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Der Gast: Roman

Der Gast: Roman

Titel: Der Gast: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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ein Grün! Meinst du, es sind Smaragde?«
    »Nur grünes Glas.«
    »Ich weiß nicht, Mann. Für mich sieht das nicht nachgemacht aus. Was hat sie dafür bezahlt?«
    »Es war ein Geschenk. Da verrät man doch nicht den Preis.«
    »Du weißt es nicht? Es ist bestimmt teuer gewesen.« Sue hielt das Armband vor die sonnendurchflutete Windschutzscheibe. Sie schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf.
    »Mann, guck mal, wie das glänzt.«
    »Stimmt«, sagte Neal.
    »Diese Marta muss dich echt lieben.«
    Er errötete ein wenig. »Ich glaube schon.« Er nahm an, dass Marta ihn wirklich liebte, doch das war nicht der Grund für seine Scham. Es war ihm unangenehm, dass er Sue, die so vertrauensvoll und offen war, eine ganze Reihe von Lügen aufgetischt hatte.
    Sue strich mit dem Zeigefinger über das Armband. Sie sagte nichts. Neal versuchte, die Straße im Auge zu behalten, doch er konnte nicht anders, als immer wieder zu ihr hinüberzublicken.
    Sie näherte sich mit dem Armband ihrem Gesicht.
    »Hey!«, blaffte Neal.
    Sie zuckte zusammen. »Was ist?«
    »Was machst du da?«
    »Nix. Ich will nur wissen, wie es sich anfühlt.« Sie sah ihn gekränkt an und strich vorsichtig mit dem Armband über ihre Wange. »Fühlt sich gut an.« Sie schloss die Augen und liebkoste sich weiter mit dem Armband.
    »Gib es mir jetzt lieber zurück«, sagte Neal.
    »Okay.«
    Aber sie hörte nicht auf.
    »Sue?«
    »Ja, ist gut. Mein Gott. Es ist so unglaublich glatt …« Sie berührte es sanft mit den Lippen.

23
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    »Nein!«, schrie Neal und versuchte, ihr das Armband wegzureißen.
    Zu spät.
    Kurz nachdem Sue das Armband mit den Lippen berührt hatte, erschlaffte sie auf dem Beifahrersitz. Ihr rechter Arm fiel herab und blieb mit dem Armreif am Handgelenk neben ihrer Hüfte auf dem Polster liegen.
    Neal versuchte, es zu erreichen. Der Sicherheitsgurt hielt ihn zurück. Außerdem war seine Reichweite verkürzt, weil die die andere Hand das Lenkrad hielt. Er kam nur bis zur Oberseite von Sues Bein.
    Er griff nach der Schnalle des Gurts.
    O Gott, dachte er. Sie hat es getan. Sie ist draußen. Wo ist sie hingegangen?
    In mich? Was, wenn sie in mir ist?
    Vielleicht ist sie woanders. Sie könnte überall sein.
    Aber ich bin am nächsten bei ihr.
    Er löste den Verschluss und warf den Gurt zur Seite. Während er die linke Hand oben auf das Steuer legte, sah er auf die anderen Spuren. Um ihn herum war zum Glück kein Verkehr.
    Wehe, sie ist in mir! Wehe! Verdammt! Ich hätte sie das Armband nicht anfassen lassen dürfen. Mein Gott, ich wusste es.
    Er lehnte sich hinüber und griff über Sues Schoß.
    Und stieß sie dabei mit der Schulter an.
    Es war kein harter Stoß, doch es reichte, um sie aus dem Gleichgewicht zu bringen. Sie rutschte zur Seite, bis ihre rechte Schulter an der Tür lag. Ihr Kopf schlug gegen das Fenster.
    Und ihre Hand fiel vom Polster in den Spalt zwischen Sitz und Tür.
    Neal konnte weder die Hand noch das Armband sehen.
    »Fall runter«, befahl er dem Armband im Geiste. Er wusste, dass es zu groß für Sue war; es müsste eigentlich von ihrem Handgelenk rutschen und zu Boden fallen.
    Sie blieb schlaff liegen.
    Elise hatte gesagt, man würde sofort in seinen eigenen Körper zurückkehren, wenn der Kontakt zum Armband unterbrochen wurde.
    Dann wäre sie jetzt schon zurück.
    Offensichtlich war es nicht abgefallen.
    Ich muss anhalten und es ihr schnell abziehen. Mein Gott, mein Gott. »Bist du in mir, Sue? Raus mit dir!« Verdammt. Das hat man davon, wenn man nett zu jemandem ist. »Raus!«
    Er nahm den Fuß vom Gaspedal. Vor ihm befand sich ein Abschnitt, an dem der Randstreifen breit genug war. Er sah in den Rückspiegel. Hinter ihm war niemand.
    »Wehe, du bist in mir! Geh raus, verflucht noch mal!«
    Neal trat auf die Bremse. Er steuerte den Wagen auf den gekiesten Randstreifen. Steine flogen durch die Luft und schlugen gegen den Fahrzeugboden. Im Spiegel sah er eine gelbe Staubwolke aufwirbeln.
    Der Wagen kam schlitternd zum Stehen.
    Mit dem Fuß auf der Bremse ließ Neal das Lenkrad los, warf sich über Sues Schoß und griff in den Spalt zwischen Sitz und Tür. Er wusste, dass er ihr wehtun könnte: sein Ellbogen bohrte sich in ihr Bein, er presste sich gegen ihren Bauch, sein rechter Oberarm drückte gegen ihre Brüste. Es kümmerte ihn nicht besonders.
    Geschieht ihr recht, dachte er, und es war ihm egal, dass sie vermutlich in seinem Kopf war und seine Gedanken mitbekam.
    Im Moment interessierte ihn nur das

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