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Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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Ingenieur.
    Die beiden saßen etwas abseits auf einer Bank im Schatten eines einzeln stehenden Baums und sprachen aufgeregt miteinander. Gestenreich erklärte der Engländer Carolines Vater etwas. Der sprang auf, sah sich vorsichtig um und redete nun seinerseits erregt auf den Ingenieur ein. Von Caroline war leider nichts zu sehen.
    Tobias brachte schnell eine herrenlose Karre mit Bauholz zwischen sich und die Männer und sah zu, dass er weiterkam. Von dem alten Lewald wollte er im Augenblick lieber nicht entdeckt werden.
    Wenige Minuten später hatten Heine und er eine Gasse erreicht, die links von kleinen und großen Buden und rechts von drei- bis viergeschossigen Fachwerkhäusern gesäumt wurde. Der Dichter schritt die Häuserzeile ab und blieb vor dem verwilderten Grundstück eines etwas zurückgesetzt liegenden Hauses stehen, das zwischen zwei anderen Wohnhäusern lag. Es wurde zur Straße hin durch einen hohen Metallzaun mit eisernen Spitzen abgeschirmt. Hinter den Streben standen verkrautete Büsche und Bäume.
    Beim Anblick des Hauses fröstelte ihn. Trotz der heiteren Frühlingssonne, die den oberen Teil des Gebäudes beschien, machte es einen überaus gespenstischen Eindruck. Die Scheiben der Fenster waren zum Teil eingeworfen worden, und so gähnten ihnen in der Fassade dunkle Löcher entgegen. Zweifelnd fasste er ein hochgotisch geschwungenes, beinahe schon orientalisch wirkendes Fenster kurz unterhalb des Dachgiebels ins Auge, das sich sehr von den anderen unterschied. Auch dort waren die Scheiben größtenteils eingeworfen.
    »Das ist es«, erklärte Heine knapp. »Aber wenn wir hier weiter herumstehen, fallen wir auf. Kommen Sie.«
    Ohne zu zögern, drückte der Dichter das quietschende Tor auf, und gemeinsam schritten sie auf die Haustür zu. Wie erwartet war sie verschlossen. Tobias ging um das Gebäude herum und fand auf der linken Seite ein eingeschlagenes Fenster, vor dem eine moosbewachsene Holzkiste stand. Der Raum drinnen war kahl und düster. Auf dem Boden lagen Abfälle, die darauf hindeuteten, dass das Haus von Landstreichern des Nachts als Unterkunft benutzt wurde. Nachdem sie einen misstrauischen Blick zur Straße zurückgeworfen hatten, stiegen sie ein. Heine klopfte sich den Staub von der Hose, und sie sahen sich in dem leeren Zimmer um.
    »War früher sicher mal ein schönes Gebäude«, meinte der Dichter. »Schade, dass es heute so heruntergekommen ist.«
    »Wo fangen wir an?« wollte Tobias wissen.
    »Ich schlage vor, wir beginnen hier unten und arbeiten uns nach oben.«
    Gemeinsam inspizierten sie nun das alte Gebäude Raum für Raum. Sie durchmaßen leerstehende Zimmer, in denen noch vor wenigen Jahrzehnten das Lachen fröhlicher Gesellschaften erklungen sein mochte, die heute aber still und düster vor ihnen lagen. Die handgemalten Tapeten waren abgeblättert und wiesen zum Boden hin Nagespuren auf. In der ehemaligen Küche stießen sie auf eine unterarmgroße Ratte, die schnell unter den alten Kachelofen huschte.
    Die Zimmer des ersten Stockwerks wirkten genauso verlassen wie jene im Erdgeschoß. Der Boden knarrte unter ihren Schritten, und in manchen Räumen mussten sie lange Spinnweben beiseite ziehen, um einen Blick in die Zimmer werfen zu können. Auch hier hatten Wind und Regen, die durch die eingeschlagenen Scheiben ungehindert eindringen konnten, ihre Spuren hinterlassen.
    »Bleibt nur noch der Dachboden«, stellte Heinrich Heine schließlich resigniert fest.
    Sie kletterten eine ausgetretene Holzstiege hinauf und erreichten einen Zwischengang unmittelbar unter dem Dach, der am Ende zu einer offenen Tür führte. Zu ihrer Überraschung betraten sie eine gut ausgebaute Dachkammer, deren Dielen über und über mit Vogelkot bedeckt waren. Es war warm und stickig. Tauben stoben auf und flüchteten durch das orientalisch geschwungene Fenster, das Tobias schon von der Straße aus gesehen hatte. Es reichte fast bis zum Boden, war noch zur Hälfte mit Butzenscheiben versehen und gewährte einen guten Blick auf das Gelände des Bauhofs gegenüber.
    »Nun, ich schätze, das war’s«, murmelte Heine verdrossen. »Wenn sich der Smaragd jemals in diesem Haus befand, wurde er mitsamt dem Inventar schon vor langer Zeit fortgeschafft.«
    Tobias durchmaß den Raum und betrachtete das eigentümliche Fenster. Erst jetzt fiel ihm auf, dass einige Scheiben in der Fassung getönt waren. Auf der Scheibe hatte ursprünglich ein großer Buchstabe geprangt.
    »Sehen Sie das?« rief er.
    Heine trat

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