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Der Gast: Roman

Der Gast: Roman

Titel: Der Gast: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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gab ihr das Armband. »Aber bleib bloß aus mir draußen. Und geh nicht weg. Ich bin in ein paar Minuten zurück.«
    »Lass dir Zeit.«

28
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    Als er im Apache Inn eincheckte, bemerkte Neal, dass er sich umsonst Gedanken gemacht hatte, ob er Sue als seine Frau ausgeben sollte. Die Angestellte am Empfang fragte nur, mit wie vielen Personen er unterwegs sei, dann konnte er zwischen einem Zimmer mit einem oder zwei Doppelbetten auswählen. Er entschied sich für das Zimmer mit zwei Betten.
    In dem Anmeldeformular musste man keine Informationen über die Mitreisenden eintragen. Er füllte es aus, schob es über den Tresen und reichte der Rezeptionistin seine Kreditkarte.
    Als er den Beleg unterzeichnete, überlegte er, ob er besser ein separates Zimmer für Sue hätte nehmen sollen.
    Wenn Marta das jemals herausfindet, gibt es eine Menge Erklärungsbedarf, dachte er.
    Ich habe ein Zimmer mit zwei Betten genommen.
    Er stellte sich vor, wie Marta grinsend den Kopf schüttelte und sagte: »Ach, wenn das so ist. Da bin ich aber erleichtert.«
    Er versuchte, sich zu verteidigen. »Wir haben nichts gemacht, Marta.«
    »Wie viele Schlüssel brauchen Sie, Mr. Darden?«, unterbrach die Rezeptionistin seinen Tagtraum.
    »Zwei, glaube ich.«
    Sie gab ihm die Schlüssel, erklärte ihm, wo das Zimmer war, und fragte, ob er Hilfe mit dem Gepäck brauche. Neal schüttelte den Kopf. »Danke, das schaffen wir allein.« Er runzelte die Stirn. »Aber ich würde gern telefonieren, ehe ich aufs Zimmer gehe. Gibt es hier ein Telefon?«
    »Hinter der Bar, bei den Toiletten.« Sie zeigte dorthin.
    »Danke.«
    Er ging in die Richtung, in die sie gezeigt hatte, und betrat den Kasinobereich des Hotels. Es war anders als in den großen Kasinos, die er in Las Vegas, Lake Tahoe, Reno und Laughlin gesehen hatte. Hier sah es eher aus wie im Saloon eines alten Westerns: düster, verraucht, eine niedrige Holzdecke und Kronleuchter.
    Doch es klang wie in allen anderen Kasinos auch: ein ziemliches Durcheinander von Gedudel, klimpernden Münzen, dem Rattern von Spielautomaten, Stimmen und dem Klingeln, wenn jemand einen Jackpot knackte.
    Es roch nach Zigarettenrauch, Parfum und Schnaps.
    Die Bar nahm die Wand zu seiner Rechten ein. Es saßen nur wenige Gäste auf den Hockern, sodass Neal die Bilder auf der Holzvertäfelung sehen konnte: ein zerklüfteter schneebedeckter Gipfel; ein Bach, der sich durch einen schattigen Wald wand; Wellen, die sich an einer einsamen Küste brachen.
    Die Bar war ein Kunstwerk. Neal fragte sich, ob sie wie so viele andere Gegenstände, die in den Saloons des Wilden Westens gelandet waren, in Europa hergestellt und um Kap Hoorn herum nach San Francisco verschifft worden war.
    Nahe dem Ende der Bar gab es das Bild einer pummeligen Nackten mit rosafarbenen Nippeln, die sich selbst in einem Spiegel bewunderte.
    Als Neal daran vorbeiging, warf er einen Blick in ihren Schritt.
    Es gab nicht viel zu sehen. Nur die Andeutung eines hellen Haarbüschels.
    Doch der Anblick löste bei Neal eine Erinnerung an Karen aus. Er dachte daran, wie er sie von hinten auf dem Boden kniend gesehen hatte, nachdem er sie geschlagen hatte. Das Schamhaar. Die glänzende Spalte.
    Schade, dass Sue ihre »Liebestöter« angehabt hat, als sie unter den Tisch gerutscht ist. Da hätte man einen herrlichen Ausblick gehabt …
    Was, wenn sie in meinem Kopf ist?
    Plötzlich wurde ihm ganz heiß vor Scham.
    Ich hätte ihr nicht das Armband dalassen sollen. Wie dämlich!
    Aus irgendeinem Grund hatte Neal angenommen, dass sie es nicht bei ihm benutzen würde, als sie danach gefragt hatte.
    Wahrscheinlich tut sie das auch nicht, sagte er sich.
    Man kann sich nicht sicher sein.
    Als er die Münztelefone fand, überlegte er, zum Auto zu gehen und ihr das Armband wegzunehmen.
    Und dann?
    Zum Teufel damit.
    »Wenn du in mir bist, Sue, dann verschwinde jetzt. Ich will nicht, dass du mein Gespräch mit Marta belauschst. Das wäre eine grobe Verletzung meiner Privatsphäre, und ich würde dich das Armband nie mehr benutzen lassen. Kapiert?«
    »Und glaub nicht, dass ich es nicht merke«, fügte er hinzu.
    Ja, klar. Sie ist zu schlau, um darauf reinzufallen.
    Kopfschüttelnd zog er seinen Geldbeutel aus der Tasche. Er nahm seine Telefonkarte heraus, ging zu einem der Telefone und las die Anleitung für ein Ferngespräch. Dann wählte er.
    Er kannte Martas Nummer auswendig.
    Als er das Freizeichen hörte, verzog er das Gesicht und sah auf seine Uhr. Viertel vor vier.
    Ihr

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