Der fünfte Mörder
viel zu vielen Zigaretten klang, und machte eine devote Verbeugung angesichts der Obrigkeit.
»Herr Gerber hat uns was Wichtiges zu sagen«, erklärte Runkel stolz und sah den Angler auffordernd an.
»Da ist nämlich ein Auto«, nuschelte der Angler mit hartnäckig gesenktem Blick. »Da hinten liegt ein Auto im Wasser.« Er machte eine unbestimmte Geste in die Richtung, wo wir hergekommen waren. »Ich habâs schon letzte Woche gemeldet. Aber bisher ist nichts passiert.«
»Der Herr Gerber meldet uns öfter mal was«, raunte mir die Kollegin ins Ohr. »Und meistens ist es am Ende lauwarme Luft.«
Bis zu der Stelle, wo das Auto angeblich im Wasser lag, mussten wir ein Stück die StraÃe entlanggehen, die hier auf dem Hochwasserdamm verlief. Dann wurde der Wald lichter, und der Blick auf einen malerischen kleinen See öffnete sich. Kollegin Schütte erklärte mir, es handle sich um ein Stück eines Altrheinarms, der häufig von Anglern und Wassersportlern frequentiert wurde. Herr Gerber führte uns eilfertig an eine bestimmte Stelle am Ufer. Rechts und links von uns lagen einige mehr oder weniger vollgelaufene Nachen im Wasser. Es roch nach Moder, Fruchtbarkeit und brakigem Wasser.
»Was fängt man hier denn so?«, fragte Runkel leutselig.
»Nicht mehr viel«, erwiderte unser Zeuge mürrisch. »Das meiste fressen die Kormorane, diese Mistviecher!«
»Und wo ist nun das Auto?«, fragte ich ungeduldig.
»Na, da!« Gerber wies auf das trübe Wasser vor uns. »Man kannâs natürlich nicht sehen, in der Dreckbrühe.«
»Das heiÃt, Sie haben es überhaupt nicht gesehen?«
Gerber erschrak bei meinem vielleicht eine Spur zu groben Ton.
»Nicht direkt«, gestand er kleinlaut.
»Und wie kommen Sie dann auf die Idee �«
»Gucken Sie doch hin. Hier, die Reifenspuren!«
Er hatte recht. Wir standen praktisch darauf. Nach dem Abstand der Reifen zu schlieÃen, stammte die Spur von einem Pkw. Und sie führte schnurstracks ins Wasser.
»Sie organisieren bitte alles Notwendige«, wies ich Rolf Runkel an. »Wir fahren dann zurück.«
Er schien nicht traurig zu sein über seine neue Aufgabe.
Während der Rückfahrt bat ich Balke, mich in dem Industriegebiet südlich von Wieblingen abzusetzen.
»Mein Auto ist fertig.«
»Sie geben Ihren Wagen in eine solche Klitsche?«, fragte er erschrocken, als er vor Herrn Mays Reparaturwerkstatt die Handbremse anzog.
Der Inhaber trat gerade friedlich grinsend aus seiner Werkstatt. Wieder hielt er seinen öligen Lappen in den Händen, und wieder war mir nicht klar, ob der Lappen von den Händen oder die Hände vom Lappen schmutzig wurden.
»Da drüben.« Er wies mit dem Kinn nach links. »Da steht Ihr gutes Stück.«
»Alles wieder in Ordnung?«
»Läuft wie ein Ãrgelchen. Der Motor macht glatt noch mal dreihunderttausend, wenn Sie nett zu ihm sind.«
Beim Anblick meines guten alten Peugeot wurde ich ganz rührselig. Balke wendete ohne weiteren Kommentar, winkte kurz und fuhr davon.
»Und was bin ich Ihnen nun schuldig?«, fragte ich Herrn May.
»Sagen wir ⦠unter Brüdern â¦Â« Er sah zum Himmel, rechnete lautlos. Er rechnete und rechnete, und ich begann das Schlimmste zu fürchten. Ich Idiot hatte keinen Kostenvoranschlag verlangt, nicht einmal ein Händedruck hatte unser Geschäft besiegelt. Wie dämlich musste ein Mensch eigentlich sein, sich auf so etwas einzulassen?
Ich hörte Herrn May bedrohliche Worte murmeln wie: Kopfdichtung, Ãlfilter, Kaltreiniger, Leichtlauföl.
»Also gut«, seufzte er endlich. »Weil Sie mir so sympathisch sind â sagen wir zwölfhundert?«
Das war weniger, als er zu Beginn veranschlagt hatte. Erheblich weniger.
Wäre der Mann nicht so unglaublich schmutzig gewesen, ich hätte ihn an meine Brust gedrückt.
»Hab Ihnen gleich noch eine Plakette spendiert«, erklärte der gute Herr May. »Die grüne kriegt er natürlich nicht. Aber mit der gelben dürfen Sie ja auch in die Stadt fahren. Ãlwechsel hab ich gleich mit gemacht. Jetzt sollten Sie erst mal für ein Weilchen Ruhe haben.«
»Sie sind ein guter Mensch«, sagte ich bewegt und drückte seine ölige Hand. »Ich werde Sie weiterempfehlen.«
»Bloà nicht!«, erwiderte er erschrocken. »Weià so schon nicht, wie
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