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Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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Kanal lag? Dort, wo ich dem Kahlköpfigen zum ersten Mal begegnet bin?«
    Caroline schaute ihn überrascht an.
    »Ich erinnere mich jetzt, dass vor dem Gebäude zwei große Anker lagen.«
    Seine Begleiterin legte für einen Augenblick die Stirn in Falten und musterte ihn prüfend. »Auf Ihre Geschichte bin ich wirklich gespannt, Herr Tobias.« Bevor er antworten konnte, klopfte sie gegen das kleine Fenster zum Fahrerstand. »Krischaan, fahr uns mal zum Herrengraben. Dort, wo das Admiralitätszeughaus liegt.«

 

Winkeljungen
     
    Hamburg 1842, 2. Mai,
    29 Minuten nach 11 Uhr am Morgen
     
    S ie ist weg. Das verstehe ich nicht.« Unglücklich stand Tobias am Rand des Kanals beim Herrengraben und schirmte die Augen vor der Sonne ab, während er seine Blicke unauffällig über die glitzernden Fluten schweifen ließ, die träge auf den Hafen zuflossen. Das Wasser stank erbärmlich. Kristian hatte sie zu einer schmalen Uferstraße gebracht, die der Länge nach von schiefstehenden Holzbauten gesäumt wurde, darunter auffallend viele Stallungen sowie eine Reihe von Kleiderkellern, vor denen Händler ihre Ware anboten.
    Vielleicht suchte er an der falschen Stelle? Doch dem Fleet schräg gegenüber erhob sich ein stattliches Fachwerkgebäude mit kupfernen Dachpfannen, das zur Uferseite hin von einer Grünfläche mit englischem Rasen geziert wurde. Auf steinernen Sockeln thronten dort zwei schwere Eisenanker. Unzweifelhaft war also das Admiralitätszeughaus jenes Gebäude, das er gestern Nacht von dieser Uferseite aus gesehen hatte. Sogar die Holzbrücke weiter unten am Kanal war zu erkennen. Den Aussagen Carolines zufolge handelte es sich dabei um die Schaarthorbrücke.
    Tobias hatte das Ufer bereits auf einer Breite von fast sechzig Schritten abgesucht. Doch von der Zeitmaschine war nicht die geringste Spur zu entdecken gewesen.
    »Wenn Sie mir verraten, was Sie eigentlich suchen, kann ich Ihnen vielleicht helfen«, schlug Caroline geduldig vor.
    Die ganze Zeit über hatte sie ihn auf seiner Suche begleitet. So verspielt, wie sie ihren aufgespannten Sonnenschirm drehte, musste es für einen zufälligen Beobachter so aussehen, als unternähmen sie lediglich einen Spaziergang. Er wartete ab, bis ein neugierig zu ihnen herüberblickender Ewerführer mit seiner flachbodigen Schute an ihnen vorbeigefahren war. Der Lastkahn war mit Fässern beladen und wurde von dem Schiffer mit einem langen Peekhaken angetrieben, den er bis auf den Grund des Kanals stakte, um das Boot voranzutreiben.
    »Es … handelt sich um eine Maschine. Am besten, Sie stellen sich einen großen Schlitten vor, hinter dem sich ein runder Metallschirm aufspannt. Es ist unmöglich, diese Apparatur zu übersehen.«
    »Vielleicht ist Ihre Maschine von der Strömung in Richtung des Hafens abgetrieben worden.«
    Tobias schüttelte den Kopf. »Dazu ist sie zu schwer. Als ich sie gestern zurückließ, ragte sie halb aus dem Wasser. Sie muss hier irgendwo sein.«
    »Wenn sej mi een Bemerkung erlauben, womöglich is sej in Modder insunken«, war hinter ihnen plötzlich Kristians dunkle Stimme zu vernehmen. »Denn weern Se de Fleetenkiekers irgendwann Finnen.«
    Ohne dass Tobias es bemerkt hatte, war der Kutscher zu ihnen ans Ufer getreten. Er kaute wieder an einem Stück Kautabak und baute sich wie zufällig hinter Caroline auf. Er meinte es offenbar ernst, auf die Tochter seines Herrn Acht geben zu wollen. Diese hingegen quittierte seine Anwesenheit mit einem überraschten Augenaufschlag.
    »Hast du etwa gelauscht, Krischaan?«
    »Entschuldigung, Mamsell. Ik wollt nur helfen. De jung Musjö im ik hebben allns furhin een open Woort mitnanner wesselt. Is doch so, oda?«
    Tobias nickte ergeben. Er hatte keine Lust, sich ein weiteres Mal mit dem Kutscher zu streiten. Vielleicht war an dem Gedanken sogar etwas Wahres? Nach seiner Erinnerung wurden mit ›Fleetenkieker‹ die Stadtbeamten bezeichnet, die die Kanäle von Unrat befreiten. In diesem Fall konnte er nur darauf hoffen, ihnen zuvorzukommen. Müde ließ er sich auf einem Holzpfahl der Uferbegrenzung nieder. »Sollte die Maschine tatsächlich versunken sein, stehe ich vor großen Schwierigkeiten.«
    »Nun sagen Sie schon, Herr Tobias: Was hat es mit alledem auf sich?« Caroline drehte auf reizende Weise den Sonnenschirm über ihrem Kopf. »Es muss doch einen Grund dafür geben, warum Sie um all das ein solches Geheimnis machen. Was ist das für ein Apparat?«
    »Es handelt sich um eine neuartige Erfindung«,

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