Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe
packen.“
Widerstrebend ließen sie voneinander ab, doch ihre Blicke blieben ineinander verhakt.
„Jetzt!“, brauste Mica auf.
„Bei den Zitzen der Luna, treib es nicht zu weit, Vampir“, knurrte Juvenal ihm aus dem Mundwinkel zu und trat von Berenike zurück.
Hand in Hand gingen die beiden Mica voran auf die steile Stiege zu. Nachdem er die Kerze gelöscht und einige Weinflaschen an sich genommen hatte, folgte er ihnen nach oben. Dort hatte Sancho aus ihrem Gebrüll die richtigen Schlüsse gezogen und mit Packen begonnen. Die gestohlenen Kleidungsstücke lagen zu einem großen Bündel verschnürt auf dem Küchentisch, daneben ein Korb. Mica legte die Weinflasche zu dem Messerblock, den Sancho bereits hineingestellt hatte. Geschäftig durchwühlte der Omega die Schubladen nach weiteren nützlichen Dingen, die sie mitnehmen konnten. Durch die Fenster fiel das trübe Tageslicht eines verregneten Morgens. Dennoch reichte es aus, um Mica zu ermüden. Er holte das Samtsäckchen aus dem Vestibül und steckte es in seine Tasche. Als er zurückkehrte, standen Juvenal und Berenike noch immer Hand in Hand am selben Fleck und sahen zu, wie Sancho packte. Mica zog eines der Kleider aus dem Bündel und warf es Berenike zu.
„Nike, geh nach oben und zieh dir etwas Anständiges an.“ Als Juvenal ihr aus der Küche folgen wollte, hielt er ihn am Ärmel zurück. „Oh nein, du bleibst hier unten.“
Brummelnd verschränkte Juvenal die Arme und lehnte sich an die Küchenfront am Fenster. Sein Blick blieb auf den leeren Türrahmen gerichtet, durch den Berenike verschwunden war. Mica sank auf einen Küchenstuhl. Jetzt konnten sie nur noch warten, bis Grishan zurückkehrte. Sancho schob die Schubladen zu.
„Die Küchenmesser sind die einzigen brauchbaren Waffen im Haus, Herr.“
„Hm“, machte Juvenal.
„Es wäre hilfreich, wenn du in den nächsten Tagen deine Sinne beisammenhältst, Juvenal“, fühlte sich Mica zu einer Ermahnung veranlasst. „Berenike wird dir gewiss nicht davonlaufen.“
„Außerdem stehen uns weder Leber noch Milch zur Verfügung, Herr“, setzte Sancho hinzu. „Ihr könntet schnell sehr schwach werden.“
Eine verächtliche Grimasse war alles, was der Omega seinem Leitwolf entlockte. Als das Bimmeln von Glöckchen aus der Ferne zu hören war und immer näher kam, drehte er den Kopf zum Fenster. Sancho gesellte sich zu ihm.
„Na, wunderbar“, sagte Juvenal trocken. „Grishan ist unter die Zigeuner gegangen.“
Mica erhob sich und blickte über den kleinen Omega hinweg hinaus. Bis zu den Haselsträuchern stand die Lichtung unter Wasser, und dieses spritzte unter vier großen Rädern und den Hufen eines Haflingerpferdes auf. Mähne und Schweif des Tieres waren mit bunten Bändern geschmückt.
„Ich fasse es nicht!“, stieß Mica aus. „Er sollte eine Kutsche besorgen.“
„Was hast du erwartet?“, knurrte Juvenal. „Grishan mag aussehen wie ein Mann, doch in ihm steckt noch immer ein verspielter Junge. Der bunte Karren wird ihm gefallen haben mit all diesen Glöckchen und dem herausgeputzten Gaul.“
Bunt war es wahrhaftig. Das Leuchten der Farben wurde durch die Nässe verstärkt. Rote, blaue, grüne und gelbe Schnörkel verzierten das kastenförmige Gefährt. Das Pferd warf den Kopf zurück und stampfte, als Grishan die Zügel anzog und vom Bock sprang.
„Der Wallach ist unruhig“, meinte Sancho besorgt.
„Das war zu erwarten. Er wittert in Grishan das Raubtier. Der Junge kann froh sein, dass der Gaul nicht ausgebrochen ist.“
Mit Augen, die ebenso stark leuchteten wie sein Diebesgut, betrat Grishan die Küche.
„Du solltest eine Kutsche mit vier Pferden besorgen und keinen Jahrmarktkarren“, empfing Mica ihn.
„Auf dem Weg in die Stadt stach mir aber dieser Wagen ins Auge. Es schien mir leichter, ihn zu entwenden, anstatt in die Remise eines Edelmanns einzubrechen und in seinen Stall einzudringen. Der Besitzer lag im Vollrausch unter einem Busch. Es war einfach und ging auch viel schneller.“
Mica stand kurz davor, sich die Haare zu raufen. Seine Anweisungen waren klar gewesen. „In diesem Ding wird uns jede Schnecke überholen!“
Grishan winkte nachlässig ab. „Außerdem hat der Wagen noch einen Vorteil. Er riecht so stark nach Kräutern, dass es unsere Fährte verwischt. Die Asrai wird uns nicht wittern.“
„Sie muss uns nicht wittern. Es ist der Kristall, der sie anzieht.“
„Das ist doch nur eine Vermutung. Weshalb hat sie Gilian angegriffen? Er
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