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Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Titel: Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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musterte Mica den Werwolf, wobei ihm das Wasser im Mund zusammenlief. Manche mochten behaupten, das Oberhaupt der Garou sei über das beste Alter eines Kriegers hinaus, aber das waren Behauptungen neiderfüllter Lästermäuler. Juvenal war ein Appetithappen der ganz besonderen Art. Der Werwolf trug den schlaffen, von Erde beschmutzten Körper seines Omega zu der Scheune, in der sie vor einigen Nächten untergekommen waren. Trotzdem der Leichnam schwer sein musste, hielt Juvenal sich gerade und atmete gleichmäßig. Seine Miene war streng und nüchtern, so wie Mica sie kannte, seitdem er Juvenal das erste Mal gegenübergestanden hatte. Diese erste Begegnung lag lange zurück. Geprägt von Argwohn war sie gewesen. Natürlich hatte Juvenal damals jünger ausgesehen bei seinem ersten Abstecher nach Paris.
    Aus der Auvergne war er in die Stadt gekommen. Ein junger Alphawolf ohne Gefährtin und Kinder. Bereits zu jener Zeit war er besonnen und wachsam gewesen. Diese Ruhe hatte er beibehalten, während sich die Kerben tiefer in sein Gesicht gegraben hatten. Seine Gesichtszüge waren mit den Jahren härter geworden, hatten scharfe Kanten erhalten. Ein Strahlenkranz aus Fältchen lag nun um seine Augen, doch er war noch immer überaus anziehend, vielleicht sogar weitaus anziehender als in seiner Jugend. Für Mica zumindest, der von seinem Blut getrunken hatte, war Juvenal eine große Versuchung. Allerdings konnte er ihr nicht nachgeben, ohne zu riskieren, dass Berenike ihm beim kleinsten Schritt in diese Richtung die Fangzähne herausriss. Sie würde ihren geliebten Werwolf bis zum eigenen Erlöschen verteidigen.
    Obwohl der Geruch von Farn nur schwach von ihr aufstieg und sie sich noch nicht seine Gefährtin nennen konnte, war ihr alles zuzutrauen. Mica erlaubte sich keine Illusionen über seine Schwester. Berenike mochte wie eine verliebte junge Maid wirken, aber sie blieb die Tochter ihrer Mutter und ein Abkömmling der Mechalath. Was sie an Stärke verloren hatte, hatte sie an Tücke hinzugewonnen. Ohne Zweifel konnte sie in gewissen Situationen gefährlich werden. All die verbliebenen Sinne einer Lamia waren auf Juvenal gerichtet. Unentwegt bezirzte und umhegte sie ihn. So sehr, dass sie alles andere darüber vergaß. Nachdem die Asrai gebannt war, wartete eine weitere ebenso schwere Aufgabe auf ihn, aber diese hatte zu warten. Wegen eines toten Omega.
    Viel zu viel Zeit war bereits vergeudet worden. Zunächst der Diebstahl frischer Kleidung für ihn und Juvenal. Dann der Umweg zu einem verlassenen Waldstück, wo sie den Toten ausgegraben hatten. Schließlich diese zäh fließende Prozedur aus gemessenen Schritten in die Scheune hinein, in der Juvenal und Berenike unerträglich lang verweilten. So viel Zeit konnte wohl kaum nötig sein, um sich von einem Leichnam zu verabschieden. Der Rudelwolf war alt gewesen. Sehr alt. Er wäre ohnehin innerhalb der kommenden Monate gestorben. Mica knirschte mit den Zähnen. Es war eine idiotische Idee, die gesamte Scheune in Flammen aufgehen zu lassen. Der Lichtschein würde weithin zu sehen sein und jeden Bauern in der Umgebung alarmieren. Aber Berenike hatte auf dieses gewaltige Feuerfinal bestanden, in dem Sancho zu Asche werden sollte, und es war ein viel zu großer Kraftaufwand, sie vom Gegenteil zu überzeugen.
    Endlich traten die beiden aus dem Scheunentor, das Grishan hinter ihnen zudrückte. Das Funkeln in den schwarzen Mandelaugen warnte Mica vor einem Patzer. Sancho musste erhalten, was er verdiente. Dicke Rauchwolken sollten seiner Seele den Weg zu Luna ebnen. Juvenal und Berenike gesellten sich an seine rechte Seite. Grishan an seine linke. In der Nacht war die Scheune ein abweisender Kasten auf freiem Feld. Aus einer Lücke im Holz huschten einige Feldmäuse, als ahnten sie das Kommende voraus. Berenike stimmte ein Lied an, einen tragischen Klagegesang, der klar und rein zu den Sternen aufstieg. Nach wenigen Tönen flossen Grishans Augen über. Im Gegensatz dazu blieben Juvenals Augen trocken. Seine Kiefermuskeln zuckten, so fest biss er die Zähne aufeinander. Als die zweite Strophe anhob, legte er den Kopf in den Nacken und stimmte in das Klagelied ein. Der süße Gesang einer Lamia vermengte sich mit dem dunklen, gedehnten Heulen eines Alphawolfes. Seltsamerweise war die Kombination ihrer Stimmen von einer Tragik, die sogar Mica anrührte. Er richtete den Blick auf die Scheune. An seinem Willen sollten sich das Holz und Heu entzünden.
    Sancho erhielt das, was

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