Der fünfte Mörder
Bulgaren den Coup vorbereitet hatten. Vangelis hatte einen Arzttermin, deshalb fuhr Balke den Wagen. Rolf Runkel saà hinten für den Fall, dass später jemand am Fundort zurückbleiben musste.
»Es ist eine ehemalige Ziegelei am Rhein«, klärte ich meine Begleiter auf. »Es hat da in der Nacht von Samstag auf Sonntag gebrannt. Die Gebäude stehen seit Jahren leer und sollten eigentlich längst abgerissen werden.«
Balke bog von der A  656 auf die A  6 in Richtung Süden.
»Ich hab mir übers Wochenende mal diese Memorycard von Dobrev angesehen«, berichtete er und überholte einen Bus, der die linke Spur gepachtet zu haben schien, auf der rechten. »Leider nichts von Interesse. Nur zwei Amateurvideos. Auf einem sieht man ein paar Bauernlümmel mit ein paar Mädels beim Picknick am See. Auf dem zweiten ist irgendein groÃes Besäufnis in einer Kneipe. Teilweise sind dieselben Typen drauf. Ich will aber sicherheitshalber noch nach gelöschten Dateien suchen.«
Er bremste, setzte den Blinker und verlieà die Autobahn.
»Irgendwelche Erkenntnisse zur neuen Wasserleiche?«, fragte ich.
»Unsere oder die aus dem Rhein?«
Offenbar hatte die Nachricht vom Leichenfund der hessischen Kollegen schon die Runde gemacht.
»Unsere natürlich.«
»Der Typ hat Tätowierungen mit kyrillischen Schriftzeichen am Rücken und an den Oberarmen. Und was der Arzt am Samstag vermutet hat, ist inzwischen bestätigt: Der hat mindestens eine Woche im Wasser gelegen, eher länger.«
»Das heiÃt, er ist ungefähr zur selben Zeit erschossen worden wie die erste Wasserleiche.«
Wir fuhren durch eine Ortschaft, dann ging es weiter über eine LandstraÃe in Richtung Süden.
Balke schien plötzlich ein Gedanke gekommen zu sein. Er zückte sein Handy und begann, während er fuhr, mit flinkem Daumen eine SMS zu tippen.
»Ich dachte, das ist verboten?«, sagte ich, während ich misstrauisch die schmale StraÃe vor uns beobachtete.
»Echt?« Balke tippte ungerührt weiter. »Dass man beim Fahren nicht mit dem Handy telefonieren soll, hatte ich schon gehört. Aber von SMS war doch nie die Rede.«
Es gelang ihm, seine Nachricht zu Ende zu bringen, ohne von der StraÃe abzukommen. Wir fuhren durch einen weiteren Ort. Minuten später setzte er erneut den Blinker. Rolf Runkel, der während der Fahrt eingenickt war, kam wieder zu sich. Wir waren da.
Eine schmale Kollegin mit warmem Lächeln erwartete uns auf dem groÃen Parkplatz des verwahrlosten Fabrikgeländes. Hinter dem Steuer eines Streifenwagens, der im Schatten eines groÃen Kirschbaums parkte, nutzte ein hagerer Kollege die Zeit für ein Nickerchen. Wenige Hundert Meter südlich von uns ragte der mächtige, blaulackierte Pylon der Autobahnbrücke bei Speyer in den Himmel. Nicht weit von uns brummte ein Schiff stromaufwärts, das wir jedoch wegen des Uferwalds nicht sehen konnten.
Wir betraten das weitläufige Gelände, das durch einen Absperrzaun nur provisorisch gegen unerwünschte Besucher gesichert war. Vor dem offen stehenden Tor einer kleinen Halle blieb die Kollegin, die sich als Polizeihauptmeisterin Schütte vorgestellt hatte, stehen. Das Gebäude bestand im Wesentlichen aus Backsteinen, einem rostigen Wellblechdach und vergittertem Glas in den oberen Bereichen der Wände. Auch das groÃe, krumme und jetzt weit offen stehende Rolltor war mit drahtverstärktem, an vielen Stellen gesprungenem Glas lichtdurchlässig gemacht. Um den Spalt zwischen Wänden und Dach herum war das Blech schwarz verfärbt vom RuÃ.
Ich hörte den Verkehr auf der A  61 rauschen.
»Es gibt einen Zeugen, der hier in letzter Zeit öfter einen blauen Pritschenwagen gesehen haben will«, eröffnete uns die Kollegin. »Da habe ich gedacht, das wird Sie vielleicht interessieren.«
Sie und ihr schläfriger Kollege gehörten zum Polizeirevier Hockenheim.
Neben dem Hallentor duftete ein wild wuchernder Fliederbusch. Aus den Ritzen zwischen den Betonplatten am Boden wuchs Löwenzahn. In der Ecke lag neben einem Haufen Ziegelbruch eine umgekippte Mülltonne. Wir traten ins Halbdunkel der Halle. Innen roch es brandig. Im gesamten hinteren Teil waren Wände und Decke schwarz und der Boden nass vom Löschwasser der Feuerwehr, die hier in der Nacht auf Sonntag tätig gewesen war.
»Ich hoffe, das Ding wird jetzt
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