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Der Gamma-Stoff

Der Gamma-Stoff

Titel: Der Gamma-Stoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gunn
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Landkrankenhaus in Neosho – das ist in der Nähe von Chanute, Kansas, falls jemand Fragen stellt – überwiesen worden, und Sie wissen nicht, warum Ihre Unterlagen noch nicht eingetroffen sind. Verstanden?«
    »Kommen Sie da nicht in Schwierigkeiten?« fragte sie.
    »Das ist nicht so schlimm. Wenn uns jemand miteinander sieht – ich bin eben auch getäuscht worden, das ist alles. Keinen Widerspruch jetzt. Wir haben dann einen Tag mehr, um zu entscheiden, was wir mit Ihnen anfangen.«
    »Werde ich meinen Vater sehen können?«
    »Keinesfalls«, sagte Flowers. »Ganz bestimmt nicht, wenn er in der Experimentierstation ist. Dort sind nur Ärzte und diensttuendes Personal zugelassen.«
    »Ich verstehe. Also gut, ich überlasse es Ihnen.«
    Wieder fühlte sich Flowers seltsam glücklich. Das war der Lage keineswegs angemessen. Er unterdrückte die Aufwallung, als sich die Mauern des Medizinischen Zentrums öffneten und sie einließen.
     
5.
     
    Sie hatten Glück. Niemand war in der Nähe, als Flowers den Ambulanzwagen in der riesigen, unterirdischen Garage abstellte und Leah vorsichtig zur Untergrundbahn führte. Sie warteten im Halbdunkel, bis ein leerer Wagen auftauchte.
    »Schnell«, sagte er. »Vertrauen Sie mir.«
    Er führte sie auf den Rollgürtel, ihren Unterarm fest umklammernd. Trotzdem schwankte sie und wäre beinahe gestürzt. Er zog sie hoch und führte sie schnell zum Wagen, der neben ihnen auf dem Band dahinschwebte. Gerade als sie das Ende des Streifens erreichten, half ihr Flowers in den Wagen und sprang hinterher.
    Er schwitzte. Die Untergrundbahn war nicht für Blinde gedacht. Auszusteigen erwies sich als wesentlich einfacher. Sie traten in einen Aufzug und ließen sich in das dritte Stockwerk emportragen. Flowers sah von einer Ecke aus zu, als Leah blindlings die Halle entlangwanderte und sich zum gläsernen Anmeldebüro vortastete.
    »Ist da jemand?« fragte sie aus ihrem Dunkel.
    Da war ein Assistenzarzt, aber er mußte weg. »Ich komme vom Landkrankenhaus Neosho …«
    Als Flowers den Rückzug antrat, sah er die Schwester mit besorgter Miene aus dem Büro kommen. Er seufzte. Für den Augenblick war Leah in Sicherheit.
    Er marschierte durch die dunklen Korridore und fragte sich, wo alle waren. Es war erst 8 Uhr abends.
    Der Boden unter seinen Füßen fühlte sich elastisch an. Flowers atmete die Krankenhausgerüche von Äther und Alkohol ein, die ewigen Gerüche, allgegenwärtig. Sie bildeten die erste Erinnerung an seinen Vater.
    Es war ein guter Geruch, er fühlte seine Lungen damit und hielt ihn fest, als könne er alles in sich bewahren, was er hoch schätzte, wenn er ihn nur nicht entfliehen ließ.
    Hier gehörte er her, hier war er zu Hause. Hier war sein Leben, daran mußte er glauben, sonst war alles wertlos, sonst waren sieben lange Jahre Arbeit und Studium vergeudet, ein Leben voller Träume verwandelte sich in einen Alptraum.
     
    Charly Brand sah überrascht von seinem Schreibtisch auf.
    »Wo bist du gewesen?«
    »Eine lange Geschichte«, sagte Flowers erschöpft. »Zuerst muß ich etwas essen und mich ausruhen.«
    »Das mußt du zurückstellen. Auf deinem Schreibtisch liegt ein königliches Handschreiben.«
    Auf der Platte an seinem Schreibtisch flimmerte eine Nachricht. Er las sie erschrocken.
     
    ›Heute Abend findet eine Versammlung der Medizinischen Gesellschaft des Kreises Wyandotte und des Politischen Aktionskomitees statt. Ihre Anwesenheit wird erbeten.
    J. B. Hardy, Doktor der Medizin,
    Sekretär.‹
     
    Flowers sah sich suchend um. Er mußte mit jemandem darüber sprechen. »Wo ist Hal?«
    »Glaubst du, daß er eine Versammlung ausläßt?« fragte Brand ironisch und fügte hinzu, indem er Mocks Stimme imitierte: »›In den Personalakten sieht so etwas immer gut aus.‹ Mach dich lieber auf die Socken. Wenn du dich beeilst, erreichst du den Konvoi noch.«
     
    In erster Linie handelte es sich um Tradition – bei diesem Konvoi mit den vorankriechenden Minensuchern, den Tanks zu beiden Seiten und den Hubschraubern, die über ihm schwebten. Niemand war so albern, etwas Stärkeres als einen vereinzelten Ambulanzwagen anzugreifen.
    Sie fuhren auf die Autostraße Seventh Street über den Industriedistrikt Armourdale, der unter ihnen in der Nacht flammte, vorbei an den Ruinen der alten Schlachthäuser, wo niemand nachts vorbeiging und nur wenige sich bei Tag hindurchwagten. Flowers starrte ins Leere hinaus, Erschöpfung und Hunger wie ausgelöscht durch Besorgnis.
    Warum

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