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Der Gamma-Stoff

Der Gamma-Stoff

Titel: Der Gamma-Stoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gunn
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nicht freigelassen. Ich bin entflohen!«
    »Vergeuden Sie unsere Zeit nicht mit solchem Unsinn, Flowers«, sagte der Vorsitzende ungeduldig. »John Bone läßt niemanden entfliehen. Und wir haben Beweise. Einen Film der Untersuchung und Behandlung, zu der Sie sich haben hinreißen lassen.«
    »Aber ich bin wirklich geflüchtet«, unterbrach ihn Flowers. »Ich habe Ultraschall und Neo-Curare verwendet und bin –«
    »Unglaublich! Nachdem Sie Bone behandelt haben –«
    »Ich habe ihm Zuckerpillen gegeben.«
    »Genauso schlimm. Bei Bone wirken sie ebensogut wie etwas anderes!«
    »Sehen Sie denn nicht, warum Bone Ihnen die Filme geschickt hat? Wenn ich ihn wirklich behandelt hätte, wäre er doch in der Lage gewesen, mich damit zu erpressen.«
    Die Komiteemitglieder wechselten Blicke. »Das könnten wir akzeptieren«, meinte der Vorsitzende, »wenn wir nicht noch andere Beweise dafür hätten, daß Sie den Beruf und seine Ethik sehr geringschätzen.«
    Er schaltete ein Bandgerät ein. Ungläubig lauschte Flowers seiner Stimme, die Fragen über die Medizin, über Gebühren und soziale Probleme stellte. Sehr gut zusammengeschnitten.
    Hal, dachte er. Hal, warum hast du das getan?
    Aber er kannte den Grund. Hal Mock hatte Angst, nicht zugelassen zu werden. Einer weniger in der Klasse, das war eine Chance mehr für Hal.
    Der Vorsitzende wandte sich wieder an ihn. »Sie werden morgen früh Ihre Kündigung einreichen. Dann nehmen Sie Ihre Habe und verlassen das Zentrum. Wenn man Sie jemals wieder dabei ertappt, daß Sie Medizin praktizieren oder Kranke behandeln …«
    Als es zu Ende war, fragte Flowers leise: »Was werden Sie mit Dr. Russel Pearce tun?«
    Die Augen des Vorsitzenden verengten sich, und er sah den Arzt zu seiner Rechten an.
    »Dr. Pearce?« fragte er. »Aber der ist doch vor sechzig Jahren verschwunden, nicht wahr? Er muß längst gestorben sein. Wenn er noch lebte, wäre er über hundertfünfundzwanzig …«
    Flowers hörte nicht mehr zu. In ihm war etwas geborsten, und er brauchte nicht mehr zuzuhören. Ein Mann verbringt sein Leben damit, nach der Wahrheit zu suchen. Wenn er Glück hat, lernt er vor dem Tod, daß niemand sie ganz besitzt. Wir verfügen über kleine Stückchen davon, jeder von uns, dachte Flowers. Die Gefahr lag nur darin, daß man sich zu der Meinung hinreißen ließ, das Bruchstück für das Ganze zu halten. Die Medizin konnte nicht zugleich politisch und unverantwortlich sein.
    Dr. Pearce konnte nicht zugleich ein Held und ein Schurke sein.
    Flowers war endlich an die Rückseite der Statue geraten und hatte – zur rechten Zeit – erfahren, daß ein halbes Ideal schlimmer ist als keines. Vater, dachte er, das hast du nie gewußt. Verzeih, Vater.
    Er drehte sich um und verließ das Zimmer. In der Vorhalle ging er zum Telefon, wählte eine Nummer, wartete und sprach dann hastig in die Muschel. Während der Roboterchauffeur die Ambulanz zum Medizinischen Zentrum zurücksteuerte, kramte er in der schwarzen Tasche nach ein paar Benzedrintabletten und aß sie wie Süßigkeiten.
    Aber bevor das stimulierende Mittel zu wirken begann, geriet er bereits in Hochstimmung. Es war schön und gut, ein integraler Bestandteil eines großen, sozialen und ethischen Komplexes zu sein, aber gelegentlich mußte man auch denken. Und dann sollte sich der große soziale und ethische Komplex vorsehen.
    Es störte ihn nicht einmal, als er dahinterkam, daß er beschattet wurde. In der Untergrundbahn schüttelte er den Weißbekittelten ab.
    »Hören Sie«, sagte er zu dem diensttuenden Apotheker. »Nachts muß es hier doch recht langweilig sein. Haben Sie nicht manchmal unbändige Lust auf eine Tasse Kaffee?«
    »Na und ob!«
    »Also los, ich passe hier für Sie auf.«
    Der Apotheker zögerte, zwischen Pflicht und Wunsch hin- und hergerissen. Der Entschluß, wegzugehen, ergab sich aus dem Widerwillen, vor Flowers feige zu erscheinen. Sobald er verschwunden war, marschierte Flowers durch die Apotheke zum Tresorgewölbe. Die schwere Tür stand offen. In der hintersten Ecke lag ein bescheidener Karton. Den Wert des Inhalts hatte man vorsichtig auf zehn Millionen Dollar geschätzt. Flowers steckte eine Ampulle ein, zögerte und nahm dann auch die elf anderen aus ihren Behältern – er zweifelte plötzlich daran, daß man sie dem Krankenhaus anvertrauen durfte.
    »Herzlichen Dank für die Kaffeepause«, sagte der Apotheker ein paar Minuten später dankbar.
    Flowers winkte ihm lässig zu. »Jederzeit zu Diensten.«
    Der

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