Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fürst der Maler

Der Fürst der Maler

Titel: Der Fürst der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
Vom Netzwerk:
nach. Er war entsetzt! Einen Augenblick dachte ich, er würde Francesco nachlaufen, doch dann blieb er. Mit geballten Fäusten stand er neben Fioretta und Felice.
    Papst Leo gab den Schweizer Gardisten den Befehl, den fliehenden Francesco laufen zu lassen. Damit schien für Giovanni die lästige Angelegenheit Urbino erledigt zu sein. Für mich war sie es nicht.
    »Du lässt ihn entkommen?«, fragte ich Giovanni.
    »Ich werde mich an mein Wort halten«, versprach er mir.
    »Francesco wird dir den Krieg erklären! Und er wird dich bis zum Ende bekämpfen.«
    »Dann kann ich ihn als feindlichen Feldherrn festnehmen, exkommunizieren und hinrichten lassen«, erklärte der Papst.
    »Das hättest du einfacher haben können, Giovanni! Im Mordprozess gegen Francesco hattest du dein Urteil doch schon gefällt …«
    »Du irrst, Raffaello. Ich hätte Francesco della Rovere wegen des Mordes an Kardinal Alidosi nicht zum Tode verurteilt. Denn Alidosi hat den Tod verdient. Er war ein Verräter an der Kirche, weil er sich mit den Franzosen verbündet hatte! Wenn Francesco della Rovere ihn nicht umgebracht hätte – ich hätte es getan.«
    »Dein Ehrenwort diente also nur dazu, Francesco aus Urbino wegzulocken? Und mit der Androhung des Mordprozesses hast du ihn in die Flucht geschlagen …«
    »Lies nach in Machiavellis Principe «, riet mir Giovanni mit seinem berüchtigten Sphinxlächeln. »Ich empfehle dir die Kapitel 17 und 18: ›Von der Grausamkeit und der Milde‹ und ›Inwieweit Fürsten ihr Wort halten müssen‹.«
    Felice war geschockt! Zitternd stand sie neben dem verwirrten und zornigen Taddeo und starrte auf das Portal, durch das Francesco geflüchtet war. Durch das sie selbst so gerne entflohen wäre! Zuerst die niederschmetternde Nachricht, dass ich, der Mann, den sie liebte, verheiratet war! Und gerade, als sie enttäuscht vor mir fliehen wollte, erfuhr sie, dass Urbino, der Herrschaftssitz ihrer Familie, der della Rovere, von den Medici erobert worden war. Ihr Cousin war nicht mehr Herzog von Urbino, und ihr Gemahl, Gian Giordano Orsini, der als Condottiere im Heer von Lorenzino de’ Medici diente, hatte bei der Eroberung von Urbino geholfen.
    Ich fragte mich, ob er dabei nur die Interessen des neuen Herzogs Lorenzino de’ Medici verfolgt hatte – oder seine eigenen! Gian Giordano Orsini hatte mehrmals versucht, die Macht in Urbino an sich zu reißen …
    »Urbino ist wieder ein Lehen der Kirche. Aber zu welchem Preis«, seufzte Giovanni.
    Der Bote fuhr auf sein Zeichen mit seinem Bericht fort: »Lorenzino de’ Medicis Kanonen haben Urbino schwer getroffen. Es gab Verluste auf beiden Seiten, besonders als der Palazzo Ducale gestürmt wurde. Seine Exzellenz, Herzog Lorenzino von Urbino, ist schwer verletzt worden, aber er lebt.
    Einer der Condottieri der Kirche ist beim Kampf um Urbino gefallen, Euer Heiligkeit. Er ging mit dem Dolch auf Herzog Lorenzino los, als dieser den Palazzo Ducale betreten wollte. Der Herzog hat ihn mit seinem Schwert gerichtet. Er bittet um Eure Vergebung: Es war Notwehr, Heiliger Vater.«
    »Wer war der Condottiere?«, fragte Giovanni leise.
    »Gian Giordano Orsini, der Conte da Bracciano!«

E s ist ein herrlicher Tag!
    Zwei Schwalben stürzen sich laut zwitschernd vor Lebensfreude vom Dach der Villa Chigi, schwingen sich hinauf in den opalfarbenen Himmel und lassen sich vom Wind tragen, der warm vom Meer herüberweht. Wohin fliegen sie? Nirgendwohin. Sie lassen sich fallen, um sich erneut hinaufzuschwingen. Aus purer Lust am Sein! Ich sehe ihnen nach, dann schließe ich für einen Moment die Augen.
    Ich spüre den Wind in meinen offenen Haaren, auf der Haut unter dem geöffneten Hemd. Er streichelt mich wie die Hand einer Geliebten. Lustvoll atme ich den süßen Hauch der Rosen und Lilien ein, den herben Duft des Wacholders und der Lorbeerbäume in Agostinos Garten. Es ist das Paradies auf Erden!
    Ich summe eines der Sonette, die ich vor Jahren für Felice schrieb und die ich ihr niemals geschickt habe: »Wie süß, dich zu umfangen mit Gedanken! Den Frieden sucht ich so, das Leiden fand ich: Es waren die schönsten Jahre meines Lebens …«
    Meine Gedanken fliegen durch die Zeit – wie vorhin die Schwalben. Sie kehren zum Anfang zurück:
    Am Anfang war das Wort. Das Wort ›Liebe‹. Es war eine Idee! Eine Vision! Denn keiner von uns wusste damals, am Beginn unserer Geschichte, was dieses Wort bedeutet, das so oft, von Kapitel zu Kapitel meines Lebens, den Sinn geändert

Weitere Kostenlose Bücher