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Der Gärtner von Otschakow

Der Gärtner von Otschakow

Titel: Der Gärtner von Otschakow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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Aljona ihn weiter aus. »Sind Sie mit ihm befreundet? Oder hat er Sie bezahlt?«
    »Nein, nein, er wohnt bei uns… Wir sind… beinah Freunde…«
    »Wieso wohnt er denn bei Ihnen?«
    »Er hilft in Haus und Hof«, erklärte Igor. »Meine Mutter und ich schaffen es allein nicht…«
    »Ihre Mutter?!« Die Frau nickte irgendwie seltsam, als wäre ihr jetzt alles klar.
    [119] Igor bemerkte es und verzog das Gesicht, als er begriff, woran sie dachte. Aber er hatte keine Lust, etwas aufzuklären. Im Gegenteil, er bekam Lust, ihr selbst ein paar Fragen zu stellen, nur war jetzt dafür irgendwie nicht die rechte Zeit und der rechte Ort.
    »Sind Sie manchmal in Kiew?«, fragte Igor.
    »Ich? In Kiew? Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Was soll ich dort?«
    »Sie könnten vorbeikommen.« Igor zuckte mit den Schultern. »Ihren Vater besuchen und unser Gast sein, auch wenn wir nicht in der Stadt wohnen. Haben Sie ihn schon lange nicht mehr gesehen?«
    Aljonas Augen wurden rund. Sie schwieg eine Sekunde.
    »Lange nicht mehr?«, sagte sie langsam. »Mir ist, als hätte ich ihn nie gesehen… Obwohl das nicht stimmt. Er ist ein paarmal gekommen, als meine Mutter noch am Leben war. Zum letzten Mal vor etwa fünfzehn Jahren.«
    »Verzeihen Sie.« Igor hatte den Blick gesenkt. »Ich wusste nicht… Ich hätte nicht fragen dürfen…«
    »Ich muss jetzt zur Arbeit«, sagte Aljona entschuldigend.
    Igor stand auf, verabschiedete sich und ging hinaus in den Flur. Dort sahen sie einander lange schweigend in die Augen.
    »Wo übernachten Sie denn?«, fragte Aljona plötzlich. »Ich kann Sie bei mir nicht…«
    »Nicht nötig, ich fahre gleich heute wieder zurück«, antwortete Igor.
    »Sind Sie etwa nur für den Brief gekommen?«
    »Na, ich werde mir noch die Stadt anschauen… Bis zum Abend ist viel Zeit!«
    [120] »Ja, unsre Stadt ist schön.« Die junge Frau nickte.
    Igor spazierte die Straße hinunter, erkannte dabei die Häuser und Zäune wieder, an denen er eine halbe Stunde zuvor in dem alten Lada vorbeigefahren war, und fühlte im Rücken den Blick dieser jungen schönen Frau, die so still und seltsam auf den überbrachten Brief reagiert hatte. Übrigens, wieso seltsam?! Sie hatte ja eine Antwort an Stepan mitgegeben. Ein einfaches Blatt Papier ohne Umschlag.
    Als er die Chruschtschow-Blocks erreicht hatte, blieb Igor stehen und zog das doppelt gefaltete Blatt heraus. Hätte es in einem Umschlag gesteckt, selbst in einem nicht zugeklebten, dann hätte er sich wohl nicht ans Lesen gemacht. Aber es gab keinen Umschlag, und Igor wusste nicht, was Stepan an seine Tochter geschrieben hatte. Was, wenn ihre Antwort wenigstens Stepans Absichten ein bisschen klarer machte?
    Er faltete das Blatt auf.
    »Alles ist möglich. Aljona« – das war ihre ganze Antwort auf den Brief!
    Den Rest des Tages streifte Igor durch die alten Gassen von Lwow, ging in katholische Kirchen und in Läden hinein, und ließ sich vor lauter Muße sogar in einem kleinen Frisiersalon für dreißig Griwni die Haare schneiden. Die letzten zwei Stunden seines Aufenthalts in der Stadt verbrachte er auf dem Bahnhof. Erst dort fiel ihm auch ein, dass er gar nichts zum Mitbringen für seine Mutter gekauft hatte.
    Morgens schien über Irpen wieder die Sonne. Und nur die Pfützen auf der Straße verrieten, dass es nachts geregnet hatte.
    [121] Als Erstes übergab Igor Stepan den Zettel von seiner Tochter.
    »Wie geht es ihr?«, erkundigte sich der Gärtner.
    »Ganz in Ordnung.« Igor zuckte die Achseln. »Sie musste zur Arbeit, also konnten wir nicht mehr richtig reden.«
    »Lebt sie allein?«
    Igor überlegte, erinnerte sich an das Zimmer, den Flur, die Pantoffeln im Flur.
    »Anscheinend allein«, sagte er.
    Stepan nickte. Dann las er den Zettel. Zu Igors Erstaunen brachte ihre kurze Antwort ein Lächeln auf das Gesicht des Gärtners. Ein helles, fast kindliches Lächeln.
    »Na, Gott sei Dank«, seufzte Stepan und sah wieder Igor an. »Also ist sie nicht dagegen…«
    »Gegen was?«, fragte Igor nach.
    »Dagegen, zu mir zu ziehen«, erklärte Stepan.
    »Hierher?!« Entgeistert blickte Igor sich im Schuppen um.
    Stepan lachte. »Na, manchmal erstaunst du mich ja!«, sagte er. »Pass auf, wie du mit mir redest! Du hast doch einen Vorschuss bekommen? Ab jetzt bist du mein Gärtner!«
    »Ich kann doch nicht…«
    »Das mit dem Gärtner war doch Spaß. Keine Angst! Du hast jetzt eine andere Aufgabe! Ruh dich von der Reise aus. Und dann finde heraus, ob hier irgendwo in der Nähe

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