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Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition)

Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition)

Titel: Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Lethem
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Unaussprechliche unausgesprochen.
    Police Lieutenant Douglas Lookins war der Liebhaber, der sie verdiente. Vielleicht der Liebhaber, den Rose verdiente, wobei sie gar nicht soviel verlangt hätte. Und sie besaß ihn ja sowieso nicht. Es war sinnlos, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wer die Unbesitzbaren verdient hatte. Ihr schwarzer Cop, der noble, beständige Enkel der Sklaverei, der ausgehungerte Ehemann und missmutige Vater, Veteran der Ardennenoffensive, Republikaner der Eisenhowersorte, 1,88 groß und gut 130 Kilo aus moralischem Bauholz, unterdrückter Wut und verschaltem Kummer, Fleisch gewordene Chiffre des amerikanischen Schicksals, der die Greenpoint Avenue entlang patrouillierte, Kinder von Treppenstufen und Parkuhren verscheuchte, die Leute mit Blicken warnte, ihn ja nicht blöd anzuquatschen – dieser Mann sollte von Rose alles bekommen, was er wollte.
    Was Rose von ihm wollte, hatte er ihr auf den ersten Blick gegeben und zwar umfassend: gesehen werden. Das auf Anhieb elektrisierende Aufwallen gegenseitigen Erkennens bei der Versammlung des Mieterverbands, zu dem er abkommandiert worden war, um die beiden unerschrockenen Vermieter zu beschützen, die tatsächlich bereit gewesen waren, dem potentiellen Lynchmob Rede und Antwort zu stehen. Rose hatte sich die Versammlung eigentlich nur ansehen wollen, konnte es sich dann aber doch nicht verkneifen, aufzustehen und ein paar Worte zu sagen, um die ganze Angelegenheit von einer globalen Warte aus zu betrachten und Mietverhältnisse mit der irischen Leibeigenschaft zu vergleichen, und sei es nur, um frontal auf die idiotischen Paddys der zweiten und dritten Generation losgehen zu können, die bei dieser Frage wie bei so vielen anderen die reaktionärste Fraktion der ganzen Nachbarschaft bildeten. Sie hatte gerade erst ein paar Vergleiche skizziert, als sie merkte, dass Douglas sie skeptisch und finster ansah, ein Blick mit mehr Anerkennung, als sie ertragen konnte.
    Anerkennung – wofür? Wer war Rose Zimmer inzwischen?
    Fast urplötzlich war sie nicht mehr die Jüngste. Mutter einer vierzehnjährigen Paroli-Bieterin. Miriam mit ihrer rasiermesserscharfen Aufmerksamkeit, die kurz davor stand, diese auf Jungen und Elvis Presley zu verschwenden – ein Ausbruch der Hormone, den Rose fast schon als Erleichterung empfand, eine dringend gebotene Unterbrechung des Laserstrahls, den die außergewöhnliche Intelligenz dieses Kindes darstellte; Miriam, die an Roses Scharmützeln mit ihren Schwestern und Sol Eaglin teilnahm; Miriam, die sich an ihren Vetter Lenny ranhängte und sich gleichzeitig über ihn lustig machte, indem sie ihm unheimlich papageienartige Fragen nach Baseball und Münzen stellte; Miriam, die sich durch Bücher hindurchfräste, durch alles in Roses Regalen, alles, was Rose aus der Bibliothek mitbrachte, alles, was irgend verfügbar war – mit Ausnahme des Lincoln-Schreins, den sie als Achtjährige zweimal umgestoßen hatte, wofür sie eins hinter die Löffel bekommen hatte, weshalb sie seither einen großen Bogen darum machte. Miriam, die zweifelsohne keinen Tadel und keinen Klaps je vergaß, sondern im Kopf schweigend katalogisierte, egal ob sich Rose entschuldigte oder nicht.
    Zu viel Mutter. Aber nicht hier. Ein Grund mehr, beim Mieterverband aufzustehen und das Wort zu ergreifen: um als etwas anderes wahrgenommen zu werden denn als alleinerziehende Mutter in der Wohnung, wo die eine Tag für Tag dem Begehrtwerden und der Fruchtbarkeit entgegenreifte, während die andere von denselben fortblühte; um etwas anderes zu sein, als die großartige Buchhalterin von Real’s Radish & Pickle – wo sie inzwischen selbst für ihre Stunden verantwortlich war und ihre Büroarbeit quasi en passant erledigte –; um als Zoon politikon und als Frau gesehen zu werden. Jeden Tag, an dem sie den Queens Boulevard entlanglief, wurde sie weniger angestarrt. Bei jedem Mann, der früher noch verstohlen in ihre Richtung geschaut hätte, fühlte sich Rose weniger als Frau und mehr als politisches Wesen, oder vielleicht auch als Moralapostel. Denn sie strotzte nur so vor Missbilligung und übertrumpfte jeden, der es wagte, das politische Vexierbildihrer einzigartigen Position als politischer Exilantin von links oder rechts zu kritisieren. Die umkämpfte Partei wollte nichts mit ihr zu tun haben, und der Pulk der Antikommunisten wusste nicht, was man mit einer unbeschämbaren Roten anfangen sollte. Je mehr sie sich für kommunale Projekte wie die

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