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Der Gamma-Stoff

Der Gamma-Stoff

Titel: Der Gamma-Stoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gunn
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wieder darüber!
    Sie erhob sich graziös.
    »Danke, Doktor. Ich sage Georgie Bescheid. Er wird wütend werden, aber ich weiß schon, wie ich ihn wieder froh mache.«
    In den Zimmern warteten andere, die ihre Symptome miteinander besprachen. Harry sah sie sich der Reihe nach an: eine Frau mit Pleuritis, ein Mann mit Krebs, ein Kind mit rheumatischem Fieber … aber Harry trat auf den Gang hinaus, um nachzusehen, ob das Mädchen im Vorbeigehen etwas in den Gabenkasten warf. Sie tat es nicht, statt dessen blieb sie neben dem Händler stehen, der seine Waren vor der Kliniktür anpries.
    »Kaufen Sie hier Ihr Aureomycin, Ihr Penicillin, Ihr Terramycin. Kostenlos eine Spritze dazu. Gute Gesundheit! Gute Gesundheit! Unternehmen Sie etwas gegen die Erkältung, bevor Sie auf der Nase liegen. Kaufen Sie Filter, antiseptische Mittel, Vitamine. Kaufen Sie Amulette und Talismane. Hier habe ich eine Radiumnadel, die schon dreizehn Menschen das Leben gerettet hat.«
    Das Mädchen kaufte ein Amulett und eilte davon, zu ihrem Georgie.
    Harry spürte, wie sich seine Kehle vor Wut zusammenzog.
    Immer noch marschierten die Menschenmassen stumm auf der Straße dahin. Im Untersuchungsraum kniete eine Frau am Operationstisch, nahm eine Vitaminpille und einen Pappbecher mit einem Kräftigungsmittel aus dem automatischen Spender.
    Hinter den Mauern heulten die Sirenen auf. Harry schaute zur Tür. Das Tor des Medizinischen Zentrums rollte in die Höhe. Zuerst kamen die Begleitmannschaften auf ihren Motorrädern. Die Leute auf der Straße liefen auseinander und preßten sich an die Wände. Die Motorradfahrer fuhren sorglos an ihnen entlang – gesunde junge Edelleute mit Nasenfiltern, Schutzbrillen und bis tief auf die Schenkel herabhängenden Pistolen.
    Das wäre auch etwas gewesen, dachte Harry neidisch, Polizist werden. Sie wirkten kühn und gewalttätig. Sie waren die Hölle auf Rädern, und wenn sie nur ein Zehntel des Erfolgs bei Frauen hatten, den man ihnen nachrühmte, gab es keine Frau – vom Bürger über die Krankenschwestern bis zu den Vornehmen aus den Vororten –, die ihnen zu widerstehen vermochte.
    Nun, er gönnte ihnen den Ruhm und die Frauen. Er hatte den ungefährlicheren Weg zur Unsterblichkeit gewählt. Das schafften nur wenige Polizisten.
    Nach den Motorrädern kam ein Ambulanzwagen, die gepanzerten Luken geschlossen; ein Schnellfeuergeschütz drehte sich ruhelos auf der Suche nach einem Ziel. Dahinter wieder Motorradfahrer. Über dem Konvoi schwebte ein Hubschrauber.
    Im Sonnenlicht blitzte etwas auf, wurde zu einer Reihe kleiner, runder Objekte unter dem Hubschrauber, die in weitem Bogen auf die Straße hinabfielen. Eines nach dem anderen zerbrachen sie.
    Wie Marionetten, die an Drähten losgelassen werden, fielen die Motorradfahrer auf die Straße, rutschten dahin, während die Motorräder langsamer wurden und auf ihren Einrädern zum Stehen kamen.
    Der Ambulanzwagen konnte nicht halten. Er überrollte einen der gestürzten Motorradfahrer, prallte gegen das Motorrad, schob es beiseite. Das Schnellfeuergeschütz war vorgezuckt, um die Radarzielvorrichtung auf den Hubschrauber einzustellen, aber die Flugmaschine surrte schon über den Dächern dahin. Bevor das Geschütz zu feuern vermochte, war sie verschwunden. Harry bemerkte einen durchdringenden Geruch. Sein Kopf fühlte sich angeschwollen und leicht an. Die Straße kippte, richtete sich gerade.
    In der Mitte der Menge hinter dem Ambulanzwagen zuckte ein Arm hoch. Etwas Dunkles flog durch die Luft und zerbrach an der Oberseite des Fahrzeugs. Flammen fauchten darüber hinweg, tropften nach unten, rannen in Schießschlitze und Ausguckluken, wurden durch die Luftkanäle eingesogen.
    Einen Augenblick lang geschah gar nichts. Die Szene wirkte wie ein erstarrtes Bild. Die Ambulanz, die Motorräder, aufrecht auf der Straße. Die Fahrer und ein paar Bürger zusammengebrochen auf dem Pflaster, die Zuschauer, die emporzuckenden Flammen, aus denen oben rußiger, schwarzer Rauch wuchs.
    Die Seitentür der Ambulanz öffnete sich, ein Arzt taumelte heraus, umklammerte einen Gegenstand, schlug mit der anderen Hand auf die Flammen an seiner weißen Jacke. Die Bürger sahen schweigend zu, ohne zu helfen oder sonst irgendwie einzugreifen. Aus ihrer Mitte trat ein dunkelhaariger Mann. Seine Hand hob sich. Sie hielt etwas Dunkles. Die Hand zuckte gegen den Kopf des Arztes. Harry konnte über dem Dröhnen der Motorräder und der Ambulanz nichts hören. Die Pantomime wurde fortgesetzt,

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