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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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und stemmte die Fäuste in die Hüften. Auch Stephan gab den Entrüsteten: Schimpfend schlug er seinen Jean Potage mit der flachen Seite des Degens auf Rücken und Hintern.
    »Strrafe muss sein«, erklärte Stephan, zog die mannshohe Wurfscheibe hinter dem Vorhang hervor und band den jammernden Jean Potage daran fest. Die Zwergin tauchte den rechten Fuß in einen Korb, und als sie ihn wieder herauszog, hielt sie ein Messer zwischen den Zehen. Das Publikum hielt den Atem an, einige Schreie wurden laut. Die Zwergin hob das Bein bis über den Kopf, holte aus und schleuderte die Klinge. Die fuhr knapp überder Hutfeder des armen Lustigmachers in die Wurfscheibe. David sparte nicht mit Geschrei.
    Einzelne Leute im Publikum protestierten. Stephan ließ sich in eine Debatte über die Härte der Strafe verwickeln, und als die Kölner im Hinterhof immer lauter die Begnadigung ihres Lieblings forderten, trat er dicht an den Bühnenrand, verschränkte die Arme vor der Brust und verkündete: »Dann halten wirr’s eben, wie es der Herrgott mit unserem lieben Heiland gehalten hat – einerr trritt an die Stelle von Jean Potage, dann lassen wir ihn laufen.« Er wies auf den an die Scheibe Gebundenen. »Werr von euch Kölnern ist berreit, mit ihm zu tauschen?«
    David sah nun lauter erschrockene Gesichter, und viele verlegene. Verständlicherweise hatte keiner Lust, sich vom Directeur de la Compagnie an die Wurfscheibe fesseln und von einer Zwergin mit Messern bewerfen zu lassen, zumal von einer, die nur ihre Beine und Füße gebrauchen konnte.
    Wie immer gab es ein Hin und Her, und wie immer meldete sich am Ende doch einer freiwillig: der große Kerl mit der fassartigen Brust und den traurigen Augen. Unter dem Beifall der Leute erklomm Rübelrap schweigend die Bühne, ließ sich fesseln und dann, während David die Flöte blies, flogen die Klingen.
    Große Freude und lüsterne Schreckensrufe kamen auf dem Hinterhof des Gasthauses Zur Welschenklause auf, und als dann noch wie aus dem Nichts ein angstvolles Ave-Maria in der Mundart der Eidgenossen ertönte – Rübelrap war neben manch anderem auch ein Meister der Bauchrednerkunst –, sah David etliche die Hände falten und die Lippen bewegen.
    Rübelrap blieb unverletzt und heimste gemeinsam mit der Zwergin, seiner Liebesgefährtin, tosenden Applaus ein. Danach holte David seine Violine und spielte ein Hochzeitslied, das ihm ein Mädchen im Königreich Ungarn beigebracht hatte. Bela, die Landgräfin und Stephan tanzten dazu, die Hunde und der Affe versuchten es wenigstens. Anschließend gab es Verbeugung undJubel, und dann war der spaßige Teil des Nachmittags vorbei. Stephan stellte einen Stuhl auf die Bühne und David brachte einen kleinen Tisch, auf dem er Zangen und Haken ausbreitete.
    »Und nun herrbei, wer forrtan ein neues Leben führen mag!«, rief Stephan in die sich nur zögernd zerstreuende Menge. »Wer errlöst von faulem oder eiterrndem Zahn davonschweben will, wage sich auf die Bühne und unter die zärrtlichen Finger des besten Dentisten zwischen Donau und Rhein.«
    Er nannte den Preis, die Leute stiegen nacheinander auf die Bühne, die Landgräfin kassierte und Stephan ging ans Werk. Da gab David dem Tanzbär bereits seine Belohnung und fütterte auch Cura, die Vögel und die Hunde hinter den Wagen. Auf dem Zeugwagen, zwischen Kisten und Bündeln, kniete Rübelrap, leerte seine Taschen und legte Münzen, Uhren, Messer und dergleichen in einen kleinen Ledersack.
    Einer aus dem Publikum stand plötzlich hinter David. Er erkannte ihn am Schatten neben sich und im Umdrehen an den Seidenstrümpfen: der Edelspitzbart. Kein Zuschauer hatte hier, hinter der Bühne, etwas verloren, und David legte sich ein paar höfliche Worte zurecht, um es dem Eindringling klarzumachen. Doch kaum sah er in die eisgrauen Augen des Fremden, hatte er sie alle vergessen.
    »Wie heißt du, Jean Potage?«, fragte der Fremde, und am Zungenschlag erkannte David sofort den Engländer.
    »David Unterkofler.« Der Mann war eine Handbreite kleiner als er selbst, und dennoch kam er sich plötzlich winzig vor.
    »Warum verschwendest du hier dein Talent?« Der Fremde erwartete keine Antwort, sein Tonfall war eindeutig. Und täuschte David sich, oder nahm er ein tadelndes, kaum merkliches Kopfschütteln wahr?
    Der Tanzbär und die Hunde beschnüffelten die Beine des Fremden, doch der zeigte nicht die Spur von Angst. Er deutete auf Rübelrap, von dem nur Stiefel und Waden auf dem Wagen zusehen waren, weil

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