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Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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des Bankiers.
    Salomon Heine drehte sie um. »Hervorragend, junger Mann. Hervorragend. Seht doch!«
    Das Silber war leicht angelaufen, dennoch war deutlich zu erkennen, dass auf der Münze die Abbildung eines Kometen mit langem Schweif prangte. Darüber und darunter waren zwei lateinische Inschriften eingeprägt: Templum illustrium plenum aenigmatum und Nosce teipsum.
    »›Der Tempel der Erleuchteten steckt voller Rätsel‹«, übersetzte der Dichter. »Und darunter steht …«
    »›Erkenne dich selbst!‹«, kam ihm Tobias zuvor.
    Wieso nur stieß er immer wieder auf diese Inschrift?
    Der Bankier räusperte sich und legte die Münze gut sichtbar auf den Tisch. »Nu. Was soll uns das sagen?«
    »In der Inschrift ist von einem Tempel die Rede«, bemerkte Heinrich Heine. »Ist dies tatsächlich ein Hinweis auf den Smaragd, so wird damit vielleicht der Sitz der Loge ›Zum Flammenden Stern‹ gemeint sein. Die Frage ist: Wo trafen sich die Männer? Immerhin ist das bereits über fünfzig Jahre her.«
    »Oh, wenn’s das nur ist, Harry«, brummte der Bankier. »Frag mich einfach. Das Haus befindet sich nahe dem neuen Bahnhof. Hat bis vor ein paar Jahren einem Kaufmann aus dem Kirchspiel St. Jacobi gehört. Soweit ich weiß, steht’s leer.«
    Heinrich Heine musterte Tobias eine Weile. »Mein junger Freund, was halten Sie davon, wenn wir diesem Gebäude einen Besuch abstatten?«

 

Das Rätsel des Baumeisters
     
    Hamburg 1842, 4. Mai,
    6 Minuten nach 4 Uhr am Nachmittag
     
    D ie Mietdroschke, in der Tobias und der Dichter saßen, ratterte das Doven Fleet entlang. Die lang gezogene, mit Kopfsteinen gepflasterte Straße im Südosten der Stadt wurde linkerhand von Scheunen und schiefwinkligen Häusern gesäumt und gestattete rechts den Blick auf einen träge fließenden Kanal. Am Ufer hatten mehrere Schuten festgemacht, die Gemüsekisten geladen hatten. Rotwangige Bauern in derber Kleidung halfen den Schiffern dabei, die Fracht in eine der Scheunen zu tragen. Ein leichter Geruch nach Zwiebeln und Hundekot drang durch das geöffnete Fenster in die Kutsche. Wenig später rumpelten sie über eine Holzbrücke, vor der Höker und Hausierer Schauerromane, Tabak und Kemmsche Kuchen anpriesen, und erreichten dann den kleinen Marktplatz auf dem etwas erhöht liegenden Meßberg. Das Areal lag im Schatten eines düsteren vierstöckigen Turms mit angeschlossenem Nachtwächterhaus, vor dem zwei Soldaten Aufstellung bezogen hatten.
    Heine, der dem Blick des Studenten gefolgt war, schnaubte unwillig. »Die alte Rokenkiste. Da drinnen halten sie geringere Verbrecher der unteren Klasse in Gewahrsam. Man sagt, die Zellen seien so klein, dass sie einem aufrecht stehenden, nicht allzu beleibten Menschen gerade so eben Platz böten. Jetzt können Sie sich vielleicht vorstellen, welche Zustände im Zuchthaus herrschen. Seien Sie mir dankbar, dass ich Sie gestern zur Flucht überredet habe.«
    Tobias nickte kleinlaut. Trotz der seltsamen Wendung, die der Aufenthalt in dieser Zeit genommen hatte, kreisten seine Gedanken immer wieder um Caroline. Er hoffte sehr, dass es ihr gut ging.
    Davon abgesehen ließ die Federung der Droschke zu wünschen übrig. Sein Hintern schmerzte. Nicht eingerechnet die Fahrt von der Elbchaussee zurück nach Hamburg hatten sie allein vom Millerntor bis hierher fast eine Stunde gebraucht. Und das, obwohl die Stadtfläche Hamburgs in dieser Epoche viel kleiner war als zu seiner Zeit. Denn wo sie auch hinkamen, überall herrschte ein nicht enden wollendes Gedränge an Passanten, entgegenkommenden Kutschen und Reitern.
    Viel miteinander gesprochen hatten er und der Dichter bislang nicht. Tobias fragte sich insgeheim, ob Heinrich Heine in seiner Gesellschaft vielleicht ebenfalls etwas unbehaglich zumute war. Zugleich war ihm bewusst, dass ihn manche seiner eigenen Zeitgenossen glühend darum beneidet hätten, dem berühmten Dichter einmal so nahe zu sein, wie er es jetzt war. Er selbst hielt Heine, nun ja, für etwas arrogant. Aber vielleicht war seine Schroffheit nur aufgesetzt? Als jüdischer Dichter des Jungen Deutschlands hatte er sicher mit vielen Anfeindungen zu kämpfen.
    »Warum nennt Ihr Onkel Sie eigentlich Harry?« wollte Tobias wissen.
    Heinrich Heine sah ihn überrascht an. »Sie wissen das wirklich nicht? Weil mich meine Eltern so genannt haben. Deswegen. Ich trage den Name Heinrich erst, seit ich nach meinem Jurastudium zum evangelischen Glauben konvertiert bin. Ich gestehe freimütig, dass dies mein

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