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Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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auf rotem Grund. Der Mann wirkte übernächtigt.
    Kettenburg lüpfte müde seinen Zweispitz, schlug die Hacken zusammen und verneigte sich steif. »Gnädiges Fräulein. Herr Lewald. Monsieur.« Hannchen nahm ihm den Hut ab.
    Etwas an dem wachen Blick des Beamten verunsicherte Tobias. Er las berufliches Misstrauen darin, aber auch noch etwas anderes, das ihn in tiefster Seele aufwühlte. Doch er hätte nicht zu sagen vermocht, was es war.
    »Ich bedaure die Verspätung, aber leider wird meine Aufmerksamkeit derzeit von einem anderen Fall über Gebühr in Anspruch genommen.«
    »Wir sind froh, dass Sie überhaupt Zeit gefunden haben. Setzen Sie sich, mein Bester!« Lewald erhob sich, zog einen Stuhl heran und gab Jakob ein Zeichen, er könne aufstehen und spielen gehen. Sogleich lief der Kleine zurück zu seinem Steckenpferd und verschwand damit im Nebenzimmer. Caroline füllte dem Polizisten einen Teller, den dieser dankbar entgegennahm.
    »Also, kommen wir gleich zur Sache«, fuhr der Polizeiaktuar fort. »Die Nachricht, die Sie, Herr Lewald, mir haben zukommen lassen, besagte, dass Ihre Tochter gestern Abend Opfer eines Überfalls geworden ist.«
    »Das ist richtig!« entrüstete sich Caroline. »Nach dem Theater!«
    »Und wo fand der Überfall statt?«
    »Auf dem Heimweg. Dieser Rohling hat die Kutsche angehalten, in der meine Freundin Amanda und ich saßen.«
    »Sie meinen Amanda Odermann, die junge Gründerin dieses Tierschutzvereins, richtig?«
    Caroline nickte. »Erst schlug er Krischaan nieder, unseren Kutscher, dann griff er uns an. Wenn uns der junge Herr nicht zu Hilfe geeilt wäre …« Sie deutete auf die Blessuren in ihrem Gesicht und schüttelte sich in einem neuerlichen Hustenanfall.
    Ihr Vater klopfte ihr besorgt auf den Rücken, und Tobias beschloss, bei nächster Gelegenheit herauszufinden, was es mit diesem Husten auf sich hatte.
    »Nun«, antwortete Kettenburg, »vielleicht muss ich meine Frage spezifizieren. Wo genau hat der Überfall stattgefunden? Und warum haben Sie nicht sogleich bei einer Wache Meldung erstattet?«
    Caroline blickte hilfesuchend zu Tobias herüber. »Wir waren ganz verwirrt – und außerdem verletzt. Deswegen.«
    »Natürlich. Und wo sind Sie überfallen worden?«
    »In, äh, in der Fuhlentwiete.«
    »Ach! In der Fuhlentwiete?« Kettenburg sah überrascht von seinem Essen auf. »Das verstehe ich nicht. Von der Dammtorstraße, über den Gänsemarkt bis hier zu Ihnen in die ABC-Straße ist es doch nicht weit. Warum haben Sie einen solchen Umweg gewählt?«
    Das Stadthaus der Ewalds lag in der ABC-Straße? Tobias riss erstaunt die Augen auf und antwortete für Caroline, als er ihren hilflosen Blick auffing. »Ich vermute doch sehr, die Mamselln wollten zunächst Amanda Odermann nach Hause bringen.«
    »Richtig!« antwortete Caroline erleichtert.
    »So so.« Misstrauisch beäugte der Polizeiaktuar Tobias. »Und Sie sind jener junge Mann, der den beiden Damen zu Hilfe eilte?«
    Er nickte.
    »Darf ich fragen, wie Sie heißen und welche Geschäfte Sie bewogen haben, zu dieser späten Stunde noch unterwegs zu sein?«
    »Leider erhielt ich von dem Kutscher der Lewalds einen Schlag auf den Kopf. Seitdem ist meine Erinnerung wie ausgelöscht. Darum kann ich Ihnen auf all das keine Antwort geben. Weder weiß ich, wo ich wohne, noch, wer ich bin. Amnesie, wenn Sie verstehen?«
    »Natürlich. Sie glauben nicht, wie oft ich in meinem Beruf damit konfrontiert werde.« Der Polizeiaktuar sah ihn spöttisch an. »Sie sollten dringend einen Arzt zu Rate ziehen. Und mit Sicherheit wird es aufschlussreich sein, auch Mamsell Odermann zu der Angelegenheit zu vernehmen. Wer weiß, vielleicht hat ja ein Anwohner der Fuhlentwiete etwas von dem Kampf bemerkt. Darf ich fragen, zu welchem Zeitpunkt der Überfall genau stattgefunden hat?«
    »Oh, ich habe leider nicht auf die Uhr gesehen. Ich war ja damit beschäftigt, meiner Freundin zu helfen«, erwiderte Caroline leicht gereizt.
    »Entnehme ich dem Unterton Ihrer Frage«, mischte sich Lewald verwundert ein, »dass Sie an dem Bericht meiner Tochter Zweifel hegen?«
    »Mitnichten!« wiegelte der Polizeiaktuar ab. »Verzeihen Sie, wenn ich diesen Eindruck erweckt habe. Aber mein Beruf erfordert es nun einmal, auch unbedeutende Mosaiksteine zu einem großen Ganzen zusammenzufügen. Derzeit ermittle ich in einer heiklen Mordserie. Da muss ich jeder sachdienlichen Einzelheit nachgehen.«
    »Eine Mordserie? Hier in Hamburg?« Caroline schlug aufgeregt die

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