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Der Gärtner von Otschakow

Der Gärtner von Otschakow

Titel: Der Gärtner von Otschakow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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mitbringen?«
    Elena Andrejewna riss sich von ihrer Bügelarbeit los und dachte nach.
    »Schwarzbrot, wenn es frisches gibt!«, sagte sie endlich.
    Die Sonne war schon aufgegangen. In der Luft hing noch immer der angenehme, warme Duft des Sommers. Der Herbst machte sich nicht bemerkbar, als hätte er nicht auf den Kalender geachtet. Deshalb auch war das Gras noch grün, und Laub hing in den Bäumen.
    Fünf Minuten stand Igor an der Haltestelle, dann nahm ihn der Kleinbus nach Kiew auf und schoss so los, als säße Schumacher am Steuer, nicht der unrasierte Alte mit Baseballkappe, der Ehemann der örtlichen Apothekerin.
    Der Fahrer schaltete Radio Chanson ein und sah sich rasch nach hinten um, ob von den Fahrgästen auch keiner protestierte. Fahrgäste gab es ja sehr verschiedene! So, zum Beispiel, die frühere Schuldirektorin – sie war regelrecht allergisch auf Chanson. Wenn der Fahrer sie sah, machte er das Radio ganz aus. Aber heute hatte sie in Kiew anscheinend nichts zu tun, da konnte man mit Musik unterwegs sein.
    Igor dachte über Stepan und seine Tätowierung nach und tastete mechanisch, ob der USB -Stick noch am Platz war.
    [12] Für einen Augenblick fragte er sich, ob dieser Stepan nicht log. Vielleicht waren dort in Wahrheit irgendwelche Sträflingsrangabzeichen tätowiert, und er hatte sie einfach entfernen wollen, um die Leute nicht mit seiner Gefängnisvergangenheit zu verschrecken? Er musste ihn fragen, ob er nicht selbst gesessen hatte. Sein Vater saß nach seiner Aussage ja dreimal! Und der Apfel fällt doch nicht weit… Allerdings, was wusste er, Igor, denn von seinem eigenen »Stamm«? Nichts Gutes! Gebe Gott, dass er selbst nicht so wurde.
    Passend zu seinen Gedanken erklang auf Chanson eine traurige Häftlingsballade über eine Mutter, die ihren Sohn aus dem Lager zurückerwartet, und brachte Igor ganz aus dem Konzept.
    So blickte er die halbe Stunde bis Kiew einfach aus dem Kleinbusfenster und dachte an nichts mehr.
    Weiter ging es mit der Metro bis zum Kontraktowa-Platz.
    Igors Kindheitsfreund Koljan arbeitete als Programmierer bei einer Bank. Vielleicht nicht direkt als Programmierer, doch hatte er mit Computern zu tun, reparierte sie oder überwachte Programme. Unter Igors Bekannten und Freunden war er jedenfalls der einzige Computerspezialist und tat sich, wie viele seiner Berufskollegen, durch manche Eigenart hervor, als hätte er sich selbst eines Tages mit einem Virus infiziert. Er konnte unvermittelt das Thema wechseln oder, statt einer Antwort auf eine konkrete Frage, eine völlig unpassende Geschichte beginnen. Auch vor zehn Jahren war er schon so gewesen, und vor zwanzig. Sie hatten Glück gehabt, waren gemeinsam aufgewachsen, zur selben Schule gegangen, und nicht einmal die Armee hatte sie getrennt – sie [13] waren in derselben Truppe bei Odessa gelandet. Für Koljan war der Dienst zu einem Fest geworden. Dem Kommandeur ihrer Einheit hatte man gerade einen Computer ins Arbeitszimmer gestellt. Koljan brachte ihm schnell die Hauptsache bei: wie man auf dem Computer Spiele spielte. Und dann schickte der Oberst ihn jede Woche nach Odessa, neue Spiele holen. Koljan, nicht auf den Kopf gefallen, hatte nie mehr als ein Spiel aufs Mal mitgebracht.
    Igor schaute oft bei Koljan vorbei, wenn er in Kiew war. Einfach so, ohne Anlass, ein wenig Reden und Biertrinken. Koljans Arbeitszeiten waren nicht sehr streng. Nur ein einziges Mal hatte man ihn übers Handy zurückgeholt, irgendein Programm war abgestürzt.
    ›Er ist dort so eine Art Bereitschaftsarzt‹, hatte Igor damals gedacht.
    Aus den Tiefen der Bank tauchte Koljan mit einem Regenschirm in der Hand auf.
    »Es regnet doch gar nicht!«, sagte Igor mit verwundertem Blick auf den Schirm.
    »Jetzt nicht«, stimmte Koljan ihm zu, als wäre nichts. »Aber in einer halben Stunde kann alles sich ändern! Unser Wetter ist doch jetzt wie der Dollarkurs. Wechselt mehrmals am Tag!«
    Sie gingen zur Chorewaja und setzten sich in ein kleines gemütliches Café.
    »Was nimmst du?«, fragte Koljan. »Heute gebe ich aus.«
    »Du bist Banker, da gehört sich das Ausgeben auch. Na, ein Bier.«
    »Kein Banker, nur ›bei der Bank‹, also rechne nicht mit Kaviarhäppchen zum Bier!«
    [14] Nach einem Schluck frischem Zapfbier aus einem vorrevolutionären Halbliterglas zog Igor den USB -Stick aus der Tasche, legte ihn auf die Tischplatte und erzählte Koljan von der Tätowierung und von Stepan.
    »Kriegst du das hin?«
    »Ich werd es versuchen.« Koljan

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