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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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Vater?«, wollte Maximilian wissen. Der Junge nickte. »So, so …« Der Rittmeister musterte ihn, schweigend und so lange, bis der andere seinem Blick auswich. Die Reiter wurden allmählich unruhig, der Feldwebel feixte und tat amüsiert, die Kuh hob den Schwanz und pisste, der Cornet räusperte sich, und der Junge wusste nicht, wohin mit sich.
    »Schlägt Ihn sein Vater?«, fragte Maximilian.
    »Bitte, Herr?« Der Junge hob jäh den Blick, lief rot an; der Pfarrer riss Mund und Augen auf.
    »Ob der Herr Prediger Ihn prügelt, will ich wissen.«
    »Aber ja doch, Herr. Wenn man’s nicht anders verdient, straft er auch mit Schlägen.«
    »Wenn man’s nicht anders verdient also, aha.« Maximilian von Herzenburg fasste den Vater ins Auge. Der wirkte recht fassungslos. Der Rittmeister trieb seinen Schimmel näher zu ihm, zog seinen Degen, setzte ihn dem Mann an die Brust.
    »Ich bitte Euch, mein Herr …« Bleich wurde der Pfarrer, ganz steif, und die Finger spreizte er.
    »Er schlägt nie wieder seine Kinder,« sagte der Rittmeister leise.
    »Erbarmt Euch doch, Herr!« Der Pfarrerssohn machte Anstalten, sich zwischen von Herzenburgs Degen und seinen Vater zu drängen, wagte es aber nicht wirklich. »Ganz selten nur schlägt er, wirklich ganz selten, ich schwör’s bei der Heiligen …!«
    »Er soll mich nicht anlügen!«, schrie Maximilian, und alle zuckten zusammen, auch der Feldwebel und die beiden Gefreiten neben ihm. Es kam nicht oft vor, dass ihr Rittmeister laut wurde, eigentlich nie. Der wandte sich wieder an den reformierten Pfarrer: »Nie wieder schlägt er seine Kinder – verspricht er das?«
    »Ja, Herr, ja …« Der Prediger nickte hastig, rang die Hände. »Ich verspreche es.«
    »Gut so.« Der Rittmeister steckte den Degen weg und lenkte das Pferd zu seinem Feldwebel. »Er gebe dem Knaben dort die Kuh zurück, Laußnitz.«
    »Aber Herr Rittmeister …!« Wie hilfesuchend äugte er zu den anderen Reitern, und das gefiel Maximilian gar nicht.
    »Hat Er meinen Befehl gehört, Feldwebel?« Laußnitz nickte, schnitt eine beleidigte Miene und zerrte die Kuh zurück zu dem weinenden Knaben. »Und dann schneide er sich eine Rute aus dem Gestrüpp dort, nicht zu dick.« Mit einer Kopfbewegung deutete Maximilian auf einen Haselnussbusch, dessen Äste über einer niedrigen Gartenmauer hingen. »Damit gebe Er dem Herrn Prediger zehn Schläge auf den nackten Arsch, und zwar so, dass er noch lange an sein Versprechen denkt. Und ihr haltet ihn fest«, befahl er den beiden Gemeinen neben dem Feldwebel, und noch einmal an den Jungen gewandt: »Und Er zählt.«
    Sichtbar widerwillig stelzte Laußnitz zum Haselnussbusch und zog sein Messer. Maximilian von Herzenburg wartete noch, bis die beiden Gemeinen den Pfarrer zu Boden gestoßen und entblößt hatten. Nach dem ersten Hieb lenkte er seinen Schimmel zurück auf die Straße und setzte sich wieder an die Spitze seiner Reiter. Hinter ihm peitschten die Schläge, stöhnte der Prediger und zählte dessen Sohn mit tränenerstickter Stimme.
    Als es vorbei war, ritten sie endgültig aus dem Dorf und amNeckar entlang der Heidelberger Brücke entgegen. Ein wenig hatte von Herzenburgs Unruhe sich gelegt. »Schönes Wetter, um nach Heidelberg zurückzukehren, was meinst du, Mathis?«
    Von Torgau antwortete nicht. Wie man einen Kranken beobachtet, so belauerte er seinen Rittmeister. Von Herzenburg sah es aus den Augenwinkeln. Es ließ ihn gleichgültig.
    Eine Zeit gelang es von Torgau noch, an sich zu halten, kurz bevor sie die Brücke erreichten jedoch, lenkte er sein Pferd nahe an das seines Rittmeisters heran. »Musste das wirklich sein, Max?« Von Herzenburg schwieg. »Hätt’st du ihn erschlagen, hätte es ihn weniger geschmerzt als diese Kränkung unter den Augen seiner Kinder.« Kein Wort kam über die Lippen des Rittmeisters. »Vor allem aber: Die Männer hätten lieber die Kuh gehabt als dieses Theater.«
    Maximilian packte den Fahnenschaft und riss von Torgau daran noch näher zu sich. »Wer ist der Rittmeister der Kompanie, Cornet?«, zischte er. Diesmal schwieg Mathis. »Gut, dann hört meinen nächsten Befehl, Freiherr von Torgau: Maul halten!«
    *
    Heidelberg kam ihm düster und grau vor, die Menschen huschten an den Fassaden vorüber und waren kaum von ihren Schatten zu unterscheiden. Diejenigen, die sich ohne Hast bewegten und durch elegante oder wenigstens ansehnliche Kleidung auffielen, gehörten entweder zur Besatzungsgarnison oder zu den Verwaltungsbeamten,

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