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Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Titel: Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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verwischte die Konturen der Möbel. Schimmelgeruch erfüllte das Haus. Ein modriger, aus den Wänden dringender Odem, unter dem sich die Seidentapisserien wellten. Alarmiert sah Berenike sich um. Auf dem Spiegel an der Treppe perlten Tautropfen. Sie berührte das Glas mit den Fingerspitzen, als Mrs. Lamb sich aus dem Salon meldete.
    „Miss Hunter, erweist mir doch die Ehre Eurer Gesellschaft.“
    Auch das noch. Die Greisin würde sie mit Vorwürfen überhäufen, weil sie den Ball verlassen und die ganze Nacht fortgeblieben war. Sie hatte eine Vorliebe für Vorträge über sittsames Betragen. Andererseits konnte sie einer letzten Begegnung ohnehin nicht ausweichen. Es sei denn, sie wollte die verarmte Frau um ihre Miete prellen. Mit einem Blick zum Türspalt zogBerenike die verbliebenen Haarnadeln aus dem Haar, glättete es mit den Fingern und trat in den Salon. Unter ihren Absätzen schmatzte Wasser und drang durch die dünne Seide ihrer Schuhe.
    Was zur Hölle …?
    Eine Flutwelle schien über den Salon und Mrs. Lamb hereingebrochen zu sein. Die Trockensträuße trieften. Von den Klöppelarbeiten fielen Tropfen und bildeten Lachen auf dem Parkett. Die Möbel standen wild verstreut herum und inmitten des Chaos saß die Hausherrin in einem feuchten Sessel. Zu ihren Füßen war eine große Pfütze. Sie trug noch ihre grellviolette Ballrobe, doch auch diese klebte nass an ihrem mageren Leib. Statt einer Perücke fiel ihr Haar in dünnen, weißen Strähnen über den Rücken. Gänsehaut bildete sich auf Berenikes Armen.
    „Geht es Euch … gut?“, erkundigte sie sich.
    „Tatsächlich könnte es mir besser gehen“, kam es über die faltigen, schmalen Lippen. „Tage und Nächte habe ich dich beobachtet. Letztendlich hat mir diese Geduld nichts eingebracht. Ich werde nicht schlau aus dir. Es könnte daran liegen, dass ich vieles vergessen habe und die Fähigkeit zur Täuschung unterschätzte, die den Lamia in die Wiege gelegt wird.“
    Die Worte versetzten Berenike einen geradezu körperlichen Stoß vor die Brust. Woher wusste eine Sterbliche etwas über die Lamia? Mica hatte Jahrhunderte damit zugebracht, die Existenz des alten Volkes vor den Herden zu verschleiern, bis es zu einer Legende geworden war. Wässrige Augen taxierten sie.
    „Ja, ich weiß einiges über dich. Wer du bist und was dich nach London führte. Das Tageslicht hat keine Wirkung auf dich, und nachts durchstreifst du mein Haus. Was hast du geglaubt, hier zu finden?“ Mrs. Lamb faltete die Hände. „Ich hegte große Hoffnung, dass du mich zu meinem Schatz führst. Unsinnig war das. Es bleibt im Dunkeln, wer den Diebstahl beging. Der Vampir, einer dieser Werwölfe oder vielleicht sogar du. Fest steht, dass wir alle dasselbe suchen.“
    So verwirrend diese kleine Rede war, Berenike wurde eines klar. Die Frau wusste zu viel über die Geschöpfe der Nacht. War sie eine Hexe, so wie Aurora?
    „Wer seid Ihr?“
    „Ich stelle die Fragen, Lamia. Wo ist mein Kristall?“
    Berenike ging weiter in den Salon hinein. In dem Sessel saß keine Sterbliche. Wer immer sie war, sie benutzte die Hülle einer Blutquelle, aber die alte Frau, die in diesem Körper gealtert war, gab es nicht mehr.
    „Ich weiß nichts von einem Kristall.“
    „Und das soll ich dir glauben?“
    Ein Lächeln weitete den faltigen Mund, zeigte blutleeres Zahnfleisch und eine bleiche Zunge. Das Holzgebiss fehlte. Aus der Pfütze lösten sich schmale Rinnsale. Ein Netz aus Wasser floss auf Berenike zu und teilte sich, als wollte es sie einkreisen. Lediglich ein leichtes Prickeln setzte unter ihrer Zunge ein. Dieses Wesen hatte einen gebrechlichen Körper gewählt und war zu schwach, um einer Lamia gefährlich werden zu können.
    „Die Lügen der Lamia sind an mich verschwendet“, sagte das Mrs. Lamb-Ding. „Es ist kein Zufall, dass sich ein Vampir nach London verirrt und ein Werwolf aus der Fremde eingetroffen ist. Der Spiegel der Sonne verlockt euch, und dich führte er in mein Haus. Mein Schatz war nie für einen von euch bestimmt. Wenn du verschweigst, wo er ist, werde ich euch töten. Einen nach dem anderen, bis ich ihn gefunden habe.“
    Auf dem Büffetschrank stand eine schwere Vase. Mit einem Satz zur Seite konnte Berenike das Gefäß packen und dieses ihr unbekannte Geschöpf niederschlagen. Noch wartete sie. Sie wollte mehr erfahren. Die Erwähnung eines Kristalls ließ etwas in ihr anschlagen. Eine vage Erinnerung an eine vergessene Mär.
    „Der Spiegel der Sonne?“
    „Der

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