Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
Vom Netzwerk:
blickte hinüber zur Stadt, über der sich schwarze Rauchwolken ballten. »Wahrscheinlich geraten Sie mitten in den Sog des Feuers. Keine Ahnung, was dann passiert. Vielleicht entzündet sich der Wasserstoff, vielleicht stürzen Sie auch nur so ab. Aber eines versichere ich Ihnen: Sollten Sie überleben, wird Herr Lewald ein ganzes Bataillon Advokaten auf Ihre Fährte hetzen.«
    »Sie haben es offenbar immer noch nicht begriffen, wie?« schnaubte Heine.
    »Wir werden nicht ins Feuer fliegen«, erklärte Tobias mit fester Stimme. »Sie haben uns noch nicht die Bedienung des Herzstücks dieser Wundermaschine erklärt. Die Dampfmaschine mit der Windschraube.«
    »Dafür braucht man einen Spezialisten«, knurrte Groth. »Die rühren Sie besser nicht an. Die einzigen, die hier im Gebrauch mit einer Dampfmaschine unterwiesen sind, sind Herr Lewald und ich. Leider habe ich mich vor einer Stunde am Ofen unserer Wasserstoffanlage so schwer verbrüht, dass Sie bei diesem wahnwitzigen Unternehmen auf mich verzichten müssen.«
    »Dat mookt nix«, erklärte Bordiert gleichmütig. »Mien Bruder is Heizer op dem Dampfschoner Helgoland. Er hett mi möl mitnommen. Ik weeß also, wie dat geiht. Deswegen wohl ook die Wasserbüdel. De sünn nich nur as Ballast, sondern ook for de Dampfkessel bestimmt, hebb ik recht?«
    Groth starrte den dicken Konstabler verblüfft an.
    »Ich dachte, Ihr Bruder sei Wagner?« fragte Tobias verdutzt.
    »Jo, mien ältesten Bruder. Aber Hinnerk is Heizer.«
    »Lassen Sie uns keine weitere Zeit verlieren«, meinte Heine und schwang sich unter Groths missbilligendem Blick in den Korb. Tobias und Borchert, für den eine Strickleiter besorgt werden musste, folgten ihm, und der Konstabler warf sogleich einen Blick auf den Dampfkessel.
    »Ah, es ist bereits angeheizt«, erklärte er zufrieden.
    »Ja, natürlich«, stammelte der Hausverwalter. »Herr Lewald wollte doch gleich kommen …«
    Ihm war anzusehen, dass er immer noch nicht recht glauben konnte, was unter seinen Augen geschah.
    »Sie … Sie wollen wirklich aufsteigen?«
    »Ja, verdammt!« schrie Tobias.
    »Dann … dann seien Sie um Himmels willen vorsichtig«, flehte Groth. »Auf keinen Fall darf ein Funke nach oben gelangen, verstanden? Über Ihnen befinden sich über eintausendachthundert Kubikmeter Wasserstoff. Nur ein Funke, und der Ballon explodiert, und Sie alle werden sich wünschen, lieber einen Abstecher durch die Hölle gemacht zu haben. Das gleiche kann passieren, wenn Sie dem Feuer in der Stadt zu nahe kommen.«
    Heine und Tobias betrachteten zweifelnd den mächtigen Ballon über ihnen. Darunter war eine breite Lederhaut gespannt, um den Seidenstoff von der Dampfmaschine abzuschirmen.
    »Mooken Sie sick man keene Sorgen«, schnaufte Bordiert. »Ik werde vorsichtig sein. Oh, wat is dat denn?« Er präsentierte eine Sektflasche, die sich in einer Tasche neben ihm an der Korbwand befunden hatte.
    »Ein 39iger Dom Ruinart«, näselte der Hausverwalter. »Der Lieblingschampagner von Herrn Lewald.«
    »Jo nu, nötigenfalls lösch ik dormit«, brummte der Konstabler.
    Heine und Tobias warfen sich skeptische Blicke zu.
    Groth wandte sich ohne ein weiteres Wort von der Gondel ab und veranlasste, dass die Zufuhr zum Wasserstoffgenerator, die Stahltrosse der Dampfwinde und die Leinen gekappt wurden. Die Kolben der Dampfmaschine stampften inzwischen in gleichmäßigem Takt, was Borchert mit einem leisen Freudenschrei kommentierte. »Menschenskinner, wenn mi Jan nu sehen könnt.«
    Kurz darauf stieg der Fesselballon auf.
    »Sie müssen Ballast abwerfen!« rief ihnen der Hausverwalter zu. Heine und Tobias griffen nach bereitliegenden Messern, säbelten an den Verschnürungen der Wassersäcke und sahen mit an, wie diese in die Tiefe sausten.
    Borchert legte, nachdem er die Konstruktion mit der Windschraube eine Weile beäugt hatte, einen Hebel um, und schwirrend sprang der große Propeller an. Er grunzte zufrieden und richtete ihn nach Norden aus. Langsam drehte sich der Korb.
    Inzwischen hatten sie eine Höhe von etwa sechs Metern erreicht, nicht hoch genug für den Stadtwall, auf den sie unerbittlich zutrieben. Dennoch konnte Tobias das rauchgeschwängerte Dächermeer der Stadt bereits erkennen.
    »Ist aus der Maschine nicht mehr herauszuholen?« rief er Borchert zu und starrte gemeinsam mit Heine über den Korbrand. »Wir müssen weiter nach Norden.«
    Sie befanden sich jetzt fast auf Höhe des Wegs, den sie vorhin entlanggefahren waren. Unter ihnen

Weitere Kostenlose Bücher