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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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die den Widerstand aufrecht erhalten«, antwortete Maximilian. »Die Engländer selbst hätten längst aufgegeben. Doch der Pfälzer ist ein trotziger und eigensinniger Mann.«
    »Und wie lange wird er noch auf seiner Mauer herumprahlen, der trotzige Mann? Hörte, er räubert bereits in der Nachbarschaft und auf dem Rhein herum, um seinen hungrigen Schlund zu stopfen.«
    Das stimmte: Zuletzt hatten die Frankenthaler ein Mannheimer Schiff voller Wein und Lebensmittel aufgebracht und einem Wormser Kaufmann fünfzig Fässer Hering geraubt. »Dieses Treiben soll bald ein Ende haben«, erklärte Maximilian. »Zur Stunde verhandeln von Bernstadt und die Spanier über die Höhe des Akkords. Zahlen die Engländer, können sie abziehen und den Bürgern wird kein Haar gekrümmt.«
    »›Verhandlungen‹, pah!« Der Graf winkte ab. »Weiberkram! Und das trotzige und eigensinnige Pack soll ungeschoren davonkommen?« Er hob den Becher. »Möge der Himmel das verhüten!Möge Frankenthal im Sturm genommen werden, so wie Heidelberg, und möge unsere Fahne unter den ersten sein, die jenseits seiner Mauern flattern!« Der Herr Graf wollte trinken, merkte aber, dass der Becher leer war. »Sapperlot Potztausend …« Er drehte sich um, schenkte sich nach. »Die Heidelberger Bibliothek haben sie übrigens gerade aus der Stadt geschleppt, als ich hier ankam. Himmel, welch eine Wagenflotte! Nach Rom soll sie gehen, weltberühmt soll sie sein. Nun, mir fehlt sie nicht. Setze Er sich doch, Rittmeister, und nehme Er sich doch einfach den vollen Becher hier vom Tisch. Das Mädchen hat den Wein nicht anrühren wollen.« Er feixte. »Nicht anrühren können, will ich meinen …«
    Maximilian drehte sich um und sah sie vor sich, die verlegen lächelnde Frau. Nicht anrühren können … Er ging zur offenen Tür ins Schlafgemach, wo neben einem Sekretär ein Stuhl voller Kleider stand. Der Kopf schwirrte ihm, und jene junge Frau, die vorhin von Parfüm umwölkt aus der Tür geschlüpft war, nahm in seiner Erinnerung die Züge Hildegards an. Unerwartet stand die Zwillingsschwester vor ihm – fahl, mit brennendem Blick und Lippen wie ein dunkler Strich. Sie blickte ihn stumm an, und er wusste genau, was sie verschwieg.
    Auf dem Sekretär lagen ein Reiterdegen und ein Karabiner. Auf sie häufte er die Kleider, die auf dem Stuhl lagen. Unter dem letzten Hemd kamen ein Patronenbandelier und zwei Reiterpistolen zum Vorschein. Maximilian stand starr, betrachtete sie. Bring ihn um, den Teufel – das war es, wovon das Bild der Schwester schwieg.
    Mit einer fahrigen Bewegung legte er Bandelier und Waffen auf den Kleiderhaufen – zitterten nicht seine Hände? –, trug den Stuhl zum Sessel seines Vaters, stellte ihn ab und setzte sich.
    Der Herr Graf ergab sich mittlerweile schon weiteren Schwärmereien über den Kriegszug, den er an Tillys Seite zu tun gedachte, erklärte, wie sehr ihn nach dem Rheinwein und den schönen Pfälzer Frauen gelüstete, malte sich und Maximilian aus, wie sie unter der Herzenburgstandarte nach Norden dem frechen Halberstädterund später dem dänischen König entgegen und jedenfalls von Sieg zu Sieg ziehen würden. »Mit sechs Kompanien, das hat der General mir schriftlich gegeben!« Sein pockennarbiges Gesicht verzog sich zu einem zufriedenen Feixen. »Ich als Obristenleutnant und Er als mein Rittmeister! Zur Hölle mit dem Tollen Halberstädter!« Er hob den Becher, und wie von fremder Hand bewegt, hob sich auch der Becher des Rittmeisters. »Zur Hölle mit dem Dänenkönig!« Sie stießen an und tranken. Alles in Maximilian bäumte sich auf, alles schrie nein! , doch seine Kehle war wie zugeschnürt.
    Sein Vater merkte nichts davon, schwadronierte von Ruhm und Ehre und von vielen tausend Dukaten, die sie als Sold oder Beute oder beides nach Hause in die Herzenburg bringen würden. »Und danach gibt’s ein Fest, Rittmeisterlein! Danach wird geheiratet! Und der Name von Herzenburg wird wieder etwas gelten im Kurfürstentum Sachsen, wird wieder in aller Munde …«
    »Wie geht es den Gräbern?«, platzte es aus Maximilian heraus.
    Der Graf verstummte, beäugte seinen Sohn so voller Erstaunen, als würde er ihn jetzt erst erkennen. Sofort verdüsterte seine Miene sich. »Was faselt Er denn da? Gräber?« Er ließ sich schwer gegen die Lehne seines Fauteuils fallen; der Wein schwappte über seinen Becherrand, befleckte das blau-weiße Polster.
    »Vom Grab der Frau Gräfin spreche ich und vom Grab Eurer Tochter – wie geht es

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