Der Gast: Roman
mehr irgendwas.
Sie drehte sich um und ging in die Küche.
Gut, gut, gut. Niemand hier. Weiter.
Sie eilte ins Bad und schaltete das Licht an.
Gut, gut …
Sie sah sich selbst im Spiegel.
Es überraschte sie nicht, dass ihr Gesicht blutverschmiert war; sie hatte das getrocknete Blut auf den Wangen, dem Kinn und um den Mund herum gespürt. Aber es war viel schlimmer, als sie erwartet hatte.
»Carrie auf dem Schulball«, murmelte sie.
Das kam alles davon, dass sie sich auf Neal geworfen und ihn geküsst hatte.
Im Gegensatz zu Carrie hatte Marta fast kein Blut in den Haaren. Doch ihr Gesicht war eine einzige rote Schmiererei, und Blut war an ihrem Hals hinuntergelaufen. Ihr T-Shirt, bis ganz nach unten …
Sie legte die Pistole und die Schlüssel auf den Rand des Waschbeckens, schloss die Tür und verriegelte sie. Mit beiden Händen fasste sie den Saum des T-Shirts. Sie zog daran, und das T-Shirt löste sich von ihrer Haut. Sie zerrte es sich über den Kopf.
Ich habe keine Zeit dazu, dachte sie. Ich habe noch nicht einmal die restliche Wohnung durchsucht. Was, wenn jemand im Schlafzimmer ist?
»Scheiß drauf«, sagte sie leise.
Es fühlte sich gut an, das blutige T-Shirt los zu sein. Sie knüllte es zusammen und warf es in die Badewanne. Dann stieg sie hinein, zog den Vorhang zu und beugte sich zum Wasserhahn hinunter.
Beeil dich, beeil dich! Nur schnell das Blut abspülen.
Das Wasser plätscherte kalt auf ihren Rücken. Sie schrie auf und zuckte zurück. Ohne zu warten, bis es warm wurde, richtete sie sich auf. Der kalte Strahl durchnässte ihr Haar, dann traf er ihr Gesicht.
Mit geschlossenen Augen und zusammengepressten Lippen hielt sie ihr Gesicht unter den Duschkopf.
So geht das meiste ab. Spar dir die Seife, sonst kostet dich auch noch das Abspülen Zeit.
Marta rieb sich mit den Händen übers Gesicht, den Hals, die Schultern, die Arme und Brüste. Sie hatte am ganzen Körper Gänsehaut. Ihre Nippel ragten steif hervor.
Ich werde nie mehr Neals Hände spüren. Oder seinen Mund.
Denk nicht an ihn!
Das Wasser war nun nicht mehr so kalt.
Sie trat zurück, und der Strahl wanderte an ihr herab. Warm prasselte er auf ihre Brüste. An ihrem Bauch angelangt war er schon ziemlich heiß. Als er ihre Scham und die Oberschenkel traf, war er zu heiß. Sie bückte sich schnell in das dampfende, auf der Haut brennende Wasser und drehte den Hahn zu.
Sie richtete sich auf, wischte sich die Augen und sah an sich hinunter. Ihre Haut war gerötet und glänzte. Die Gänsehaut war verschwunden. Und das Blut auch. Die Schnitte an den Knien schienen nicht mehr zu bluten.
Sie schob den Vorhang zur Seite und stieg aus der Wanne.
Das ging wirklich schnell. Es ist noch nicht mal der Spiegel beschlagen.
Sie zog ein Handtuch von der Stange, rubbelte sich kurz das Haar ab, legte sich das Handtuch über die Schultern und öffnete die Tür. Dann nahm sie die Pistole und die Schlüssel. Tropfend lief sie in Neals Schlafzimmer und schaltete das Licht an.
Niemand da.
Sie ging auf Neals Bett zu, um sich auf die Knie sinken zu lassen und darunter zu sehen.
Verschwende keine Zeit. Wenn der Schwarze Mann hier wäre, hätte er dich schon unter der Dusche geschnappt.
Sie wandte sich zur Kommode. In dem Spiegel darüber sah sie, wie sie die Pistole und die Schlüssel ablegte. Ihr Haar war ein dunkles Durcheinander. Wasser tropfte an ihr herab.
Sie erwog, das Handtuch von den Schultern zu nehmen und sich abzutrocknen.
Warum sollte ich Zeit vergeuden? Wen interessiert es, dass ich nass bin?
Sie zog die Schublade heraus, in der Neal normalerweise seine Munition aufbewahrte. Unter ein paar Socken versteckt lag eine flache Schachtel, auf der stand: .380er Automatik.
Erst auf einem, dann auf dem anderen Fuß stehend, inspizierte sie die Schnitte in ihren Fußsohlen. Nichts Ernstes. Es blutete kaum noch. Sie wollte sich nicht mit Pflastern aufhalten, deshalb nahm sie ein Paar Socken aus der Schublade und zog sie an. Sie fühlten sich dick und bequem an.
Sie holte die Munitionsschachtel aus der Schublade, öffnete sie und zog den durchsichtigen Plastikhalter heraus, in dem die Patronen steckten.
Wasser lief an ihr herab. Die Tropfen kitzelten auf der Haut.
Kümmere dich nicht drum.
Der Halter war ungefähr halb voll. Die Patronen standen aufrecht darin: mehrere Reihen von Kreisen, die aussahen wie goldene Räder mit stumpfen eisernen Radkappen in der Mitte.
Marta nahm die Pistole. Der Schlitten war zurückgezogen und zeigte
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