Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
Vom Netzwerk:
greifen. Fast schien es Tobias so, als lächele ihm der Fremde unter der Maske zu. An der überlegenen Art und Weise, wie sein Gegner die Klinge zog, erkannte er, dass er es mit einem geübten Fechter zu tun hatte.
    Mit einem Florett gegen eine derartige Waffe anzutreten, würde nicht leicht werden. Ein Rapier war viel schwerer und härter als seine Waffe. Also durfte er sich keinen Fehler erlauben. Wie hatte es Gerresheimer, sein Fechtlehrer, erst vor kurzem formuliert?
    In früheren Zeiten brauchtest du keine fünf Treffer, um den Sieg davonzutragen, du brauchtest nur einen einzigen. Und dieser eine Treffer musste tödlich sein!
    Tobias brachte etwas Abstand zwischen sich und den Kamin. Zweimal schlug er die Klinge prüfend durch die Luft, dann nahm er eine leicht gegrätschte Kampfposition ein. Sein Gegner tat es ihm gleich, und einige Herzschläge lang belauerten sie sich.
    Da schnellte der Fremde nach vorn, und die gegnerische Klinge schoss wie ein Pfeil auf Tobias’ Herz zu. Prime. Er wehrte die ungestüm vorgetragene Attacke ab und ging seinerseits in die Offensive. Riposte. Er probierte es mit einem kombinierten Gegenangriff aus Finten, Stichen und Hieben, und es gelang ihm, den Unheimlichen einige Schritte in Richtung Tür zu treiben. Sein Gegner konterte mit eleganten Paraden und Ausweichmanövern und überrumpelte Tobias mit einer Serie wuchtiger Hiebe. Die gegnerische Klinge zuckte im Laternenlicht wie Blitze am Gewitterhimmel.
    Stich auf Stich wurde Tobias wieder zum Kamin zurückgedrängt. Eisern hielt er dagegen und fiel beinahe einer Finte des Fremden zum Opfer. Der scharfe Luftzug neben seinem Kopf machte ihm deutlich, dass dieser ihn fast erwischt hätte. Mit einer schnellen Drehbewegung verschaffte sich Tobias wieder Raum, während der andere unter der Maske ein gönnerhaftes Lachen ausstieß. Jetzt oder nie. Ohne jede Ankündigung setzte Tobias zu einem brachialen Laufangriff an, unterlief die Klingenwand seines überraschten Gegners und rammte diesem das Florett in die Schulter.
    Tobias fühlte, wie die Klinge durch Stoff und Fleisch schnitt, und taumelte bestürzt zurück. Das erste Mal in seinem Leben hatte er einen Kombattanten ernsthaft verletzt. Ungläubig starrte er das Blut auf der Klingenspitze an. Der Kapuzenträger wankte zurück und stieß unter der Vogelmaske einen wütenden Laut aus.
    Seine beiden Kumpane, die die ganze Zeit über neben der Tür gelauert hatten, zückten lange Messer und traten an seine Seite. Erneut hielt ihr Anführer sie zurück. Entweder war der Kapuzenträger außerordentlich dumm oder krankhaft stolz. Tobias vermutete letzteres.
    Oder verfolgte dieser Unheimliche noch einen ganz anderen Plan?
    Mit einer herrischen Geste gab er seinen beiden Kumpanen einen Wink. Der Kahlköpfige, den Tobias vorhin mit der Laterne niedergeschlagen hatte, stürzte zum Fenster und schloss es. Der andere wandte sich zu dem klobigen Koffer um. Was auch immer die drei planten, es durfte ihnen nicht gelingen.
    Tobias versuchte sich an einem neuerlichen Ausfall, doch diesmal war sein Gegner gewarnt. Der Kapuzenträger konterte mit einem energisch vorgetragenen Gegenangriff. Eine Weile waren nur das helle Klirren von Metall auf Metall und Tobias’ keuchender Atem zu hören.
    Plötzlich zischte es im Zimmer laut auf. Tobias sprang zur Seite und entdeckte, dass sich der Kahlköpfige in den Gang zurückgezogen hatte und ihn von dort aus diabolisch angrinste. Der Breitschultrige hatte inzwischen den großen Lederkoffer aufgeklappt und näherte sich Tobias mit lauernden Schritten. Aus drei eisernen Ventilen fauchte ein feiner, süßlicher Nebel in den Raum, der sich schnell im Zimmer ausbreitete. Chloroform. Endlich begriff er. Bei den verfluchten Vermummungen, hinter denen sich die Eindringlinge verbargen, handelte es sich um primitive Gasmasken. Er musste das Zimmer so schnell wie möglich verlassen.
    Dazu verdoppelte er seine Anstrengungen, doch jetzt drang der Kapuzenträger gemeinsam mit dem Breitschultrigen auf ihn ein. In der Rechten des Grobschlächtigen lag ein großes Fleischermesser. Mit einem überraschenden Ausfallschritt gelang es Tobias, dem Hünen die Waffe aus der Hand zu prellen, doch bevor er nachsetzen konnte, deckte ihn der Anführer des Trios mit einem neuerlichen Hagel aus Stößen, Finten und Hieben ein. Verzweifelt wehrte sich Tobias, doch mit jedem Atemzug füllten sich seine Lungen mehr mit dem lähmenden Gas. Ihm schwindelte. Erschöpft versuchte er, seine Gegner

Weitere Kostenlose Bücher