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Der Funke des Chronos

Titel: Der Funke des Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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Inneren Zirkel ein, um die wundersamen Kräfte des Steins zu ergründen. Angeblich verlieh er seinen Besitzern die Möglichkeit, in die Zukunft zu blicken. Damals entstand das Notizbuch mit den Aufzeichnungen.«
    »Was geschah mit dem Stein?« hakte Tobias aufgeregt nach.
    »Ei, die Geschichte wird hier verworren«, mischte sich Salomon Heine wieder ein. »Eines Tages – dieser Karl von Ecker und Eckholen wurde tot gefunden. In seiner Wohnung. Das soll gewesen sein Weihnachten 1793. Man hatte ihn erdrosselt. Die Männer des Inneren Zirkels seiner Loge bekamen schreckliche Angst. Sie fürchteten, die päpstliche Inquisition hätte von Eckhofen aufgespürt. Denn angeblich – der Vatikan sucht schon lange nach dem Stein.«
    »Warum?« wollte Tobias wissen. »Hatten sie Angst, als bloße Mitwisser gefährdet zu sein?«
    »Nein.« Heinrich Heine schüttelte den Kopf. »Dem Mörder – oder den Mördern – war es nicht gelungen, den Smaragd an sich zu reißen. Die eine Version besagt, dass von Eckhofen den Stein zuvor gut versteckt hatte; eine andere, dass einer seiner Hamburger Vertrauten den Mördern zuvorkam und den Smaragd in Sicherheit brachte.«
    »Wer gehörte denn zu dem Inneren Zirkel dieser ägyptischen Freimaurerloge?« fragte Tobias.
    »Es waren insgesamt fünf Männer«, erklärte Heinrich Heine. »Ihre Namen sind uns nicht alle bekannt. Sie haben das Weite gesucht oder sind in der Stadt untergetaucht. Einer von ihnen war Isaac Steinwasser, der Baumwollfabrikant, der meinem Onkel die Geschichte erzählte. Ein anderer soll der bekannte Hamburger Baumeister und Ingenieur Ernst Georg Sonnin gewesen sein. Steinwasser erzählte, dass er der engste Vertraute von Eckhofens war.«
    Tobias erinnerte sich an das Porträt des Baumeisters, das er im physikalischen Kabinett von Justus Lewald gesehen hatte. »Ja, ich habe von diesem Mann gehört. Sonnin hat damals die Michaeliskirche wieder aufgebaut, nicht wahr?«
    »Richtig«, bestätigte der Bankier. Er zog an seiner Pfeife und fächelte den Rauch davon. »Wenn einer hat gewusst von dem Verbleib des Steins, dann sicher Sonnin. Doch er starb nur wenige Monate nach von Eckhofens Ableben. Gift? Ein natürlicher Tod? Wer weiß? Hat er wohl sein Geheimnis mit ins Grab genommen.«
    »Und da kommt die Schatulle wieder ins Spiel.« Heinrich Heine deutete auf die kleine Truhe. »Auf dem Totenbett behauptete Isaac Steinwasser, er habe sie von Sonnin geerbt. Und er war sich sicher, dass ihr Inhalt einen Hinweis auf das geheime Versteck des Steins enthielt. Nur dass er ihn nicht gefunden hat.«
    »Glauben’s mir, junger Mann« – Salomon Heine hielt das alte Notizbuch mit den prophetischen Aufzeichnungen hoch –, »ich hab das Bichel ebenfalls studiert. Seite für Seite. Aber da war nit ein Wort über den Stein.«
    Tobias setzte sich ebenfalls. Was er gehört hatte, musste er erst einmal verarbeiten. Ebenso wie der Dichter wenige Minuten zuvor leerte er sein Portweinglas in einem Zug.
    »Sie sind ein gerissener Mann, Herr Heine«, hub er mit schmalem Lächeln an und musterte den Bankier. »Ich nehme an, ein Teil Ihres heutigen Reichtums hängt mit diesem Notizbuch zusammen.«
    »Ach was«, winkte dieser unwirsch ab. »Ein guter Kaufmann sorgt immer vor. Natürlich, es war von Vorteil zu wissen, was einem bevorsteht, aber die Einträge sind nit datiert. Wenn eine der Prophezeiungen eintritt, es ist stets schon passiert. Aber es macht bescheiden, wenn man’s liest.« Der Bankier seufzte. »Hamburg steht noch viel Schlamassel ins Haus, junger Mann. Viel Unglück. Deswegen auch das Krankenhaus.«
    Tobias runzelte die Stirn, und so klärte ihn sein Gastgeber auf. »Hab ich im letzten Jahr in St. Pauli den Grundstein legen lassen für ein Hospiz. Hab ich es nach Betty benannt, meiner Frau. Sie weilt leider nicht mehr unter uns, die Gute.« Salomon Heine starrte betrübt zum Fenster. »Hab ich mir gedacht, ich bin’s ihr und Hamburg schuldig. Für die Zukunft.«
    Heinrich Heine schürzte die Lippen und stellte sein Glas auf dem Buffettisch ab. »Jetzt kennen Sie die Geschichte. Meine Hoffnung, diesen sagenhaften Smaragd einmal selbst zu Gesicht zu bekommen, hat sich leider in Rauch aufgelöst. Inzwischen vermute ich, die Kiste wurde nur zufällig zusammen mit den anderen Dingen geraubt.«
    »Nein, du irrst dich, Harry«, wandte sich der Bankier energisch an seinen Neffen. »Kastei und Inhalt sind doch für einen einfachen Einbrecher wertlos. Warum sich belasten mit etwas, wenn man

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