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Der galaktische Mahlstrom

Der galaktische Mahlstrom

Titel: Der galaktische Mahlstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gerrold
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Geschichte faszinierend.«
    »Oh, danke, Sir. Nun, was ich sagen wollte. Während der ganzen Zeit wurden psychologische Studien der L5-Bewohner betrieben, denn niemand wußte, wie sich eine solche Isolation und ein Leben in einer völlig künstlichen Umwelt auf die Bevölkerung auswirkte. Während der ersten Generation wurde die gesamte Bevölkerung psychologisch überwacht und zwar jeder einzelne im einen oder anderen Maß. Nun, da sie sich auf der Schwelle zur zweiten Generation befanden, wurden gewisse wiederkehrende Muster erkennbar.
    Schiffsbewohner haben, beispielsweise, eine andere räumliche Einstellung als Landbewohner, vor allem, was ihren Sinn für Territorien betrifft. Die Theorie war, daß durch die Möglichkeit, die Gravitation in der Schiffsumwelt zu ändern, eine dreidimensionale Einstellung in zwischenmenschlichen Beziehungen erreicht wurde – eine auf den Holismus ausgerichtete Einstellung. Es ist so gut wie unmöglich, im Raum, im Gegensatz zur Ebene, persönlichen Grund und Boden zu ›verteidigen‹.
    Jedenfalls neigt das Fehlen eines Territorialitätsbewußtseins beim Schiffsbewohner zum ›Sternenraumsyndrom‹, das man auch manchmal den ›Millionen-Lichtjahr-Weitblick‹ nennt. Sternenfahrer scheinen in die Unendlichkeit sehen zu können. Und irgendwie leben sie immer im Frieden mit sich, ihrem Körper und dem Raum, in dem sie sich bewegen.
    In unserer Zeit ist das der Normalzustand für die meisten menschlichen Rassen, doch damals war es etwas völlig Neues für den größten Teil der Menschheit. Die Landbewohner wurden sich dieses Unterschieds zwischen sich und den Raumbewohnern bewußt, das heißt, es war keine bewußte Erkenntnis, sondern eine vage Verstimmung. Ich stelle es mir etwa so vor wie die Einstellung der letzten Neandertaler gegenüber den ersten Cromagnon …«
    Kirk unterbrach ihn. »Fahren Sie mit Ihrer eigentlichen Geschichte fort, Brille. Wir sind mit dem Sternenraumsyndrom vertraut.«
    »Jawohl, Sir. Ich wollte damit nur deutlich machen, daß auf der Erde die nicht grundlose Befürchtung bestand, daß die Raumbewohner sich mit der Zeit so sehr vom Rest der Menschheit gelöst fühlen würden, daß sie irgendwie ihre Verpflichtung gegenüber der Spezies verlören und sich selbst als – ah – Götter sähen.
    Nun, diese Befürchtung in Verbindung mit Neid, Groll und Verstimmung – vor allem aber die Ansicht, daß im Raum zu leben eine ihnen nicht vergönnte Begünstigung war –, führte unter den Menschen auf der Erde fast zu etwas wie Haß gegen die L5-Nation, zumindest waren viele der Meinung, daß es nun an der Zeit war für die L5-Nation, die Schulden zurückzuzahlen, denn hatten sie sie nicht jahrzehntelang unterstützt?
    Es war keine schöne Zeit für die ersten Kolonisten. Es war die größte Krise seit Bestehen der L5-Nation, und sie waren nun nicht mehr in der gleichen Machtposition, die sie zur Zeit ihrer Unabhängigkeitserklärung innegehabt hatten.
    Was sie taten, war unorthodox – aber ihr einziger Ausweg. Sie ›kolonisierten‹ die zweite L5-Einheit. Dann gewährten sie ihr Unabhängigkeit und erlaubten ihr, eine eigene Nation zu werden. So gab es nun also zwei Nationen im Raum, eine steckte bis zum Hals in Schulden, die andere war schuldenfrei und ohne Verpflichtungen. Die meisten Erdnationen zögerten zwar, erkannten die neue Nation jedoch schließlich an, ohne zu ahnen, was die L5-Kolonisten beabsichtigten.
    Was sie taten, kam für die Erde völlig unerwartet. Als erstes ließen sie kein Schiff mehr anlegen und verwiesen alle zur zweiten Station. Kurz danach schoben sie auch alle Nichtbürger auf die andere L5 ab, und nicht nur diese, sondern jeden, der nicht den ›Millionen-Lichtjahr-Weitblick‹ hatte. Von den Verstoßenen erfuhr man die merkwürdigsten Geschichten über die letzten Tage, und es ging viel Unverständliches vor.
    Beispielsweise importierte die erste L5-Nation auf einmal gewaltige Mengen alles möglichen: Saatgut, Bibliotheken, Blaupausen, wertvolle Metalle, Fabrikationsteile, verschiedene Tiere, Vorräte, Ausrüstung und so weiter, als bereitete sie sich auf eine lange Belagerung vor.
    Spione auf der zweiten Station konnten zusätzliche Aufbauten auf der Stationshülle erkennen, konnten sich jedoch keine Vorstellung machen, wozu sie dienen sollten. Die meiste Betriebsamkeit herrschte um die sechs Kernreaktoren, die ursprünglich von den Verbündeten der dritten Welt in Auftrag gegeben worden waren. Sie waren für eine Flotte

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