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Der Gast: Roman

Der Gast: Roman

Titel: Der Gast: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Beifahrersitz bemerkte.
    Ich kann sie nicht mitnehmen, das ist klar.
    Marta wandte sich ab und eilte zum Tor am Hintereingang des Gebäudekomplexes. Ehe sie es öffnete, blickte sie in den Hof. Sie konnte nicht viel erkennen: Den Weg hinter dem Tor, den Großteil des Swimmingpools und das Tor am Vordereingang auf der anderen Seite des Beckens.
    Beide Enden des Hofes lagen außerhalb ihres Blickfelds.
    Sie wollte nicht mit der Pistole in der Hand hineingehen.
    Deshalb nahm sie das Schlüsselmäppchen zwischen die Zähne, zog den Ausschnitt des T-Shirts herunter und steckte die Pistole hinein. Sie schob den Lauf unter die rechte Achsel und klemmte ihn dort ein. Der Griff drückte gegen ihre Brust.
    Die Pistole war schwer und kühl.
    Sie wünschte, sie wäre geladen.
    Da kümmere ich mich gleich drum.
    Sie nahm die Schlüssel in die Hand, trat durch das Tor und ging schnell in den Hof.
    Über vielen Eingängen brannte Licht, doch die Türen waren alle geschlossen. Die meisten Fenster waren dunkel. Sie ließ den Blick über die Stockwerke schweifen und sah niemanden, der zu ihr hinunterblickte.
    Man kann nie wissen.
    Mit der Pistole unter der Achsel stieg sie leise die Treppe hinauf.
    Die Lampe über Neals Tür brannte nicht.
    Er lässt sie nachts immer an.
    Vielleicht hat Glitt sie ausgeschaltet, dachte sie.
    War er dort gewesen? Sehr wahrscheinlich. Er hatte geplant, vorbeizukommen, ehe er zur Geldübergabe fuhr.
    Wir hätten hier auf ihn warten können. Ihn erledigen können, wenn er aufgetaucht wäre. Wenn wir das getan hätten, würde Neal noch …
    Neal ist tot.
    Tot.
    Unmöglich. Das muss ein Irrtum sein. Oder es ist ein besonders schrecklicher und realistischer Albtraum.
    Ich würde wirklich gern aufwachen.
    Bitte, lass mich aufwachen. Lass alles ein Traum sein. Wir schlafen alle noch tief in meinem Bett, und ich werde aufwachen, Neal ist da, und sein Kopf liegt auf meiner Hüfte und Sues Kopf auf meiner Schulter. Wir sind das berühmt-berüchtigte Bi-Sie …
    Doch sie wusste, sie würde nicht aufwachen.
    Es war die Wirklichkeit.
    Ich würde alles dafür geben, die Zeit zurückdrehen zu können. Noch einmal von vorne anzufangen.
    Dieses Mal würden wir uns von Video City fernhalten.
    Verdammt, uns auch von Vince fernhalten.
    Soll er doch sein verfluchtes Geld behalten.
    Wenn wir irgendetwas anders gemacht hätten, würde Neal jetzt noch leben.
    Es kam ihr ungerecht vor, dass man nicht in die Vergangenheit zurückkehren konnte.
    Was ist los mit dir, Gott? Lieber Gott, erbarme dich. Was hat Neal denn je einem Menschen angetan? Möchtest du, dass dieses Kind ohne Vater aufwächst?
    Und überhaupt, ich habe ihn geliebt. Was ist los mit dir?
    Ich sage dir, was mit dir los ist – es kümmert dich einen Dreck.
    Als sie oben angekommen war, liefen ihr Tränen über das Gesicht. Schniefend und leise schluchzend ging sie den Laubengang entlang und suchte den Schlüssel zu Neals Tür aus dem Ledermäppchen.
    Schieb es nicht auf Gott, sagte sie sich. Wir haben es uns selbst eingebrockt.
    Wir selbst? So ein Scheiß. Gib die Schuld den richtigen Leuten – Vince und Glitt und den Arschlöchern, die Neal erschossen haben.
    Sie griff in den Ausschnitt ihres T-Shirts und zog die Pistole hervor. Dann sperrte sie das Schloss auf. Sie öffnete die Tür. Es brannte kein Licht im Inneren.
    Kein Grund zur Sorge, sagte sie sich. Es ist niemand hier. Glitt ist auf dem Weg zu Vinces Haus. Wahrscheinlich.
    Ganz bestimmt. Vince hat ihn nicht nur um eine halbe Million betrogen, sondern auch noch einen Wagen voller Gangster angeheuert, die ihn umnieten sollten.
    Und Neal getroffen haben!
    Denk jetzt nicht an ihn, sagte sie sich. Nicht. Reiß dich zusammen und erledige, was zu erledigen ist.
    Sie trat in das dunkle Zimmer und drückte mit dem Ellbogen auf einen Lichtschalter. Hinter ihr ging die Außenlampe an. Sie betätigte den zweiten Schalter, und das Wohnzimmer war plötzlich hell erleuchtet.
    Alles schien in Ordnung zu sein.
    Marta schloss die Tür.
    Sieh dich lieber um.
    Aber beeil dich, um Gottes willen.
    Sie lief durch das Wohnzimmer. Als sie in den Essbereich trat, sah sie sich um. Ihre zerschnittenen Füße hatten schwache rötliche Abdrücke auf dem grauen Teppich zurückgelassen. Sie nahm an, dass sie auch im Hof und auf der Treppe eine Spur hinterlassen hatte.
    Spielt keine Rolle. Mir egal.
    Beim Anblick von Neals Computer überkam sie eine Welle von Übelkeit.
    Er wird nie mehr ein Drehbuch schreiben. Nie groß rauskommen. Nie

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