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Der Gastprofessor

Der Gastprofessor

Titel: Der Gastprofessor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Hitachi-Zauberstab habe, ist Safer Sex. Das und das blutende Herz, das er auf seinem gottverdammten Ärmel getragen hat. Und seine seltsame Art, Sätze mit »Ich kann zu dir sagen« anzufangen und dann über die reine, unverfälschende Soundso zu labern, die es, wenn ich ihn richtig verstanden habe, überhaupt nicht gibt außer in seiner Einbildung. Mein Gott, so wie der da ewig und drei Tage drüber reden konnte, hätte man meinen können, Zufälligkeit war eine gottverdammte Religion oder so was.
    Lies es und weine, das Evangelium nach Sankt Ficker-Lemuel.
    Was die Trommeln in meinem Ohr angeht, so kann ich zu Ihnen sagen, daß ich hundertzehnprozentig sicher bin, daß es der reine Zufall war, daß sie genau an dem Tag … in der Stunde. in der Minute wieder anfingen, als L. Falk mit der gottverdammten, an seinen Schenkel schlagenden Dutyfree-Tüte zur Tür hinausging.
    Ratata, ratata, ratata.
    Nicht mehr lange, und ich werd durchsichtige Blusen tragen … und keiner wird hinsehn. Ich.
    Erledigt. Scheiß L. Ficker-Falk.
    Lemuel geht in den Stunden nach Mitternacht ruhelos in der Wohnung über dem Rebbe auf und ab, bleibt gelegentlich stehen, um eine der Serienmordakten des Sheriffs wegzulegen und eine andere zur Hand zu nehmen, als er vom Hügel her das Gekreisch von einer neuerlichen Delta-Delta-Phi-Party hört. Ihn überkommt der schier unwiderstehliche Drang, alles stehen und liegen zu lassen – die Aufklärung der Serienmorde kann auch noch bis morgen warten –, auf den Berg Sinai zu steigen, mit Rain einen Slowfox zu tanzen, ihre Brüste an seiner Brust zu spüren, ihre Schenkel an seinen Beinen zu spüren, ihren Lippenstift zu riechen.
    Während er sich so die Delta-Delta-Phi-Party vorstellt, fühlt er sich in einen Wachtraum gezogen, der zu zwei Dritteln erheiternd und zu einem Drittel irritierend ist. Zoom auf Lemuel, der mit dem Rücken an der Wand in einem düsteren Kellerraum sitzt. Schwenk durch Schwaden von Marihuana-Rauch und Zoom auf die winzigen Bilder eines Fernsehschirms. Drei silbrige Figuren scheinen sich gegenseitig aufzuspießen. Auf Lemuel, der nach links schaut. Auf das, was er sieht. In einer Ecke zieht Rain ihren Minirock hoch und stülpt sich geübt über den riesigen – na los, sag’s schon, ja? – Penis des jungen Mannes, der auf dem Kissen neben ihr liegt.
    Lemuel erkennt den blonden Bart, den Ohrring, die Omabrille. Besagter Penis ist an Dwayne befestigt.
    »Shirley betet dich an«, hört er Dwayne sagen. »Hab ich recht, Babe?«
    Shirley, hüllenlos, wie man in der Filmbranche sagt, drückt ihre winzigen Titten in Rains Rücken, greift mit beiden Armen nach vorne, knöpft Rains Hemd auf und fängt an, den Nachtfalter unter der rechten Brust zu liebkosen. Shirley kichert gehemmt. »Du wirst es toll finden, mein Engel«, flüstert sie Rain heiser ins Ohr. »Das ist ein Trip, den du unbedingt machen mußt.«
    »Rain, Babe, laß doch das Band zurücklaufen und spiel’s noch mal ab, in Zeitlupe«, drängt Dwayne.
    Die Traumbilder vor Lemuels innerem Auge rutschen auf einmal rückwärts. Mit einem Ruck lösen sich die aufgespießten Figuren voneinander, der Minirock fällt wie ein Vorhang. Für einen Moment bleibt das Bild stehen, dann beginnt das verführerische Ballett von vorn, diesmal jedoch viel langsamer.
    Hinter den Bildern eine Stimme aus dem Off. »Wie oft muß einer eigentlich was wiederholen, damit es endlich in deinen dicken Schädel reingeht?« Lemuel könnte schwören, daß er Rain zwischen den leisten Stöhnern aus ihrer Kehle murmeln hört. »Ich bin’s, das gottverdammte Chaos, stell dir vor. Das könnte so nahe an der reinen, unverfälschenden Soundso sein, wie’s überhaupt nur geht.«
    Naheinstellung von Rain, im Gegenlicht, das durch ihr dunkelblondes Haar schimmert, während sie sich wohlig rekelt und sich wieder in Shirleys magere nackte Arme sinken läßt.
    »Yo«, haucht Rain. »Ich will auf der Stelle tot umfallen, wenn das nicht die Wahrheit ist.«
    Visionen der Unordnung drücken wie Migräne von hinten auf Lemuels Augäpfel. »Scheiß Rain, strichweise oder nicht«, stöhnt er. »Ich kann nicht mit ihr leben, ich kann nicht ohne sie leben.«
     
    Der Rebbe steht auf einer Holzkiste, die Ärmel bis an die knochigen Ellbogen hochgekrempelt, die Hosenträger an den ausgebeulten Hosen baumelnd, und wäscht Geschirr ab, als Lemuel zum Abendessen eintrudelt. »Hekinah degul« , ruft der Rebbe seinem Gast zu. Er bemerkt, daß Lemuel schnuppert. »Was Sie da

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