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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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oft Gelegenheit, mich auszuruhen und zuzuschauen, wie die Zelte errichtet, die Kochfeuer entzündet und die Speisen zubereitet wurden.
    Jeden Abend, wenn der Himmel blutrot im letzten Licht des Tages leuchtete, erschienen der Emir und sein Gefolge, und dann war das Lager fertig. Der Emir aß nur einfache Mahlzeiten und für gewöhnlich allein. Anschließend pflegte er oft, Gefolgsleute zu empfangen - manche einzeln, doch oft auch in Gruppen zu zweit oder zu dritt.
    Da man mich die meiste Zeit über mir selbst überließ, suchte ich mir einen Schlafplatz, legte mich aufden Boden und lauschte dem Klang seldschukischer Stimmen, die laut durchs Lager hallten. Die Türken sprachen meist bis tiefin die Nacht hinein miteinander, und ihre Unterhaltungen wurden häufig von ausgelassenem Gelächter unterbrochen, das jedoch stets so rasch wieder verstummte, wie es erklungen war. Dann, am Morgen, pflegte der Emir aus seinem Zelt zu treten, dem Truchsess einige Befehle zu erteilen, aufs Pferd zu steigen und davonzureiten. Seinen Dienern überließ er es, das Lager abzuschlagen und zum nächsten Rastplatz weiterzuziehen.
    Nach einigen Tagen unterwegs, begannen meine Wachen das Interesse an mir zu verlieren. Ich wurde nicht besser oder schlechter behandelt als ein Maultier, das zum Lager gehörte; aber wenn niemand sich um mein Wohlergehen kümmerte, so fügte mir zumindest auch niemand unnötige Qualen zu. Die Männer hier waren keine Krieger, sondern Diener. Sie hatten keinerlei Erfahrung in der Bewachung von Gefangenen, und so verspürten sie auch nicht das Bedürfnis, mich zu fesseln. Vielleicht hielten sie eine Flucht auch für unwahrscheinlich, zumal sich um uns herum nur Wüste befand. Wohin hätte ich da wohl fliehen sollen?
    So vergingen die nächsten acht oder zehn Tage. Jeder einzelne glich so sehr dem anderen, dass ich vergaß, sie zu zählen; ich trottete einfach den anderen hinterher, bis wir Damaskus erreichten. Ich hörte einen der Araber etwas rufen, und plötzlich wurde überall geredet. Ich hob den Kopf und sah etwas in der Ferne schimmern.
    Es war bereits spät am Tag, und die tief stehende Sonne ließ die weißen Steinmauern der Stadt wie Elfenbein oder Alabaster wirken. Ich wischte mir den Schweiß aus den Augen und blickte besorgt und erregt zugleich auf das schimmernde Damaskus. Vor mir lag das Schicksal, dem ich mich nun schon so viele Tage langsam entgegenbewegt hatte, und ich hatte nicht die geringste Ahnung, was mich an unserem Ziel erwartete.
    Doch anstatt weiter in Richtung Stadt zu ziehen, befahl der Truchsess, an einem nahe gelegenen Brunnen das Lager aufzuschlagen. Während die Diener hierhin und dorthin eilten, stellte ich meine Last ab und setzte mich auf die Lehmumrandung des Brunnens, um dem Treiben zuzuschauen. Mir fiel auf, dass die Diener diesmal weit sorgfältiger arbeiteten, als ich es von ihnen gewohnt war, und mir kam der Gedanke, dass der Emir vielleicht beabsichtigte, Würdenträger aus der Stadt zu empfangen.
    Nachdem man unter einigen hohen Dattelpalmen das Zelt des Emirs aufgeschlagen hatte, lud man diesmal den Schatz ab - für ge-wöhnlich ließ man ihn auf den Tragegestellen der Tiere - und brachte ihn ins Zelt. Nachdem diese Arbeit erledigt war, machten sich die Diener daran, das Abendessen zuzubereiten, und ich nahm die Gelegenheit wahr, um ein wenig im Sonnenuntergang zu dösen.
    Der Truchsess muss mich mit meiner Kiste zwischen den Beinen schlafen gesehen haben, denn ich wurde von einem kräftigen Tritt in die Rippen geweckt und sah den Mann über mir. Wütend redete er in Türkisch auf mich ein. Bevor er mich jedoch ein zweites Mal treten konnte, sprang ich auf, woraufhin er die Kiste aufhob und sie mir in die Arme drückte. Noch immer brüllend deutete er auf das Zelt des Emirs, und schließlich verstand ich, dass ich die Kiste dort zum Rest des Schatzes stellen sollte.
    Ich gehorchte. Da niemand mir die Kiste abnahm - alle waren mit irgendetwas beschäftigt -, und da die Zeltklappe offen war, trat ich frech hinein. Den Schatz hatte man einfach auf einen Haufen geworfen. Ich unterdrückte meinen anfänglichen Wunsch, die Kiste einfach dazuzuwerfen, aus Furcht, sie könne sich öffnen und ihr widerlicher Inhalt über den Boden rollen; stattdessen beschloss ich, mich einen Augenblick lang nach einem sicheren Aufbewahrungsort umzusehen.
    Vorsichtig zog ich einige Gegenstände aus dem Schatzhaufen und stellte sie beiseite: eine goldene Schüssel, einen Zeremonienköcher mit vier

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