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Der Gastprofessor

Der Gastprofessor

Titel: Der Gastprofessor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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mitgehen, und dann reden alle schlecht übereinander, und sie raten, wer was über wen gesagt hat. Ich faßte die Sachen an – dein Minirock, dein hautenger gerippter Pullover, deine violetten Strumpfhosen, dein grauer Calvin-Klein-Slip. Ich glaube, meine beiden Herzen, das in meiner Brust und das auf meinem Ärmel, ließen mehrere Schläge aus, als ich dann auch noch Dwaynes gestreiftes Buttondown-Hemd, seine Designer-Jeans und seine seidenen Boxershorts sah.«
    »Uuuuuuuuuuuuuh.«
    »Ich fing an, die Sachen ordentlich über die Lehne der Couch der legen – ich lebe in einem permanenten Chaos, ich suhle mich in Ordnung, wo immer ich sie finde –, als ich Geräusche im Bad hörte. Ich tappte durch den Gang zur Tür.«
    »Die verzogen ist und sich nicht mehr richtig zumachen läßt.«
    »Durch den Spalt sah ich euch beide in der Wanne. Du hast zwischen seinen ausgestreckten Beinen gekniet, die rosa und unbehaart waren. Du hast über seine Schultern gegriffen, um ihm den Rücken zu waschen. Deine Nippel waren nur Zentimeter von seiner Omabrille entfernt. Seine linke Hand hatte sich um deinen rechten Mops geschlossen. Mit der rechten hat er deine linke Hüfte gestreichelt.«
    »Du hast wirklich einen Blick für Details. Und, ist dir einer abgegangen, wie du mich nackt mit einem andern Typ gesehen hast?«
    »Ich konnte es nicht fassen«, murmelte L. Falk so leise, daß ich mich anstrengen mußte, um ihn zu verstehen. »Es war unglaublich schön. Es kam mir vor, als ob ich dich mit mir beobachtete. aber gleichzeitig hab ich kaum noch Luft gekriegt.«
    »Ich finde es toll, daß du uns zugesehn hast«, sagte ich, und ich meinte es ehrlich. Wenn man ein Voyeur ist, wie die Franzosen das nennen, hat man’s auch gern, voyiert zu werden, falls mir diese Konjugation gestattet ist.
    »Ich ging ins Schlafzimmer zurück und streckte mich neben Shirley aus. Ich lag im Dunkeln, dachte über die Schwärze der Nacht nach, quadrierte Kreise, folgte den verschlungenen Fäden der Zufälligkeit bis zu ihren chaotischen Ursprüngen. aber vor allem lauschte ich. Ich hörte Shirley in ihren Schnarchpausen atmen, ich hörte den Wind draußen vor dem Fenster heulen, ich hörte die Äolsharfe klingen, die an einem Ast des Baums hängt, ich hörte die Kirchenglocke halb schlagen.« L. Falk räusperte sich. »Ich hörte die Dielen knarren. Ich hörte, wie im Zimmer nebenan die Couch aufgeklappt wurde. Ich hörte die leisen Stöhner, die aus deiner Kehle kommen, wenn du vögelst.«
    »Ich finde es toll, daß du zugehört hast«, flüsterte ich.
    »So, jetzt mußt du alles von E bis Z erzählen.«
    Es wird auf der Habenseite meiner Bilanz verbucht werden, sollte ich für die Heiligsprechung nominiert werden, daß ich die Gelegenheit nicht gleich beim Schopf ergriffen habe. Ich sagte L. Falk, ich war nicht unbedingt überzeugt, daß er die schmutzigen Einzelheiten verkraften würde; er könnte die Beherrschung verlieren, könnte ausflippen. Er lächelte ein rasiermesserscharfes Lächeln, das zu einem Drittel als unsicher und zu zwei Dritteln als neugierig rüberkam.
    »Ich flippe aus, wenn du mir die schmutzigen Einzelheiten nicht erzählst. Wenn du mir alles von E bis Z erzählst, beweist das, daß deine Hauptloyalität mir gilt.«
    Hauptloyalität! Dieser gottverdammte L. Falk! Es gab immer noch Teile von ihm, zu denen ich noch nicht vorgedrungen war.
    Also dachte ich mir, was soll’s, wenn du willst, daß einer sich wie ein normaler Erwachsener benimmt, mußt du ihn auch wie einen normalen Erwachsenen behandeln. »Ich wollte wieder auf die Couch im Wohnzimmer gehen«, begann ich und beobachtete genau seine Reaktion – so weit, so gut –, »aber Dwayne meinte, du würdest womöglich hereingeplatzt kommen. Er war sich nicht sicher, wie du es aufnehmen würdest, wenn du uns beide ertappst. Auf frischer Tat. Also sind wir in dein Arbeitszimmer gegangen, haben den Nordic Skier beiseite geschoben und die Couch aufgeklappt – hey, irgendwann müssen wir uns aufraffen und die Scharniere von dem Ding ölen. Dann haben wir uns eine Zeitlang umarmt, sozusagen; ich hab dabei durchs Fenster auf das Licht im Turm der Kirche von den Siebenten-Tags-Adventisten an der North Main geschaut, und er hat seine Erektion publik gemacht, indem er sie mir in den Po drückte. Dann hat Dwayne gesagt: ›Hey, wie wir’s, wir könnten’s doch im Hollywoodstil machen, hm, Babe?‹ In Dwayne steckt wirklich so eine Art Rudolph Valentino. Er hat mich hochgenommen und

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