Der Gandolfo-Anschlag - Ludlum, R: Gandolfo-Anschlag
daß das Bakelit zersprang.
Nichts.
Er blickte auf die Menschenmenge und die Soldaten und bemerkte, wie sie kicherten und schrien und grinsten.
Hawkins rannte die Treppen hinunter und hetzte quer über den Rasen. Sämtliche Fenster waren nicht nur geschlossen, auch die eisernen Innenjalousien hinter dem Gitterwerk waren heruntergelassen. Die ganze gottverdammte Mission war fest verrammelt, eine riesige, weiße, rechteckige Muschel, die zugeklappt war.
Er rannte an dem Gebäude entlang. Überall das gleiche — verschlossene Fenster, eiserne Jalousien, Gitterwerk.
Er stürmte über den Rasen an der Rückfront des Hauses zu dem breiten Hintereingang, trommelte gegen die Tür und schrie lauter als je zuvor in seinem Leben.
Schließlich öffnete sich der Schlitz, und ein anderes Augenpaar erschien — weniger verängstigt als die Augen am Vordereingang, aber dennoch weit aufgerissen und bestürzt.
»Machen Sie diese Scheißtür auf!«
Wieder erschienen Lippen, und jetzt konnte MacKenzie einen grauen Schnurrbart sehen. Es war der Botschafter. »Verschwinden Sie, Hawkins!« befahl die tiefe, britisch wirkende Stimme, die im Establishment des Ostens ausgebildet worden war. »Sie sind völlig unwichtig.«
Und der Schlitz wurde wieder geschlossen.
MacKenzie stand reglos da. Raum und Zeit schienen in
einem Nichts zu verschmelzen. Auf unbestimmte Art wurde ihm bewußt, daß die Menschenmenge und die Soldaten jetzt um das Gitterwerk an den Seiten und am hinteren Teil der Mission herumgekommen waren.
Ohne richtig zu denken, zog er sich vom Eingang zurück und blickte an der Außenwand des Gebäudes nach oben, zum Dach.
Er konnte es schaffen, wenn er die Fenstergitter benutzte. Er sprang ans erste Fenster und kletterte an dem Gitterwerk nach oben, bis er die nächste Gitterstange erreicht hatte, die aus der Wand ragte.
In wenigen Minuten hatte er die Gebäudewand erklettert und zog sich jetzt an dem schrägen Dach nach oben.
Er arbeitete sich bis zum Giebel hinauf und sah sich um.
Die Fahnenstange stand mitten im Gras, links vom Kiesweg. Die Sterne und Streifen bewegten sich schwach in der Brise.
Generalleutnant MacKenzie Hawkins vergewisserte sich, aus welcher Richtung der Wind kam, und zog dann den Reißverschluß seiner Hose auf.
4.
Devereaux lächelte dem Portier im Beverly Hills Hotel zu, ging dann um das riesige Automobil herum auf die Fahrerseite, gab dem Garagenwächter ein Trinkgeld und setzte sich hinter das Steuer. Die grelle Sonne spiegelte sich in der Motorhaube. Alles war so typisch Kalifornien. Portiers, Garagenwächter, stumme Trinkgelder, übergroße Wagen und blendende Sonne.
Ebenso wie das Telefongespräch, das er vor zwei Stunden mit der ersten Mrs. MacKenzie Hawkins geführt hatte.
Er hatte sich dafür entschieden, logisch anzufangen, die fortschreitende Vernichtung des Mannes schrittweise zu betreiben. Ganz sicher würde sich dabei ein Schema entwickeln. Es würde einfacher sein, seinen Auftrag zu erledigen,
wenn er zunächst eruierte, wie seine Zielperson mit der wirklich korrupten Welt in Berührung gekommen war. Weiche Seide und Geld, im Gegensatz zu Tod, Folter und der Arroganz von West Point ...
Regina Sommerville Hawkins war es, die diese erste Verbindung hergestellt hatte. Den Datenbänken zufolge stammte Regina aus dem Virginia Hunt Country, war reich und verwöhnt, ein Zögling von Foxcroft and Finch. 1947 hatte sie Jagd auf die Trophäe namens Hawkins gemacht – als der gefeierte jugendliche Kämpfer der Ardennenschlacht die Nation mit ähnlich atemberaubenden Leistungen auf dem Sportplatz beeindruckt hatte. Da Daddy Sommerville der größte Teil von Virginia Beach gehörte und Ginny eine echte Südstaatenschönheit war – Geld und Magnolien, nicht nur der Duft - ließ sich das leicht bewerkstelligen. Der heroische, durch die Ränge aufgestiegene Mann aus West Point wurde ihr vorgestellt, sofort von der gedehnten Sprechweise, dem großen Busen und den sonstigen Annehmlichkeiten dieser weichen, aber hartnäckigen Tochter der Föderation überwältigt und vorübergehend besiegt.
Daddy kannte eine Menge Leute in Washington, und so erwartete Regina im Verein mit Hawkins’ eigenen Talenten und bisherigen Leistungen, daß sie binnen sechs Monaten die Frau eines Generals sein würde. Spätestens in einem Jahr.
In Washington. Oder Newport News. Oder New York. Oder vielleicht auf dem lieblichen Hawaii. Mit Bediensteten und Uniformen und Tanzveranstaltungen und noch mehr Bediensteten
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