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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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wird Euch als Bannerträger treu dienen.«

    »Sag mal, wo treibst du dich eigentlich die ganze Zeit herum, Raffaello?«, begrüßte mich Gian Antonio Sodoma einige Tage später in der Stanza della Segnatura. »Hast du eine Affäre mit Monsignor de Grassis? Pietro Perugino behauptet, er habe dich in de Grassis Arbeitszimmer gesehen. Und nicht nur ein Mal!«
    » Salve, Gian Antonio! Wie geht die Arbeit voran?«, fragte ich vergnügt, ohne seine Frage zu beantworten.
    Pietro hatte richtig gesehen: Ich war in den letzten sechs Tagen mehrmals beim päpstlichen Zeremonienmeister gewesen, um die Festlichkeiten für Francescos Ernennung zum Bannerträger der Kirche mit ihm zu besprechen. Gemeinsam hatten wir das päpstliche Breve verfasst, das ein Bote dem Herzog von Urbino überbrachte. Monsignor de Grassis’ Sekretär hatte mich eben darüber informiert, dass die Antwort des Herzogs von Urbino eingetroffen war …
    »Wie die Arbeit vorangeht?«, rief Gian Antonio Sodoma. »Meine Decke wird bald fertig sein. Aber du hast noch nicht einmal den Silberstift in die Hand genommen, um einen Entwurf für deine Wände zu machen. Pietro freut sich darüber: Er wünscht dir die Pest, weil du in den Vatikan gekommen bist. Deine beiden Zauberlehrlinge Gian Francesco Penni und Giovanni da Udine sind gestern hier zum ersten Mal erschienen und wirbelten eine Menge Staub auf.«
    »Wo sind sie?«, fragte ich.
    »In der Osteria Paradiso im florentinischen Viertel. Gianni will vier Lehrlinge für deine Werkstatt einstellen. Einen Römer namens Giulio Pippi, der sich selbst Giulio Romano nennt. Perino del Vaga aus Verona, der in der Signoria von Florenz schon mit Michelangelo an der Schlacht von Cascina gearbeitet haben soll. Raffaellino del Colle aus Venedig, der seine Lehre bei Tiziano begonnen hat. Er bewundert dich und nennt sich dir zu Ehren Raffaellino! Und einen Mailänder namens Polidoro da Caravaggio – welche Wunder er schon vollbracht hat, habe ich vergessen!
    Anschließend werden Gianni und Gio’ zum Palazzo dei Conservatori gehen, um dich und sich selbst in die Malerzunft einzutragen. Auf dem Rückweg werden sie die Farben und das Papier vom Apotheker an der Piazza Navona holen, das du dort bestellt hast. Das soll ich dir ausrichten, wenn ich dich sehe.«
    »Bene« , sagte ich und wandte mich wieder zum Gehen.
    »Du lässt Gianni Lehrlinge einstellen?«, fragte Gian Antonio ungläubig. »Bist du der Maestro oder er?«
    »Ich, wenn ich mich richtig erinnere. Aber ich habe keine Zeit, das mit ihm zu diskutieren. Ich vertraue ihm.«
    Ich war schon an der Tür, als Gian Antonio mich aufhielt. »Wohin willst du?«, fragte er irritiert. »Du bist doch gerade erst gekommen.«
    »Zuerst zu Monsignor de Grassis. Dann in die Biblioteca Vaticana. Und dann zu Donato Bramante auf der Baustelle von San Pietro. Wir sind zum Essen verabredet.«
    Donato hatte mich eingeladen, künftig an den Treffen der Künstler teilzunehmen, die sich regelmäßig in seiner Wohnung im Palazzo del Belvedere trafen. Bramante war ein Künstler, der als päpstlicher Berater selbst in die Rolle eines Maecenas geschlüpft war. Mit Giuliano da Sangallo und Andrea Sansovino hatte ich bereits in Florenz in Baccios Bottega über philosophische Fragen diskutiert. Außer ihnen nahmen noch Bramantes Lieblingsschüler Bramantino, Lorenzo Lotto, Gian Antonio Sodoma, Baldassare Peruzzi und Bernardino Pinturicchio an diesen Abendessen teil, die Michelangelo mied, als könnte er sich an Bramantes Rosenwasser mit Cholera infizieren.
    »Bei Seiner Heiligkeit hast du heute keine Audienz?«, fragte Gian Antonio sarkastisch, aber er erwartete keine Antwort. »Kommst du nachher nochmal?«
    »Nein, wahrscheinlich nicht«, winkte ich ab.
    Gian Antonio schüttelte resigniert den Kopf. »Und wann willst du dein Fresko malen, Raffaello?«

    » Deo gratias! Herzog Francesco kommt nach Rom«, seufzte Monsignor de Grassis, als ich wenig später sein Arbeitszimmer betrat. Er reichte mir das Schreiben mit dem Siegel des Herzogs von Urbino, noch bevor ich vor seinem Schreibtisch Platz nehmen konnte.
    »Wann?«, fragte ich, während ich im Stehen Francescos Brief an seinen Onkel überflog.
    »Morgen«, erschreckte mich de Grassis.
    »Verdammt! So schnell?« Es war noch so viel zu organisieren! So viel zu tun!
    Ich verabschiedete mich von Paris de Grassis, um Papst Julius zu besuchen. De Grassis’ Sekretäre sahen nicht einmal auf, als ich durch das Vorzimmer eilte.
    Wie oft war ich in den

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