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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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sich behutsam durch die applaudierende Menge, richtete den müden Blick seiner traurigen Augen bereits auf den Nächsten, der nach Geld aussah.
    David ließ den Vorhang los. Sein Herz klopfte ein wenig schneller als normal, nichts Besonderes – das tat es jedes Mal, bevor er auf die Bühne hinausging. Er griff in die Tasche seines kurzen Bauernmantels, seine Finger tasteten nach dem Haarzopf darin und schlossen sich um ihn. Die Augen schließen, tief durchatmen, das Mutterhaar spüren. Gut so, sehr gut. Eine feuchte Schnauze berührte ihn im Nacken. Er drehte sich um.
    Der Bär legte die Pranken auf seine Schultern, und ein paar Atemzüge lang bohrte David seine Stirn gegen die breite, pelzige Brust und hielt einfach nur still. Der Lärm auf der anderen Seite des Vorhangs rückte in weite Ferne: Stimmengewirr, Applaus, Stiefelscharren, das Kläffen der beiden Hunde, das Zetern des Affen, Stephans Geschrei und Gezwitscher.
    Alles war so weit weg auf einmal, nah waren allein der Zopf in seiner Tasche und das riesige Wesen dicht vor ihm – dessen wummernder Herzschlag, Körperwärme und herber Duft. Bela, der Bär. Gut so.
    David ließ das Mutterhaar los, schlang die Arme um den pelzigen Hals. Sehr gut. Das Tier brummte, rieb seine Kehle über den Menschenscheitel und die Tatzen an den Menschenschultern.
    Wie oft in solchen Momenten stieg es David in der Brust hoch: eine Wehmut wie vor einem Abschied, eine Sehnsucht wie nach einer Geliebten. Es drohte aber kein Abschied, und nirgendwo wartete eine Geliebte. Leider.
    Dafür tauchte Mariannes verbiestertes Gesicht an der Wagenkante auf. »Sein Hut«, flüsterte sie und warf ihm das bunte, kugelartig ausgestülpte Stück vor die Schuhe. Der Dachshund hatte ein Loch hineingebissen, die Landgräfin hatte bis eben daran herumgeflickt. Der Hut des Lustigmachers – ohne den konnte David nicht auf die Bühne.
    »Halt’ Er sich bereit!«, zischte die Landgräfin. »Und wehe, Er missachtet wieder die Auflagen des Rates!« Die blonde Domina fuchtelte drohend mit dem Fächer, walzte ihren fetten, in grellbuntes Kleid gezwängten Körper auf die andere Wagenseite.
    »Aber gewiss doch, Königliche Hoheit!«, zischte David ihr hinterher, und als ihr schwarzer Rüschensaum und das Federgebüsch ihres Hutes schon außer Sicht waren, fügte er hinzu: »Und wann werdet Ihr mich endlich im Arsch lecken, Königliche Hoheit?«
    Er entließ den Tanzbären aus seiner Umarmung, klopfte sich Staub und Fellhaar vom Kostüm und bückte sich nach dem Hut.Nichts Unzüchtiges, hatte der Rat verlangt, nichts, was Ärger erregen könnte. Die Trommeln nur am Schluss und nicht zu laut, und die Bären und den Affen immer brav an der Kette. Den Rest hatte David vergessen.
    Er richtete sich auf, schlug mit der Handkante auf den bauchigen Hut, zerrte an ihm und stauchte ihn, bis er ungefähr die Form eines kleinen Ambosses hatte. Danach befestigte er die Federn und stülpte das gute Stück über seine schwarzen Locken. Das Ambosshorn ragte David weit über die Stirn.
    Unter ihm, auf dem Pflaster vor dem Zeugwagen, hob Cura den Schädel und blinzelte zu ihm und ihrem Sohn herauf. Die Fürstin hatte sie an die Speichen des Wagenrads gekettet. Unsinnig, denn die Bärin war wie ihr Sohn handzahm und zudem halb blind. Doch man erfüllte die Auflagen des Rats, oder man blieb vor den Toren der Stadt. So war das eben.
    Cura war uralt; an die vierzig Jahre, behauptete Stephan. Nicht das kleinste Tänzchen auf der Bühne wollte ihr noch gelingen. Ginge es nach der Landgräfin zur Wagenburg, wäre sie längst zu Speck verarbeitet und ihr Fell verkauft worden. Doch David hatte Marianne das Leben der Bärin durch eine Wette abgewonnen.
    »Und nun Attention!«, hörte er Stephan auf der anderen Seite des Vorhangs rufen. »Attention und Obacht, Durrchlauchtete und Verrfinsterrte, Hochwohlgeborene und tiefunwohl zurr Welt Geschissene – jetzt kommt Jean Potage!« Die Kölner Leute lachten, klatschten und riefen »Hoch!«, »Endlich!« und »Bravo!«. Alle liebten Jean Potage, den Lustigmacher, überall.
    »Unser Auftritt«, flüsterte David. Er steckte die Hälfte der Bärenkette in seine Jackentasche und wickelte sich einen Teil ums Handgelenk.
    »Jean!«, rief Stephan. »Herr mit Ihm!« Der Lärm im Hinterhof ebbte ab. »Jean! Wo steckt Err?« Auf der Bühne übertrieb der Directeur gern das Rollen seines Rs.
    Bela öffnete die pelzigen Arme, David rückte den Gurt mit seinem Holzschwert zurecht, sprang an die

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