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Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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lächelte zufrieden. Das war der Preis, den er Gianni geboten hatte. Also musste er nicht mehr zahlen als das, was er mir bereits auf mein Konto überwiesen hatte.
    Aber Michelangelo war noch nicht fertig. »Tausend Dukaten für die technische Ausführung, Signor Chigi. Die Sibyllen sind das Schönste, was ich je gesehen habe«, sagte er überschwänglich.
    Nein, Michelangelo!, dachte ich. Das Schönste hast du noch nicht gesehen: die beiden Porträts von Eleonora! Die Donna Velata – Eleonora in einem herrlichen weißen Kleid – und die Donna Nuda – Eleonora wie Gott sie erschaffen hat: schön und sinnlich. Und verliebt wie am ersten Tag!
    »Dieses Fresko ist ein Triumph des Eros«, fuhr Michelangelo fort. »Für jede Sibylle gebt Raffaello weitere zweihundert Dukaten, Signor Chigi.«
    »Das sind eintausendachthundert Dukaten, Maestro Michelangelo«, protestierte Agostino. »Das ist …«
    »… der Preis eines einzigartigen Freskos«, ergänzte Michelangelo seinen Satz und sah mich an.
    Agostino bemerkte unseren Blickwechsel. »Habt ihr das abgesprochen?«, fragte er misstrauisch.
    »Nein!«, sagten Michelangelo und ich gleichzeitig.
    Agostino seufzte. »Also gut, eintausendachthundert Dukaten für die vier Sibyllen. Ich bezahle lieber, bevor einer von euch Genies auf die Idee kommt, mir auch noch die Engel und Propheten in Rechnung zu stellen. Das würde mich ruinieren!«
    Ich lächelte ihn herausfordernd an – und glaubte ihm kein Wort. Agostino war alles andere als ärgerlich über den Preis, den er für das Fresko zu zahlen hatte. Ich wusste, dass er noch viel mehr gezahlt hätte …
    Agostino verabschiedete sich von uns und kehrte in die Banca Chigi in der Via dei Banchi zurück. Ich war sicher, dass das Geld schon heute Nachmittag meinem Konto gutgeschrieben war.
    Meine Schüler hatten ihre Pause im Kreuzgang beendet und kamen zurück ins Hauptschiff der Kirche, um den mittlerweile abtrocknenden Verputz der Cumaeischen Sibylle zu bemalen.
    Michelangelo sah Perino und Polidoro finster an und wandte sich zum Gehen, blieb aber im Portal der Kirche stehen. Er drehte sich zu mir um. »Wusstest du, dass Papst Sixtus, ein della Rovere, diese Kirche Santa Maria della Pace erbauen ließ, um Gott seinen Dank für die Beendigung des Krieges gegen Florenz und die Medici auszudrücken?«, fragte er.
    »Nein, das wusste ich nicht. Gibt es Neuigkeiten aus dem Krieg der della Rovere gegen die Medici?«
    »Niccolò Machiavelli hat mir geschrieben. Der Brief wurde mir heute früh in die Sixtina gebracht«, sagte er. »Du kannst ihn lesen, wenn du willst.«
    »Lass uns essen gehen, Michelangelo, in einer florentinischen Trattoria. Ich lade dich ein, denn du hast mich heute wieder ein bisschen reicher gemacht. Ich bin ebenso begierig nach Neuigkeiten von Niccolò wie hungrig auf ein Pollo alla Diavola. « Ich wandte mich an Giulio Romano, der mit Palette und Pinsel ungeduldig neben mir stand. »Giulio, mal du die Sibylle fertig! Ich komme heute Nachmittag nicht wieder.«
    Ohne Giulios Antwort abzuwarten, nahm ich mein Barett und verließ mit Michelangelo die Kirche Santa Maria della Pace. Wir gingen durch die Gassen des florentinischen Viertels, die Via dei Coronari entlang und setzten uns schließlich auf eine der Bänke der Trattoria Paradiso.
    Als wir zwei Becher Chianti vor uns stehen hatten, holte Michelangelo Niccolòs Brief aus der Tasche und reichte ihn mir.
    »Michelangelo mio «, las ich. »Gott steh uns bei! Vor wenigen Tagen fiel Prato! Die Nachricht von der Plünderung und Zerstörung der Stadt durch die Spanier schlug in Florenz ein wie eine von Leonardos Bombarden.
    Der spanische Condottiere Ramón de Cardona hatte die toskanischen Bauern wie Vieh von ihren Feldern getrieben, und sie flohen, nur mit ihren Sensen und Mistgabeln bewaffnet, nach Prato. Herzog Francesco von Urbino hatte sich geweigert, mit seinen Truppen in die Toskana einzudringen. Gott schütze ihn und seinen Ungehorsam! Der spanische Vizekönig hatte gegen den zornigen Giovanni de’ Medici keine Chance: Unter Androhung des Kirchenbanns rückte er gegen Prato vor – nicht gegen Florenz!
    Ich ergriff den winzigen Strohhalm, den man nicht einmal mit viel Fantasie als Chance bezeichnen könnte, und reiste mit einer Delegation ins Feldlager vor den Mauern von Prato, um mit Ramón de Cardona über die Bedingungen einer Kapitulation zu verhandeln. Doch der Vizekönig kam gar nicht zu Wort. Giovanni de’ Medici lehnte alle meine Vorschläge für

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