auf Englisch.«
    Â»Er will uns glauben machen, dass er Amerikaner ist.«
    Â»Und was soll ich jetzt tun?«
    Â»Bieten Sie die Bohrmaschine an«, sagte ich nach kurzem Überlegen. »Leiten Sie die Mail an mich weiter, und halten Sie mich auf dem Laufenden.«

    Am Samstagmorgen hatte ich mich eben zu einem gemütlichen Wochenendfrühstück mit Zeitung, Morgensonne und ohne Töchter niedergelassen, als mein Handy surrte.
    Â»Männliche Leiche im Neckar«, erklärte eine aufgeräumte Kollegin. »Tschuldigung, wenn ich störe. Aber ich soll Ihnen Bescheid sagen, hat’s geheißen. Es sei Mord.«
    Â»Nicht schon wieder«, stöhnte ich und ließ mein halbes Brötchen mit frischem Camembert auf den Teller sinken.
    Â»Der Kassierer auf der Fähre bei Ladenburg hat ihn entdeckt. Vor einer halben Stunde erst. Die Frau Vangelis ist schon unterwegs, und sie hat gesagt, ich soll Sie informieren, falls Sie Ihr Handy schon anhaben.«
    Kollegen von der Wasserschutzpolizei hatten den Leichnam inzwischen aus dem Neckar gefischt und an Land gebracht, erfuhr ich von Klara Vangelis, während ich in Richtung Ladenburg fuhr und mein schöner Espresso auf dem Küchentisch kalt wurde.
    Â»Erschossen«, sagte sie. »Alter: vermutlich dreißig und etwas.«
    Wie gestern war der Himmel milchig überzogen. Die Luft kam mir wärmer vor als an den vergangenen Tagen. Die Sonne stach unangenehm, und irgendwo in meinem Kopf lauerte ein kleiner, böser Schmerz.
    Â»Der nächste Russe?«, fragte ich, als ich neben den auf dem Rücken liegenden Körper trat. Der Arzt hatte gerade begonnen, ihn zu untersuchen.
    Der Tote war groß, mindestens einsachtzig, breit und hatte nussbraunes, kurz geschnittenes Haar, das ihm jetzt nass am Kopf klebte. Die Haut war vom Wasser aufgequollen, seine selbst im Tod noch unsympathische Visage mit krummer Nase wollte nicht recht zu dem teuren Maßanzug passen, in dem er steckte. Die Socken waren von Pierre Cardin, die Schuhe fehlten. Um den kurzen Hals trug er ein goldenes Kettchen. An den Handgelenken Striemen von der Fesselung, in denen wir vermutlich dieselben blauen Fasern finden würden wie bei der ersten Wasserleiche. Und genau in der Mitte

Weitere Kostenlose Bücher