Der Gastprofessor
sind so wenig gewalttätig, daß Sie bei einem gewalttätigen Akt mitmachen können.‹ Verstehen Sie überhaupt, was ich sage, L. Ficker-Falk? Die meisten Kerle sagen ihr Leben lang das eine und meinen das andere. Im Gegensatz zu meiner Wenigkeit, und das ist der Grund, warum ich keine gottverdammten Umschweife mache.« Sie holt tief Luft. »Also was nun, wollen Sie, oder wollen Sie nicht? Mit mir ficken? UAwg.«
»Sie fragen mich«, wiederholt Lemuel die Frage, um sich zu überzeugen, daß er sie richtig entschlüsselt hat, »ob ich. ficken will?«
Rain ist kurz davor, die Waffen zu strecken. »Ja oder nein? Wollen Sie oder wollen Sie nicht?«
»Ficken ist. eine brutale Art. es auszudrücken.«
»Wie würden Sie’s denn sagen? Sich lieben?«
»Sich lieben, ja.«
»Sich lieben geht am Wesentlichen vorbei, L. Falk. Es unterschlägt die Gewalt. Es unterschlägt den Orgasmus.«
»Ich kann verstehen, daß Sie den Orgasmus nicht unterschlagen wollen.«
»Hören Sie gut zu, L. Falk: Ich klaue Sardinen im E-Z Mart, ich klaue Geld aus dem Klingelbeutel, ich mogle beim Strip-Poker und bei der Zwischenprüfung, und ich gebe meine Trinkgelder bei der Einkommensteuererklärung nicht an. Aber ich fälsche keine Wörter, okay? Ich nenne Dinge wie Ficken beim Namen. Und ich simuliere nie einen Orgasmus.«
Lemuel, dem die Worte fehlen, streift einen Handschuh ab, streckt die Hand aus und berührt Rains Wange mit der Rückseite seiner schwieligen Finger. »Sie sind ein junges Mädchen«, sagt er heiser. »Und auch ein schönes Mädchen. Junge Männer würden sonstwas dafür geben, mit Ihnen schlafen zu können. Sie brauchen nur zu lächeln, und schon können Sie alle Liebhaber bekommen, die Ihr Herz begehrt. Sie brauchen nur die Beine übereinanderzuschlagen, wenn Sie diesen kurzen Rock anhaben, und Sie müssen die Polizei rufen, damit sie die Ordnung wiederherstellt. Sie haben es nicht nötig, sich einen alten Mann wie mich ins Bett zu holen. Bitte sehr, sehen Sie mich doch einmal genau an, ich bin ein Stockfisch, ich bin ein Weichkäse, ich bin sechsundvierzig und demnächst hundertsechs, der Rücken tut mir weh, wenn ich bergauf gehe, die Knie tun mir weh, wenn ich bergab gehe. Ich bin auf der Flucht vor dem irdischen Chaos, aber ich trage offenbar mein eigenes Chaos bei mir, wohin ich auch gehe.« Lemuel hebt das Kinn um einen Teilstrich an. »Ich kann aufrichtig zu Ihnen sagen, daß ich kein großartiger Liebhaber bin. Ich kann sogar zu Ihnen sagen, daß ich nicht einmal ein guter Liebhaber bin. Von einem gewissen Alter an wird den Männern der Spaß am Sex durch die Sorge verdorben, daß sie versagen könnten. jeder Orgasmus ist ein Triumph. Ich bin eine schwache Batterie – man drückt auf den Anlasser, man hört ein knirschendes Geräusch, der Motor dreht sich, man hält die Luft an und hofft, er wird anspringen, betet sogar, aber nein, nichts.« Er zuckt die Achseln. »Überhaupt nichts.«
Rain kämpft mit einem Kloß im Hals, einem Schmerz in der Brust. »Hey, es gibt ja auch Starterkabel«, sagt sie, »oder man schiebt das Auto an und läßt es bergab rollen, dann läuft der Motor, auch wenn die Batterie leer ist. Und ehe man sich’s versieht, ist man auf der Interstate und überschreitet die zulässige Höchstgeschwindigkeit.« Sie lehnt sich an ihn und läßt ihre Lippen so leicht an seinen streifen, daß es ihm den Atem verschlägt. »Ich hab die Nase voll von den Aufsteigern«, flüstert sie. »Was ich brauche, ist jemand, der abwärts mobil ist.« Sie hält den Kopf schräg, klimpert mit den Wimpern und sieht ihn an mit den seetanggrünen Augen, die er bestimmt schon einmal gesehen hat. »Hey, was meinen Sie, sollen wir nicht mal Ihre Batterie prüfen, L. Falk. Yo?«
Lemuel überläßt sich einem höchst erfreulichen Gedankenspiel: Er stellt sich vor, was ihm hier geschieht, geschehe ihm tatsächlich. Er mustert sie aufmerksam, um festzustellen, ob sie an Wankelmütigkeit leidet, bevor er sich endlich räuspert.
Was dann herauskommt, ist ein zaghaftes »Yo«.
Zum zweitenmal hält ihm Rain die Hand hin, ohne zu lächeln. Zum zweitenmal nimmt Lemuel sie, ohne zu lächeln. Sie schlagen ein.
Ich hab auf den ersten Blick gesehen, daß L. Falk invalide war, sexuell, mein ich, nicht körperlich, ja? Mein Instinkt sagte mir, daß er Schwierigkeiten haben würde, ihn rauszukriegen, geschweige denn hoch. Deshalb bin ich zu dem Schluß gekommen, daß es ausnahmsweise mal nichts schaden konnte, ein paar
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