Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe

Titel: Der Fürst der Wölfe - Wegner, L: Fürst der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
Vom Netzwerk:
Alphawolf, der halb entblößt am Boden hockte und vor Zorn schier überkochen wollte. Dazu noch, wenn er eine Erektion zu verbergen suchte, deren Größe alle Blicke auf sich lenkte. Im Aufstehen gab Juvenal seinen Versuch auf und ließ die Hände sinken. Seine Miene war undurchdringlich. Er schien auf einen Kommentar zu warten, der es ihm erlaubte, seine Aggression auf einen Unbeteiligten zu richten. Da sich alle in Schweigen hüllten, zog er die Hose höher. Anstelle der Knöpfe waren einzig Fäden geblieben, sodass er sie zuhalten musste. Als er aus den Augenwinkeln zu Berenike sah, glommen gelbe Stromlinien in seinen Augen auf. Sie bemerkte es und reckte das Kinn vor.
    „Liederliches Schwein!“, fauchte sie.
    „Genug, Nike!“, schaltete Mica sich ein.
    Ehe die Auseinandersetzung weitergeführt werden konnte, ging er auf sie zu, packte ihre Schultern und zog sie auf die Füße. Wenig sanft schob er ihre flatternden Hände beiseite, strich ihr Haar zurück und betrachtete sie. Ihre Honighaut wirkte fahl. Panik hatte sich im Braun ihrer Mandelaugen festgesetzt und verflog nur langsam. Er entdeckte noch mehr. Gewissensbisse. Scham.
    „Was hast du angestellt?“
    „Das fragst du mich? Dieser Werwolf ist eine Ausgeburt der Hölle. Ihn solltest du fragen!“
    Widerborstig wie vom ersten Tag an, da er seine Schwester kennengelernt hatte. Nur wenige Monate lag es zurück. Schon in Rom hatte sie immer wieder Grenzen überschritten und ihn provoziert. „Du solltest mit Vorwürfen gegen andere sparsam umgehen, Nike.“
    Farbe kehrte in ihr Gesicht zurück. Ein dunkles Rot, das hinab zu ihrem Hals floss. Scheinbar wollte sie mit ihm den Kampf fortsetzen, obwohl offensichtlich war, dass sie einen Großteil ihrer Kräfte im Kokon der Larvae eingebüßt hatte. Sonst würde Juvenal nicht krampfhaft seine Hose auf den Hüften halten, sondern verendet am Boden liegen. Anklagend wies sie auf ihn.
    „Dieser Mistkerl hat mich niedergeschlagen, verschleppt, in eine Zelle gesperrt und gefesselt“, zählte sie auf. „Folterqualen musste ich erdulden. Deine Rügen kannst du dir also sparen!“
    Juvenal sah nicht so aus, als wäre er besser davongekommen. Wer in diesem Keller wen gefoltert hatte, blieb offen. Angesichts ihrer hitzigen Anklagen zuckte ein Muskel in der Wange des Werwolfs. Ingrimm meißelte harsche Kanten in seine Gesichtszüge.
    „Doppelt und tausendfach verdammt soll er sein!“, feuerte sie auf ihn ab.
    Juvenal biss die Zähne so hart zusammen, dass die Wangenmuskeln hervortraten. „Wir müssen reden, Mica“, sagte er.
    „Wir werden reden. Sobald Berenike versorgt ist. Sie braucht ein Bad, frische Kleidung und etwas zu essen.“
    „In diesem Haus gibt es keine Blutquelle für sie“, sagte Juvenal gereizt.
    „Einige Äpfel reichen fürs Erste. Nicht wahr, Nike?“
    Mit verkniffener Miene brachte sie ein Nicken zustande. Ein letztes Mal maß Juvenal sie von oben bis unten ab, dann ging er die Treppe hinauf, dicht gefolgt von der Wölfin, Sancho und Grishan.
    „Ich verabscheue ihn aus tiefstem Herzen“, zischte Berenike leise.
    Mica hob eine Braue. Das Talent, jedermann binnen kürzester Zeit gegen sich aufzubringen, schien eine der wenigen Gaben, die Berenike geblieben waren. Sogar die hohe Kunst der Lüge hatte sie verloren. Etliche aufgewühlte und widersprüchliche Emotionen hatte er erspürt. Aber keine gründete auf Abscheu.

    Manchmal konnte auch ein erfahrener Krieger innerhalb kürzester Zeit den Überblick verlieren. Juvenal war diese Art der Bedrängnis gut vertraut. Er wusste, wann er umzingelt war. Melody stand dicht in seinem Rücken und umklammerte die Rückenlehne seines Stuhls. Mica saß ihm gegenüber und hatte die Beine in den schmutzigen Stiefeln weit von sich gestreckt. Grishan hockte auf einem Teppich vor dem Kamin. Und das Kanapee war von Berenike in Beschlag genommen, während Sancho mit einem Obstteller um sie herumwuselte. Sein treuester Gefolgsmann wurde gerade zum Verräter. Mit einer Verneigung präsentierte er einer Lamia in appetitlicher Sternform ausgelegte Apfelschnitze, die er sogar in gebranntem Zucker geschwenkt hatte. Eindeutig war Sancho ein wenig kirre geworden und näherte sich einem Zustand tiefster Bewunderung für ein Geschöpf, dessen Exotik ihn bezirzte.
    Juvenal rieb über seine Nasenwurzel und versuchte, ruhig zu bleiben. Ungeachtet seiner ungehaltenen Musterung widmete sich Berenike ihrer für eine Lamia ungewöhnlichen Mahlzeit. Das altrosa Kleid, das

Weitere Kostenlose Bücher